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General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend : 22.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384843-189805222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384843-18980522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384843-18980522
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
General-Anzeiger für Chemnitz und Umgegend
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-22
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Monat
1898-05
-
Jahr
1898
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Nr. 116. — k-- Liese verbreitetste «»parteiische Leitung erscheint Wochentag« Abends (mitDatnin des nächsten Lagcs) »nd lostet mit den sechs Wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, L. Meine Botschaft, L. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, 5. Jllttstrlrtes Unter. haltnngsvlatt, 6. Lustiges Bilderbuch monatlich 50 Psennige. 1898. Pos,liste: Nr- 2808, Telegramm -Adresse: Gelleralatlzeiger. Fcrtisprcchstelle Vir. L!iO. General- Sonntag, den 22. Mal. A II z c i g c n p r c i S: ügespalte« Corpnszeile (ca.9 Silben fassend) oder deren Nanin löPsg. (Preis verzeichnisse n Zeile 20 Pfg.) . Bevorzugte Stelle (4 gespaltene Petit-Zeile circa 11 Silben lassend) 30 Pfg. — Anzeige» löiine» mir bis Vormittag w Uhl angcnomiiien we>-dc», da Druck und Bcrbrcitmig der großen Auslage längere Zeit erfordern. für Chemnitz und Umgegend. (Sächsisch«» SandeS-Anzeigerl. Gegründet 1«7» als „Anzeiger" ie. Berlag «nd Notatt«z»OW«schine».Druck von Alexander Wied« 1» Chemnitz, Theaterstraste Nr. 8. Geschäftliche Anzeiger-Inserate finden für billigsten Preis zugleich Berbreitnug durch die täglich erscheinende Lhemniher Ciseillmlilt-Zeitimg. Schlusz des sächsischen Landtages. Der am 9. November v. I. einbernfene, am 1). November durch den König feierlich cröffnete 27. ordentliche Landtag des Königreichs Sachsen hat am 18. d. M. feine letzte Sitzung gehalten und ist gestern feierlich geschlossen worden. Hierbei hielt der Staats minister De. Schurig folgende Ansprache: „Der gegenwärtige Landtag, der seinem Schlüsse naht, zeichnet sich vor früheren Landtagen nicht »nr durch seine längere Dauer und durch die Wichtigkeit der von ihm zu erledigen gewesenen Regierungsvorlagen, sondern ganz besonders auch durch den Umstand ans, daß in die Zeit seiner Tagung das Fest fiel, an dessen Feier das gesammte sächsische Volk, Alle» voran die hier versammelten Repräsentanten des sächsischen Volkes herzlich thcilnahmcn, das Fest, unter dessen frischem Eindrücke wir noch heute stehen, das Fest zur Feier deS siebzigjährigen Geburtstages und der 25jährige» Negierung unseres hochgelicbtcn König«. Ich entspreche dem ausdrücklichen Wunsche Sr. Majestät, wenn ich an dieser Stelle und bei der gegenwärtige» Gelegenheit zum Ansdruck bringe, wie sehr Sr. Majestät dem Könige die bei jenem Feste aus allen Schichten des Irenen Sachscnvolks in den verschiedensten Formen ihm dargebrachten Huldigungen wohlgethan und wie tief sie sein Herz gerührt haben. Se. Maj. haben besohlen, daß auch bei dieser Gelegenheit Allcrhöchstseincm herzlichen Danke für alle diese Huldigungen Ausdruck gegeben werde, daß ich insbe sondere auch den Mitglieder» der beiden hohen Kammern für die in Wort und That Allcrhöchstihm dargebrachten Beweise treuer Anhänglichkeit noch Mals den aufrichtigsten Dank abstatte. Die innige und lebhafte Thcilnahme aller Schichten des Volkes an jener