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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020221019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902022101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902022101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-21
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Monat
1902-02
-
Jahr
1902
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außer den schon wiedergegebenen Thetlcn noch eine Stelle, die von besonders actueller Bedeutung ist; er sagte näm lich u. A.: Wenn die politischen Mächte in unserem Baterlande sich nicht dazu verstehen wollen, sich Denjenigen anzu schließen, die Maß halten, den verbündeten Regierungen, dann dürfen sic sich nicht wundern, wenn die Dinge nicht so kommen, wie sie es wünschen. Ich kann Ihnen nur wünschen, daß auch Sic stets in Jhrxm Verein das Maßhaltcn bewahren. Ihr Herr Vorsitzender hat mir soeben das Programm der beiden Verhandlungstagc gezeigt, und habe ich bewundert, wie er in weiser Vorsicht die Redelust der Herren cingeschätzt und dabei doch nicht die Rcdelust allzu sehr unterschätzt hat. Wenn das nur überall geschähe und alle Herren Vorsitzenden ihre Versammlungen so in der Zucht hätten, wie cS hier der Kall zu sein scheint, dann wäre cs überall in der Welt besser. Wenn mir bei den Z v l l t a rif c o m m i s s i o n sv e r h a n d l u n g e n einen Vorsitzenden hätten, der die ein zelnen Mitglieder beim Reden zum Maßhalten anzuhaltcn verstände, dann wäre dies äußerst wohlthätig für Alle, nicht nur für die Bctheiligten der Commission, sondern für die Bctheiligten im ganzen Lande. Es ist kein Zweifel, die Unruhe, in der sich das ganze Land be findet, ist von großem Unheil. — Die neuen Satzungen deS Deutschen Flotten- Vereins sind am 18. d. MtS. von dem Gesammtvorstand des Deutschen Flotten-Bereins in neunstündiger Sitzung durch- berathen und im Großen und Ganren nach dem Entwurf der all sioc unter dem Vorsitze des Herrn Geheimen Jusiiz- rathS vr. Klein eingesetzten SatzungScommifsion angenommen worden. Die endgiltige Annahme der neuen Satzungen ist durch die heute tagende Mitglieder-Versammlung des Deutschen Flotten-Vereins zu beschließen. Die neuen Satzungen beruhen auf dem Grundgedanken, daß der Selbstständigkeit der Provinzial-Berbände und Ortsgruppen der weitgehendste Spielraum in ihrer werbenden und aufklärenden Thätigkeit einzuräumen ist, soweit dies irgend mit einer zusammen fassenden Gesammtleitung zu vereinbaren bleibt. — Der Reichskanzler Graf v. Bülow erhält einen neuen militärischen Attache; Prinz zu Salm-Salm, ä la suite des 2. Gardr-Ulanen-Reqiments, ist nach Enthebung von dem Tommando zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt und unter Verleihung eines auf den 19. Lctober 1894 vordotirten Patents seines Dienstgrades in das Regiment der Gardes du Corps versetzt; sein Nachfolger dürste der Graf zu Eulenburg, Oberleutnant im 7. Husareu-Regiment werden. Derselbe ist unter Belassung in seinem Commando zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt ä la suito des Regiments gestellt. — Dem Generalstabsarzt der Armee, Prof. v. Leuthold, der beute seinen 70. Geburtstag feiert, hat der Kaiser durch Geh. Rrg.