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UV Tageblatt Freitag den 11. Ium »v. m .iS >7 7 ^7»^ tz'unWuIZ L« ^»oir»^ Frankreich und das Ausland. Eine der bedeutendsten Folgen deS Pariser Staatsstreichs ist ohne Zweifel die, daß dadurch dem Echreckbilde einer europäischen RrvolutionSpartei ein Ende gemacht worden ist. Tie einzelnen Länder haben eS, abgesehen von ihrer gegenseitigen Stellung, nur noch mit sich selbst zu «Hun, nicht mehr mit Parteien deS V o lkeS. Kein politischer Verein stört mehr die Iolleinigung Deutschlands und eü ist jetzt nur noch der Hader und die Eifersucht der Ca- binrtte unter einander, die die so äußerst nöthige Einheit Deutsch lands auf handelspolitischem Gebiete — die politische Einheit ist unS nun einmal versagt — in die Ferne hinausschiebt. Viele glauben, wenn in Frankreich das erbliche Kaiserthum hergestellt würde, so würden die Großmächte dagegen einschreiren. Wir find dieser Meinung nicht trotz der Reise des Czaaren. Die Mächte find im Jahre 1830, als die alten Bourbonen verjagt wurden, im Jahre 1848, als die Republik auSgerufen wurde, nicht eingeschritten, und fie werden auch, wenn daS Kaiserthum, dessen Legitimität zu beweisen man fich so viele Mühe gegeben hat, nicht einschreiten, keineswegs, als ob fie diese Veränderungen gern gesehen hätten oder gern sehen würden, sondern weil der allgemeine Zustand Europas den Ausbruch eines Krieges zum gewagtesten Würfelspiel macht, dessen AuSgang bei den unbe friedigenden Zuständen Niemand vorauSschen kann. Ganz günstig stehen die Aspekten für das erbliche Kaiserthum nicht; indeß scheint der Präsident selbst nicht mehr ganz frei, ob er rS dahin kommen lassen will oder nicht. Das Kaiserthum mag nun am 15. August oder später kommen, rS wird vorerst an der Lage Europas nichts ändern und Besorgnisse erregt es nur dcßhalb, weil man fürchtet, eS möchten damit Gelüste auftauchen, die den Status guo bedrohen. Der Präsident hat alle solche Gelüste in Abrede gestellt und noch jüngst auf dem MarSfelde erklärt, die Adler Frankteichs seien nicht gegen das Ausland gerichtet. Wenn wir aber, gestützt auf seine früher» unerfüllten Zusagen, auch in seine Versprechungen einige Zweifel setzen dürfen, so ist doch so viel klar, daß er eingesehen hat, an welchen schweren Gewichten der Friede Europas hängt und daß namentlich der Kaiser Nico laus nicht mit fich spaßen läßt. Wenigstens ist daS große Sper- takelstück auf dem MarSfelde gar friedsam und bescheiden verlau fen, der KaiserenthufiaswuS ist schwach gewesen, und der herrische Ton, wie er anfangs gegen die kleinern Mächte, namentlich die Schweiz und Belgien eingehalten wurde, hat völlig aufgehört, wenn auch die geheimen Absichten dieselben geblieben sein mögen. Frankreich ist durch die feste Haltung der andern Mächte in eine Stellung von Umhätigkeit und Jsolirung zurückgedrängr wie vor dem 2. Deermber. Die französische Regierung hat sich durch die HerabsetzutH der Renten in eine sehr fatale Lage gebracht. Es ist kein Hock fel mehr, daß die Umwandelung der Renten, soweit'fie bi« M vollzogen ist, der Regierung an 306 Millionen Francs gekostet hat. Diese Rentenmaffe lastet auf der Bank und den mit ihr verbundenen BangoierS^ Die Last der Renten in der Bank und bei den BanquierS müssen um so lästiger werden, da die Nittel fehlm werden, fie zu halten. Daher kommen die immer von Neuem auftauchenden Gerüchte eines neuen großartigen DarlehnS, wodurch die Rente gedrückt wich. Die Times sagt: HW H schon lange augenscheinlich- daß die französische Regittuntzd^ länger die Wahrscheinlichkeit eines neuen AnlehenS abwrhrm kann- und baß, umdaSLand von der jetzigen unmäßigen Last derunsimvik« ten Schuld zu befreien, ein solches Anlehen von bedeutender Größe sein muß Man glaubt, daß mit einem Copitälisteu Un terhandlungen über ein solches Anlehen von 206, andere sag« sogar 300 Millionen eröffnet worden sind. Läßt sich der jetzige Preis der französischen Renten behaupten, so kann ein solche- Anlehen allerdings unter vortheilhaftern Bedingung« abgeschlos sen werden, als man seit 1848 erhielt. Um aber dies« Zweck zu erreichen, ist eS durchaus notbw endig, daß nichts vorkommt- was die freundlichen Verhältnisse d«S Präsidenten Mit dem Wt rigen Europa störe, oder daS Vertrauen erschüttre, waS die reich« Klassen noch j.tzt in seine Gewalt zu setzen geneigt fiM MG diesen Gründen wären wir nicht erstaunt, die Proklamation de- KaiserrcichS verschoben zu sehen, bis diese finanzielle Operativ« vollendet ist, es müßten denn überwiegende politisch^ Gründe da zwischen tret«. - - Wir haben Ursache, zu glauben, daß eine derartige StPu» lation gleich bei dem Beginne der Unterhandlungen von den Con« trahentm deS ÄnlchenS gemacht Word« ist.. uw Nach dieser Anschauung hinge die Ausrufung d«S Kaisa» thumS zum Theil von der Ansicht ab, die Rothschild von d» Sache hegt, und daraus erklärt sich die Bedeutung, welche m« seit einiger Zeil dem AuStruck „lebenslängliches" Kaiserthum giebt, da Rußland und Preußen bestimmt ausgesprochen hab« sollen, daß fie wohl den Ludwig Napoleon als Wahlkaiser auf Lebenszeit, aber nicht eine neue kaiserliche Dynastie anerkenn« würden. Wie die Sachen in Europa jetzt stehen, so würde d«-' Ausrufen selbst deS erblichen Kaisalhums keinen Krieg entzünd«. Man halte unS nicht eia, die Vertrage von 1814 und 18KZ würden dadurch verletzt; diese find seil jener Zeit schon ost ver letzt worden, ohne baß die Flamme deS Kriege- auSgebrvch« ist; wir erinnern nur an die Abtrennung der Hülste Luxemburg-, an die Gründung des Königreich- Belgien, au da- Schickfick > -> 4,1 1'wlllvL riL .L'uvIE Freiberger Anzeiger