Festfeicc hat auch uns herzlich gefreut, sie hat aber nicht überrascht. Bei der allbekannten treuen Anhänglichkeit und Liebe, mit der daS sächsische Volk seinem Königshaus,: zngethan ist, war eS gar nicht anders zu erwarten, als daß ein für das Königshaus, sowie für das ganze Land hoch bedeutsames Fest auch von deni gesammten Volke mit Jubel und Begeisterung werde mit- geseicrt werden. Dieses innige und feste Band zwischen dem sächsischen Volke, sowie die nicht minder bekannte treue Anhänglichkeit Sachsens an Kaiser und Reich erfüllt »ns aber auch mit Math für die Zukunft und berechtigt uns zu der Hoffnung, daß auch fernerhin in dem fest gegliederten und nach Innen nnd Außen wohlgewappneten deutschen Reiche unser liebes Sachsenland blühen und gedeihen werde. Mit dieser Hoffnung nehmen wir heute Abschied von einander. Sic stehen im Begriffe, zu dem Herde, dem Sie so lange entzogen gewesen sind, zurnckznkehrc». Sic dürfen dies mit dem stolzen Bewußtsein thun, Ihre Pflichten treu nnd gewissenhaft erfüllt zu haben. Die Meinungsverschiedenheiten, die sich auch im gegenwärtigen Landtage gezeigt haben, betrascn nur den Weg, der cinzuschlagcn war, nm zum Ziele zu gelangen, lieber das Ziel selbst waren wir einverstanden, wir Alle haben nur das Wohl von König und Vaterland im Auge gehabt. Dieses gemeinsame Streben nach dem Ziele beruht auf der Gesinnung, von der wir Alle, die hier versammelt sind, in gleichem Maße beseelt sind, auf der treuen Liebe zu König und Vaterland Wenn wir uns daher auch heute trennen, — im Geiste bleiben wir doch vereinigt in dem innigen Wunsche, Gott segne unseren geliebten König, Gott segne unser thcnres Vaterland!" Die Ansprache wurde mit lebhaften Bravorufen ausgenommen, woraus der Minister den Präsidenten der Kammern den Landtags abschied überreichte und den 27. ordentlichen Landtag des König reichs Sachsen für beendet erklärte. Znm Schlüsse brachte noch der Präsident der I. Kammer, Graf Könncritz. ein dreifaches Hoch auf den König aus. LattdLlrtMbschied sür die Ständebersammlnng der Jahre 1897 und 1898. Wir, Albert, von Gotlcs Gnaden König von Sachsen re. rc. urkunden und fügen hiermit zu wissen: Bei dem Schlosse des von Uns nach Z 115 der Verfassungs- urluiide ziisainmenbcriifeneii siebciinndzwanzigsten ordentlichen Land tags eröffnen Wir, der Zusage i» 8 119 der Verfassiiiigsnrknnde entsprechend, den getreuen Ständen Unsere Entschließungen »nd Er klärungen in Bezug auf die ständischen Bcralhnngen des gegen wärtige» Landtags in Folgendem: Was 1. die Vorlagen an die getreue» Stünde a»la»gt, so sind die zniii Thcil Z als erledigt z» erachten, und zwar: n) durch den, den ständischen Anträgen gemäß er- -folgten Erlaß der betreffenden Gesetze nnd Ver ordnungen. Namentlich ist dies geschehen: 1) wegen der probi- svrischcn Fvrtcrhebmig dir Stenern und Abgaben im Jahre 1898, dinch das Gesetz vom 8. Dezember 1897, 2) wegen der dcrmaligen Zusammensetzung des Laiidtag-ausschnsscs zu Verwaltung der Staats schulden, durch die, der ständischen Schrift vom 30. November 1897 entsprechend erlassene Bclanntmachung vom 8. Dezember 1897, 3) wegen eines Nachirages zu dem Finanzgesetze auf die Jahre 1896 ,U»d 1897 vom 27. März 1890, durch das Gesetz vom 22. Januar "4893, 4) wegen der Umwandlung der als Staatsschuld über- nvmmcne», ursprünglich 4'/, prozenligc», jetzt 4 prozcntigen Prioritäts- anlcihe der vormaligen Leipzig-Dresdener Eisenbahnkompagnie vom Jahre 1872 in eine 3'^ prozentige Staatsschuld, beziehentlich der Ti'gung