-Rath Meßner eine silberne Bowle überreichen lassen. Aus Anlaß des Jubeltages sind hier die Generalärzte v. Strube-Karls ruhe, Gäde-Honnover, Villaret-Posen', Rothsührer-Magdeburg, Rudeloff-Münster und andere hohe Sanitätsossiciere eingetrofsen. Da der Jubilar den Wunsch geäußert hatte, den Tag in aller Stille im Kreise seiner Familie zu verleben, so erfolgte schon gestern Nach- mittag Lurch eine Abordnung unter Führung des Generalarztes vr. Stricker die feierliche Ueberreichung eines kostbaren Albums mit den Bildern aller der SanitätSofficiere, die dem Jubilar während seiner AmtSthätigkeit als Generalarzt des GardecorpS unterstellt waren. Der Cultosminister vr. Studt sprach seine Glückwünsche in einem herzlichen Schreiben aus, auch die medicinische Facultät der Berliner Universität gratulirte schriftlich. Die Sanitätsossicier- corps und viele Andere gratulirten ebenfalls. — Der Geheime Oberregierungsrath und Vortragende Rath im preußischen Ministerium des Innern v. Kitzing ist zum Wirklichen Geheimen Ober-Regirrungsrath mit dem Range der Räthe erster Classe ernannt worden. * Raumburg a. S., 19. Februar. Am 16. d. MtS. feierte der Dechant des hiesigen DomcapitelS General der Artillerie v. VoigtS-Rhetz seinen 80. Geburtstag. Die Spitzen der hiesigen Staats-, Stadt- und Kirchenbehörden, sowie die OfsiciercorpS der Garnison statteten ihm aus diesem Anlaß unter Ueberreichung kostbarer Blumenspenden ihre Glückwünsche ab. Dazu kam eine große Menge brieflich und telegraphisch eingegangener Gratulationen. Der Glück wunsch des Kaisers hatte folgenden Wortlaut: „Nach einem an Arbeiten und Erfolgen reichen, dem Dienste Ihres Königs und dem Vaterlande geweihten Leben läßt Gottes Gnade Sie heute Ihren 80. Geburtstag feiern. Indem ich Ihnen hierzu meinen herzlichsten Glückwunsch auSspreche und Sie erneut-, meiner steten Dankbarkeit versichere, gehe ich der Hoffnung Ausdruck, daß Ihnen auch ferner in körperlicher und geistiger Frische ein glücklicher Lebensabend beschieden sein möge. Wilhelm, k." Auch die Großherzöge von Baden und Olden burg sandten Glückwunschdepeschen. Im Auftrage de» Kaisers überreichte Oberpräsident v. Bötticher ein Bildniß des Kaisers mit dessen eigenhändiger Unterschrift und Widmung« Zugleich statteten Herr v. Bötticher und Staats sekretär Graf v. PosadowSky ihre Glückwünsche als Mit glieder des hiesigen DomcapitelS ab und überreichten als Erinnerungsgabe "eine bronzene Votivtafel. (Magdeb. Ztg.) v. Weimar, 19. Februar. In seiner heutigen Sitzung be- willigte der Landtag, wie telegraphisch gemeldet, 300000 für Bauten auf den Großh. Kammergütern. Als solche Bauten kommen in Betracht: dir Beschaffung von Arbeiterwohnungen für solche Kammergüter, auf welchen thatsächlich rin anders nicht zu hebender Arbeitermangrl besteht, weiter die auS wirthschastlichen und sani tären Gründen erforderliche Herstellung von Wasserleitungen, ferner Stallbauten, Scheunen rc. Die Regierung wollte diese 300000 als unverzinsliche Anleihe aus dem Kammerstammvermögen ent nehmen und sie innerhalb 12 Jahren aus dem ordentlichen Etat mit jährlich 25000 zurückzahlen. Der Landtag beschloß dagegen, diese Summe von der Landescreditcasse zu entleihen und mit 3 Proc. zu amortisiren. Ermächtigt wurde die Regierung, in geeignet er scheinenden Fällen einzelne Theile der Kammergüter zu veräußern, oder seither private Grundstücke für Zwecke der Kammergüter zu erwerben. — Der Landtag erthrilte seine Genehmigung, daß das Kammergut Völkershausen der dortigen Gemeinde käuflich überlasten wird zu einem Kaufpreis von 1000 .