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Freiberger Itr. SS. uizelger T««eblalt. Donnerstag den 10. März woü: ' ' ' ,. >' -I ' I> Das Armenwefe» betreffend. Die in neuerer Zeit mehr und mehr sich steigernden Kla gen über die in so bedenklicher Weise noch immer zunehmende Verarmung, Verwahrlosung und Entsittlichung der untern Volksklassen haben, wie allgemein bekannt, zu verschiedenen Vorschlägen, diesem Uebel abzuhelsen, Veranlassung gegeben und die Heilung dieses Krebsschadens hat die denkenden Geister aller Nationen beschäftigt. Es kann hier nicht darauf ankommen, die einzelnen Ursachen der Armuth (z. B. absolute und relative Ausgaben in den einzelnen Familien) näher zu beleuchten, so wenig es auch dem Zwecke dieses Blattes angemessen sein dürfte, die obersten leitenden Grundsätze einer jeden Armenpflege in demselben näher auseinander zu setzen; vielmehr genügen zum besseren Verständniß des weiter unten Mitzutheilenden im Allgemeinen nur folgende wenige Bemerkungen. So lange das Band der Familie, Corporation und Ge meinde stark ist, so bleibt es dieser selbst überlassen, ihre ver armten Mitglieder zu unterhalten. Sobald aber diese Institute ihre ursprüngliche Kraft und Geltung verloren haben, so reicht die Privatwohlihätigkeit für die gesteigerten Bedürfnisse nicht mehr aus, der Staat übernimmt vielmehr die Armenpflege und läßt nun an die Stelle der Privatwohlihätigkeit eine geregelte, unter seiner obersten Aufsicht und Leitung stehende, cvncentrirte Wohlthätigkeit treten. Im Königreich Sachsen ist die öffentliche Armenpflege be kanntlich nach der Armenvrdnung vom 22. October 1840 Ge genstand der Gemeindeverwaltung, über welche den Regierungs behörden die Oberaufsicht zusteht. Der Staat tritt nur, wenn es nöthig ist, vermittelnd ein. Die Armenvrdnung, welche die älteren über das Armen- und Bettelwesen bestandenen Grund sätze einer Revision unterwarf, die früheren diesfallfigen Einrichtun gen aufhob und größtentheils neue Grundsätze in dieser Beziehung zur Geltung brachte, beabsichtigt« — nach ihren eigenen Worten — hierbei einzig und allein eine zweckmäßigere «nd durchgrei fendere Verwaltung der Armenpflege und Armenpvlizek da, wo der Zustand des Armenwesens, wen« nicht das öffentliche Wohl durch daS Ueberhandnehmen der Armnth und durch die im Gefolge derselben sich steigernde Entsittlichung gefährdet werden solle, das thätige Einschreiten der Behörden und di« Willfährig keit der bemittelten Einwohner durch Herbeifchaffung der unent behrlich nöthigen Geldmittel und eigene Mitwirkung für die Zwecke der Armenpflege und Armenpolizei unverkennbar erheischt. Ju Uebereinstimmung mü allgemeinen, von der BolkS- wirthschaftslehre als richtig anerkannt« Grundsätze theilen sich di« durch die Armenordnung, welch« sich in einer mmmehr zwölfjährigen Praxis als ein heilsames Gesetze LewLhrt-und ber wiesen hat, eingeführten Armenanstalten in vorbeugende Armrn- anstalten und solche Einrichtungen, wasche Heilmittel gegen schon vorhandene ArmUth bezweckest. Unter die letzt«e Kategorie von Armenan-altery welche je doch neben dem hauptsächlich«! Zweck«, schon vorh anden« muth zu heilen, gleichzeitig auch von selbst Verhütung tintre- t«nder Verarmung und der damit Hand in Hand gehenden Entsittlichung und Verwahrlosung beabsichtigen und dies« M Lelstände« vorzubeugen geeignet sind, gehöre» nun die neuer dings in vielen Ländern und theilweise auch in unserem PatH lande errichtete» Fiudelhäuser, Waisenhäuser, Kl eiuk^n- derschulen, Kleinkinherbewahvanflalten, imd Müß sondere auch Eorreetions- und ErziehungS»nstalbdn für verwahrloste Kinder. In Sachsen existiren dermalen bekanntlich zwei Institut« der letzteren Art, indem sich der ün Jahre 1832 errichtet« An- stakt zu Braunsdorf neuerdings auch dir zu Großhennersdorf angereiht hat, nachdem nämlich das im Jahr 1838 errichWt ursprünglich« Waisenhaus im letztgenannten Orte durch die Verordnung vom 30. Juni 1832 in. seinem Zwecke eine Bev, änderung erlitten und von jetzt ab die ausschließliche Bestim mung einer Erziehungs- und Besserungsanstalt für sittlich ver wahrloste Knaben hat. Als oberster Grundsatz Lei Errichtung und Verwaltung dieser Anstalten erscheint daS.Princip: .„Sorge eben so sehr für die Seele, wie für den Leib des Armen. Dens das Almosen ist nur der kleinste Theil dtp Wohlthätigkeit". Die in den genannten Anstalt« gleichzeitig sich auWrx- chend« Idee, namentlich der verwahrlosten und verlassene» Ju gend der Armen sich anzunehmen, ist außerdem auch noch fest längerer Zeit theils von einzelnen Privaten, theilS von gM« Vereinen befolgt worden. Allein eS sind derartige AMaltttl zur Zeit nur spärliche Oasen in elner ungeheuren Wüste, AiüM hinreichend zur Stärkung und Erquickung, der nächsten Uni- gebung, geschweige für die Schaaren von KAdern, die in dtr Ferne gleiche Stärkung bedürfen. Um so mehr muß es die Aufmerksamkeit jedes Mensch«»' freundes auf sich lenken, wenn neuerdings wiederum von acht barer und kompetenter Seite Vorschläge in dieser Beziehung ge» macht worden sind, welch« Hemmung der immer, mehr unk- mehr überhand nehmenden Verwahrlosung und Entsittlichung der Jugend der Armen bezwecken und dadurch gleichzeitig der sich täglich steigernden Armuth selbst vvrzub«gm keaksich6g«N- - Wir meimndie, jüngst in Commission der Verlagsbuchhandlung deS Volksfchrlst«nvereins zu Zwickau erschienene Schrift des äuch