derselbe», durch das Gesetz vom 2. März 1898, 5) wegen einiger Abänderungen des Gesetzes über die Landes-Braiidvcrsicheruiigs anstatt vom 25. August 1876 in der Fassung vom 13. Oktober 1886, durch das Gesetz vom 30. März 1696, 6) wegen einer Ab äi.d.rnng des ß 7 Abs. 3 der Rcvidirten Laiidgemeindeordiiniig vom 22. April 1898, 7) wegen Abänderung des Gesetzes rom 8. April 1872, die Einerilirniig der evangclisch-luiherischen Geistlichen be treffend, durch das Gesetz vvm 3. Mai 1898; 6) durch besonderes Dekret, in welchem Unsere nt sch l i eß » nge» auf die Erklärungen und Anträge der getreuen Stände bereits ergangen sind: in Betreff 1) des 'Staatshaushalts-Etats ans die Jahre 1898 nnd 1899 durch das Dekret vom 18. laufenden Monais, in dessen Folge das mit len ge treue» Ständen vereinbarte Fiiianzgesetz aus die erwähnten beiden Jahre nnverweilt erlassen werden wird, 2) der Bewilligung von 3 Millionen Mark aus Anlaß Unseres 70. Geburtstages u»d 25jährigen Ncgieruugs,ubiläums aus den verfügbaren Beständen des DomäncnfondS zur baulichen Verwendung für die Königlichen Schlösser und Hofgebäudc, sowie zu deren Ausstattung nach Unserem freien Ermessen durch das Dekiet vom 25. April 1898, »ach welchem -Wir die Entnahme der bczeichneten Summe ans den verfügbare» Beständen des Domämnsoiids genehmigt haben; e) durch Entgegennahme der ständischen Erklärungen »nd Anträge: 1) wegen des Rechenschaftsberichts auf die Jahre 1894 und 1695, 2) wegen der mittels Dekret Vvm 10. November 1897 in Bezug auf die Einnahmen »nd Ausgaben bei dem Dvmänenfonds in den Jahren 1895 nnd 1896 gegebenen Nachweisungen, 3) wegen des Verkaufs des Hofwaschhausgrundstücks Nr. 5 der Ostraallee und des Malcrsaalgrundstücks Nr. 1 des MalergäßchenS zu Dresden, 4) wegen der mit Dekret vom 18. März 1898 erbetenen Ermächtigung der Staatsregierung, die Aussührungsbestimmungen, die zu den mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. August 1896 zusammenhängenden Reichsgesetze» durch Landesgesetz erforderlich sein werden, nnd die an den Kostengesetzen vom 18. August 1884 und 6. November 1890, sowie an der Kostenordnung für Notare vvrzunehmenden Aenderungen einstweilen im Verordnnngswege zu erlassen,' 5) wegen der Zusammen stellung der von den Amtsgerichte» in den Jahren 1893 bis 1896 ans Grund des Gesetzes vvm 6. November 1890 eingehobenen Ge richlskvstcii, sowie der bei den Amtsgerichten in denselben Jahren in der nichtstreiiigen Rechtspflege vorgekvmmeuen Geschäfte. L. Vorlagen an die getreue» Stände, rücksichtlich deren eS Unserer Entschließung noch bedarf: Den stän dischen Anträgen entsprechend werden zur Publikation gelangen: 1) die Gesetze, die Errichtung von Amtsgerichten in Jöhstadt und in Aue betreffend, 2) das Gesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs bom 18. August 1896 und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch von demseibeii Tage betreffend, 3) das Gesetz zur Ab änderung des Allgemeinen Berggesetzes und des Gesetzes vom 18. März 1887, die theilweise Abänderung und Ergänzung des Allgemeine» Berggesetzes betreffend, ä) das Gesetz, den Ersatz von Wildschaden nnd die Rechtsfähigkeit der Jagdgenossenschafie» betreffend, 5) das Gesetz, die Einführung einer allgemeinen Schlachtv eh» und Fleischbeschau betreffend, 6) das Gesetz, die staatliche Schlachtvieh versicherung betreffend, 7) das Gesetz, einige Abänderungen der revidirten Gesindeordnung für das Königreich Sachsen vom 2. Mai 1892 betreffend, 8) des Gesetz, dir Abänderung