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Freiberger A «nd DageVlatt 8r, 305. Donnerstag den 3V. Decemtzet. - - - - -- —„u.-m 1> . Zum Jahresschlüsse. DaS Jahr eilt mit raschen Schritten seinem Ende entgegen. Die Reise durch diesen Theil unserer Wallfahrt ist vollbracht und die letzten Stunden des Jahres sind gezählt. Mit einem heiligm Emst berührt uns der Wechsel der Zelt, der uns recht fühlbar wird, wenn wir an dem Ausgange eines entschwunde nen und an der Pforte eines neuen Jahres stehen. In solchen Augenblicken ziemt es uns , zurückznbli'cken auf die durchlaufene Bahn und vor unserer Erinnerung die wich tigsten Ereignisse des scheidenden Jahres vorüberziehen zu lassen. Offen gestanden: wir finden im vergangenen Jahre in den öffentlichen Vorgängen Europa's wenig Lichtpunkte, au denen sich unser Auge weiden, unser Herz erquicken könnte. In Schleswig-Holstein haben die Dänen auf eine himmelschreiende Weise an den.Unglücklichen und wehrlosen Deutschen jener Länder herumgedoctort, um ihnen alle Sym pathien für ein einiges Deutschland recht gründlich aUszutreiben und sie mit dem Gesammtstaate Dänemark zu befreunden. Drangsale sind im verwichenen Jahre über jene deutschen Pro vinzen — Holstein ist deutsches Bundesland! — gegangen, die für jeden Menschenfreund, gleichviel, welcher Partei er zu gehört, so empörend find, daß mM solche dänische Behandlungs art nicht einmal,,Despotie" nennen kann. In Frankreich hat man die dem jetzigen Gouvernement nicht zugethanen Parteien dadurch versöhnt, daß man sie zum Theil nach Cayenne, jenem ungesunden, mörderischen Lande, sandte. Andere Franzosen irren im Auslande als Flüchtlinge umher. Obgleich seit einigen,Jahren überall in Europa die Ord nung regiert, so haben doch in manchen Ländern Verbrechen, Mord und Todtschlag, Brandstiften und Stehlen in erschrecken der Weise zugenommen, so daß man eine neue Henkermaschine erfinden muß. Bettelei ist in manchen Gegenden so arg ge wesen, daß sich Gemeinden zum Schutz gegen jenes Unwesen in Vereinen verbunden haben. Beinahe das ganze Jahr hindurch sind wir gelangweilt worden von den Berliner Zollconferenzen. Handel und Gewerbe haben die empfindlichsten Verluste gehabt. Wenn der Menschheit durch Conferenzen geholfen werden könnte, so müßte sie längst genesen sein. Vom Erfurter Parlament haben sich die Ministerial-Conferenzen nach Dresden gezogen. Nach dem der Bundestag wieder inS Dasein gerufen war, kämen am Schluß des Jahres 1851 die Wiener Zollconferen- zen, darauf die Berliner, hierauf die Verhandlungen der „Verbündeten" in Darmstadt, sodann Collectiverklärungen der selben in Berlin, hierauf Verhandlungen der „Coalirten" in München, sodann am 27. September plötzlicher Thorschluß in Berlin, endlich noch einmal in zweiter Auflage Zollconferenzen in Wien,, und zuletzt Sendungen außerordentlicher Gesandt schaften in der Zollsache nach Wien und Berlin. Noch heute kann kein Mensch sagen, waS aus der handelspolitische« Frage Deutschlands wird; nur einen Trost haben wir sicher, daß nach dem 1. Januar 1853 die Zollconferenzen in Wien ih» ren „ungestörten Fortgang" haben. Da ist geredet und verhandelt, gerechnet und geschrieben worden, Last die Akten stöße nicht gering sein möge«; aber Ler gordisch« Knoten ist nicht um eine Masche entwirrt worden. Der GeschichtsschreKer, der in späterer Zeit diesen Theil der deutschen Geschichte un parteiisch aufschreiben will, wird sich nicht besonders hierarr er quicken können. ,. Die deutsche Flotte, welche einst von kleine« Beiträgen Tausender hochherzig in einer schweren Zeit inKMLM-ge- rufen ivurde, um uUsere Häfen und Flüsse, Handel und Ge werbe dem feindlichen Äuslande gegenüber sicher zu stellen — der Krieg mit Schleswig-Holstein hatte unS auf empfindliche Weise den Mangel einer Kriegsflotte gezeigt — sie wurde un ter den Hammer des Auktionators gebrächt und daS Ausland fand Gelegenheit, auf billigem Wege unsere kostspieligen Schiffe sich anzueignen. - " " ' ... - ^5 -- Die Idee von einem „einigen Deutschland" ist im ver flossenen Jahre ihrer Verwirklichung auch nicht um ein Haar breü näher^ gekommen.^Es scheint fortan nur ei« Oesterreich, ein Preußen, "ein Bayern, ein Sachsen re. zu geben, und der bekannte Trinkspruch des hochherzigen Erzherzogs Joha««, LeS gefeierten Reichsverwesers, scheint vergesse«.. V Das ganz« Jahr hindurch find ungeheure Schaarin Aus wanderer von Europa fortgeeklt, um sich im fernen Amerika eine neue Heimäth zu gründen. Zesuitenmisfiontn sind halb Deutschland durchzogen und. haben namentlich in protestantischen Ländern, wie in Preußen, nicht üble Geschäfte gemacht. Bayern dagegen, ein überwiegend katholisches Land, hatte den Muth, jenm „falschen Propheten in Schafskleidern" die Missionen zu verbieten. Sachsen war durch seine Verfassung wie durch seine Regierung vor jenen Un holden geschützt. Auf dem Kirchentage in Breme« erklärten Hengstenberg und Stahl: die Jesuiten seien kein Unglück für Deutschland. Die „Frommen", eine Partei der lutherischen Kirche, haben ebenfalls Conferenzen in Menge gehalten. Einigt deutsche Verfassungen, wie die kurhessische, sind in diesem Jahre mit bessern vertauscht worden. WaS aus dem