des Gesetzes über das Vereins- nnd Versammlungsrechl vom 22. November 1850 betreffend, 9) das Gesetz wegen Aushebung der Kautionspflicht der Staatsdicner, 10) das Gesetz, das Kirchengesetz wegen Ausübung des Kirchen patronais und der Kollatur über kirchliche Aemter betressend, 11) das Gesetz, die Gehaltsverhältnisse der Lehrer an den Volksschulen und die Gewährung von Staatsbeihilsen zu den Alterszulagen derselben betreffend, 12) das Gesetz, die Ausnahme einer Z prozentigen Ncnten- auleihe betreffend« 13) das Gesetz, die Abänderung des Gesetzes über d.n Uiknndeiiflcmpel vom 13. November 1876 betreffend. 14) Von der ständischen Ermächlignng zur Aufnahme von Geistlichen der innere» Mission in die allgemeinen geistlichen Peusionskasscn, sowie 15) zum Erlaß einer Verordnung wegen staatsgesctzlicher Genehmigung des Kirchengesetzes vom 8. Dezember 1896, das Besetzungsversahrcn bei geistlichen Stellen betreffend, wird Gebrauch gemacht werden. 16) Zu den Erklärungen der getreue» Stände aus die Dekrete, welche den Ban mehrerer Nebenbahnen nnd beziehentlich mehrere Eisciibahn- angclegcnhcitcii betreffen, geben Wir Unsere Zustimmung und werden das zur Ausführung Erforderliche auordnen. Was ferner die von den getreuen Ständen an Uns gebrachten II. Anträge, Beschwerden und Petitionen anbelangt, so werden 1) die Petitionen wegen Errichtung von Amtsgerichten in Rötha »nd in Willau, sowie die Petition der Stadtvertretnng von Crimmitschau wegen Vornahme eines Erweiterungsbaues am dortigen Gerichtsgebäude in Erwägung gezogen werden. 2) Dem mittels ständi'cher'Schrift vom 4. April dieses Jahres an Unsere Regierung ge- brachten Anträge auf Neubearbeitung des Bangesetzes vvm 6. Juli 1863 und der Banpolizeiordnunge» für Städte und Dörfer vom 27. Februar 1869 im Wege der Gesetzgebung wird entsprochen werden. Hierbei werden auch die Petitionen der Vcitraiicnspersvnen der bau- gewerblichen Arbeiter, soweit sie sich ans den Schutz von Gesundheit »nd Sittlichkeit der Bauarbeiter beziehen, sowie der Gemeinde Eich und Genosse» um Abänderung beziehentlich Aufhebung einiger bau- nnd forstpolizeilichcr Boischriften geeignete Berücksichtigung sin e». Auch wird 3) von der Ermächtigung, zur Beschaffung von Material, für Benrthcilung der Wirklingen von Maßregeln zur Bekämpfung der Tuberkulose der Rinder eine Anzahl Ställe »ach Uebercintniift mit Landwiilhen einer den Bestimmungen des vorgelegene» Gesetz entwurfs eni'prcchenden ausgiebige» Kontrole zu nnterstellen, Gebrauch, über die hierbei gewonnenen Resultate aber, nach Befinden unter Vorlegung eines diese Ergebnisse berücksichtigende» neuen Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der Tuberkulose der Rinder, einem der nächsten Landtage Mittheilung gemacht werden. 4) De» mittels der ständischen Schrift vom 1>. Januar an Unsere Negierung ge langten Anträgen, im Bundesrathe dahin zu wirken, daß die ge milchten Privattransitläger, insoweit sie nicht dem Transitverkehrc diene», sondern für den Jnlandsvcrkchr ausgenutzt werden, aufgehoben und Zollkredite für Getreide beseitigt werden, sowie daß die Aus- fnhrvergütnng für Mühlciiprodukte dem thatsächtichen Ausbentevcr- hältiiisse möglichst angepaßt werde, ist durch entsprechende Instruktion an den Bniivesrathsbcoollmächligte» Folge gegeben worden. Endlich wird auch 5) dem Anträge der getreuen Stände, bei der Veräußerung von Grundstücken, deren Erlös in den Domänciifonds zu fließen hat, iinter gewissen Voraussetzungen die Genehmigung der Stände vvrzu- behalte», entsprochen werde». Was die sonst »och von den getreuen Ständen gcfaßten Beschlüsse anlangt, so behalten Wir uns vor, solche in weitere Erwägung zu nehmen und »ach Befinden das Erforder liche darauf zu verfüge». Wir verbleiben Unseren getreuen Ständen in Huld und Gnaden jederzeit wvhl beigclhon und habe» zu Urknnd alles dessen gegenwärtigen, in das Gesetz- nnd Verordnungsblatt anf- ziiiiehmeiideii Landiagsabschicd eigenhändig nnterschricben und mit Unserem Königlichen Siegel bedrucken lasse». Gegeben zu Dresden, dcn 20. Mai 1698. Heinrich Rudolph Schurig. Albert. Earl Georg Lcvin von Mctzsch. Carl Paul Edler von der Planitz. (U. 8.) Kurt Damm Paul von Scydewitz. Werner Rudolf Heinrich von Watzdorf. Kaiser Wilhelm II und die Kunst. Ucber die Beziehungen des deutschen Kaisers zur Kunst, ins besondere znm Theater und zum Schauspiel, veröffentlicht Max Grube, ' der Oberrcgisscur des Berliner königlichen Schauspieles, in dem um fassenden Werke „Die Höfe Europas" einige Selbsterlcbnisse von hohem Interesse. Zunächst wird da die Stellung des deutsche» Kaisers zu Shakespeare behandelt, für den der Monarch eine große Vorliebe hegt. Das erste Stück des großen Engländers, das Prinz Wilhelm einst mit seinem Lehrer, dem Shakespcareforscher Karl Werder, las» war Richard II., der „Fnrstcnspiegcl", der seitdem auch eines seiner Lieblingsstücke geblieben ist. Die Thcilnahme des Kaiser au der Einstudirung von „Heinrich IV.« ging z. V. so weit, daß er nicht nur einigen Proben beiwohnte, sondern auch eigenhändig »ach allen Quellen einige Kostümskizzen entwarf. Einige Szenen, die dem Rvthsliste des Regisseurs znm Opfer gefallen waren, mußten wieder hergcstellt werden, denn: „Es ist doch Shakespeare!" äußerte er. Wucht und Kraft ziehen de» deutschen Kaiser mehr a» als Lieb lichkeit und Weichheit. So ist der »och immer nicht nach seinem vollen Werthe gewürdigte Hebbel einer seiner Lieblingsdichter, wozu auch nicht wenig das bewußt Deutsche in Hebbel's Werke» beitrage» niag. Obwohl Wilhelm II. theoretisch mit Schiller harmonirt, be sucht er doch die Vorstellungen Schillcr'scher Dramen nur selten. DaS hat aber seine» Grund darin, daß er manche der Meisterwerke unsere- größten Theaterdichters, znm Beispiel die Wallcnstei'ntrilogie, de» „Tcll", die „Jungfrau ron Orleans", „Maria Stuart", von den Meiningern in so »iiistergiltigen Aufführungen gesehen hat, daß er sich diese Jugcndeindrücke nicht gern durch andere Bilder verwischen lassen möchte. Herzog Georg von Meiningen gilt ihm übrigens als das Vorbild aller deutschen Jnszeiiirniigsknnstlcr. lieber den Mangel wahrhaft dramatischen Lebens in Goelhe's Dichtungen kann er sich nicht ganz hinwegsetzen. Dagegen liebt er Kleist ganz außerordent lich. Die „Hermannsschlacht" und der „Prinz von Homburg" sind- seine Licblingswerk«. Im ersteren Werke fesselt ihn, neben der dichterischen Vollendung, der deutsche Einheitsgedanke, nnd wir gehen gewiß nicht fehl, sagt Grube, wenn wir annehmen, daß ihn im Prinzen von Homburg die wunderbar gemeißelte Gestalt des großen Kurfürsten ganz besonders anzieht; trägt er doch sür diesen seinen Ahnherrn eine ini.-jge Verehrung zur Schau. Auch »cne Dichtungen, die den großen Begründer Brandenburger Macht verherrlichen, haben ihn lebhaft angezogcii, so in neuerer Zeit Wicheit's Schauspiel „Ans eigenem Recht" und vor wenigen Jahren in noch crhvhtcreiii Maße Wildcnbruch's „Neuer Herr", der noch heute ans dem Spielplane des königlichen Schauspieles steht. Wilhelm 11. ist jedoch auch ein seinsinniger Kenner der Schau spiel- und Jnszciiirnngskiinst. Ehe wir Belege hierzu bcibringen, schreibt Grube, sei erwähnt, daß er auch ein Freund der heileren Muse ist. Ja, er lacht gerne und — laut, recht von Herzen, mit der ganzen Fröhlichkeit eines kräftigen Naturells, das sich von den ihn umgebenden Schranken wohl Gesetze geben, aber nicht unter drücke» und beengen läßt, sondern dessen menschliches Empfinden mit innerer Gesundheit stets zu natürlichem Frohsinn geneigt ist. Wenn dem deutsche» Kaiser ein Stück oder eine Darstellung (kommt es doch namentlich im Lustspiele oft hauptsächlich auf diese an) besonders gefällt, so giebl er seinem Bcifalle durch oftmaligen Besuch dieser Vorstellungen deutlichen Ausdruck. Ich glaube, daß er „Basantasena" wohl sechs Mal gesehen hat, Niemanns Vvlksthnmliches Lustspiel „Wie die Alten simgeii" wohl nicht minder oft. Doch auch Werke ernster Gattung mache» hier keine Ausnahme. Grillparzers „König Ottokar" beispielsweise ward auch oft besucht. Es würde zu weil fuhren, hier noch mehr Stalistik dieser Art zu treiben, doch durfte dieser Grundzug der Beharrlichkeit, der so ungemein charakteristisch ist, nicht übergangen werden. Während der Einstndirniig von Stücken, denen ec besondere Thcilnahme cntgegenbriiigt, erscheint der deutsche Kaiser, wie bereits oben erwähnt wurde, wohl auch selbst ans den Probe». Eine solche Probe ist natürlich ein Fest für alle Betheiligte»; Alles ist mit doppelter Aufmerksamkeit ans seinem Posten, vom ersten Darsteller bis zum letzten Thcatcrarbeitcr herab, und cs ist ans solchen „Kaiser- iroben" schon manchmal bcsscr gespielt worden als am Adend der erste» Aufführung. Die Proben im königlichen Schauspielhanse be ginnen in der Regel um 11 Uhr. Etwas vorher hat sich der Gencraliiitciidant der königlichen Schauspiele, Graf Höchberg, z»»i Empfange des Kaisers an dcn Eingang begebe». Die Ressort- vorsttiade, Oberinspektor Brandt, der feinsinnig künstlerische Leit« des Dekorations- und Maschinenwesens, Maler Gnthknecht, der mit geschichtlichem Wissen reich ausgestatlctc, emsige Vorstand der Kostüm- Ablhcilnng, nnd ich selbst (Grube) harren des Kaisers im Ziiseha cr- rainnc. Einige Minulcn vor 1i Uhr erscheine» einige der Flngcl- adjnlantc» nnd etwaige andere zur Probe befohlene Herren; unter ihnen fehlte niemals der verewigte August v. Heyden, dessen reichem Wissen nnd gediegenem Geschmack das Schauspielhaus so wcrlh.'vlle Anregung ans kvstümlichcni »nd dekorativem Gebiet verdankte. Dann taucht gewöhnlich »och der fein und scharf markirlc Kopf des Herrn v. Lucanns auf. Sehr pünktlich erscheint der deutsche Kaiser, vom Generalintendanten i»'s Parket geleitet. Nachdnn er mir, erzählt Grube, und den in der Nähe Befindlichen die Ehre des sehr kräftigen kaiserlichen Händedruckes hat angedeihen lasse» — bei diesem Hände druck, der sehr »örtlich zu nehmen ist, einpfindct man die ersten Male einen kleinen Schreck, denn der Kaiser verfügt über eine gans crs annlichc Kraft —, beginnt die Probe oh. e WcittreS. Der Kaiser ist, von de» militärischen Ucbnnge» her, langes Steh n gewöhnt, »nd manchmal setzt er sich stundenlang nicht, höchstens daß er sich ein wenig an die Stnhlrcihe» anlchnt. Was bei dcn Proben zunächst aufsällt, ist die ganz unglaubliche Summe geschichtliche» Wisftns und auch koslümlichcr Kenntnisse, die der Kaiser bei dieser Gelegenheit entfaltet. Von seinen vielen Erfahrungen auf diesem Gebiete will
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