äl pro Hektar. — Eine Petition deS deutschen Privatbeamtenvereins, einen Zusatz zu dem Ein kommensteuergesetz dahingehend zu machen. Laß die Leben»- versicherungSprämien beim Steuercapital in Abzug gebracht werden, wird der Regierung zur Kenutnißnahme überwiesen. — Von der linken Seite des Landtages ist ein Antrag aus Abänderung de» Landtagswahlgesetzes eingegaugen. v. Rutzalftatzt, 20. Februar. Die Hauptvorlage, welche dem gestern zusammrngetretenen Landtage zugegangen ist, stellt den Entwurf eines neuen Einkommensteuergesetzes dar. Oesterreich-Ungarn. * Wie«, 20. Februar. (Telegramm.) Der Kaiser fuhr heute Vormittag bei dem Erzherzog Rainer vor, überreichte dem erzherzoglichen Paare al- Angebinde zur goldenen Hochzeit sein Portrait, sprach seine Glückwünsche aus und kehrte hierauf nach der Hofburg zurück. — DaS AbgeordnetenhauS setzte die Generaldebatte über da- Budget fort. Gregr erklärte, die Tschechen forderten Gutmachung deS an ihnen durch Aufhebung der Sprachen verordnungen verübten Unrecht» ohne Rücksicht darauf, ob dies Jemand gefalle oder nicht. Die Regierung dürfe sich nicht hinter dem Vorwande der Neutralität verstecken. Italien. ParlamenUeristnung. * An», 20. Februar. (Telegramm.) Die Eröffnung de« Parlaments durch den König fand im reichgeschmückten SitzungSsaale de« Senat» statt. Der Feier wohnten die Königin und die Herzogin von Aosta bei. Die Königin wurde bei ihrem Erscheinen auf da» Lebhafteste begrüßt und der König mit Hochrufen auf das König-Hau» Savoven empfangen. Der König, umgeben von dem Herzoge von Aosta, dem Herzoge der Abruzzen, dem Herzoge vo« Genua, sowie den Hofwürdenträgern, allen Ministern u. s. w., verla» die Thronrede, die.',bei verschiedenen Stellen auf da» Beifälligste ausgenommen wurde. Der König und die Königin, sowie die Mitglieder des Königshauses wurden bei ihrer Ankunft und Rückkehr von einer zahlreichen Volksmenge begeistert be grüßt. Truppen bildeten Spalier. Da» Wetter war prachtvoll. * Rom, 20. Februar. (Telegramm.) Der König eröffnete beute Vormittag die neue parlamentarische Session mit folgender Thronrede: „Ich eröffne zum ersten Male persönlich Ihre gesetzgeberischen Arbeiten und Ich freue Mich, Ihnen hierbei Mein herzlichstes Vertrauen auf Ihre Thätig keit auszusprechen. Ich habe die feste Ueberzeugung, daß die Harmonie der Gedanken und Empfindungen zwischen dem Fürsten und dem Parlamente die Wodlthaten unserer Institutionen sicherstellt und kräftigt, und daß diese jeglichem Fortschritte geöffnet und jeglicher Weitereutwickelung fähig sind." Der König gedenkt sodann der lovalen Theilnahme des Parlaments bei der Geburt der Prinzessin Jolanda und fährt sodann in seiner Rede fort: „Ich weiß, daß Ich immer auf Ihre patriotische Mitwirkung rechnen kann, bei dem großen Werke, welches eme glückliche Zukunft deS gemeinsamen Vater landes bezweckt. Diese starke und loyale Unterstützung in den schweren Tagen, welche unsere Unabhängigkeit und Einheit vorbereiteten, ist vom Parlamente von Meinem großen Ahnen verlangt worden, um die liberalen Grundsätze, die er zur unerschütterlichen Grundlage seiner nationalen Politik machen wollte, zur Anwendung und Entwickelung zu bringen. Auf diese Beispiele hingewiesen von Meinem vielgeliebten Vater, dessen Hinscheiden in Meinem und in Jedermanns Herzen lebhaft und dauernd beklagt wird, ist eS Mir sehr angenehm, daß wir nach schweren Tagen unS jetzt trösten können mit der durch die Eintracht zwischen dem Gesetze und der Freiheit gewonnenen Beruhigung." Die Thronrede hebt sodann hervor, daß in der letzten Session, Dank der eifrigen Arbeit des Parlament-, die lange erhofften und er warteten Reformen hätten eingeführt und eine bessere Ver- theiiung der Lasten habe eingeleitet werden können, welche von ver socialen Gerechtigkeit geboten worden sei. Maa müsse jetzt mit weiser Entschlossenheit den so gut beschrittenen Weg weiter verfolge»; die gedeihlichen Verhältnisse der nationalen Volkswirthschaft und der Finanzen des Staates, die eine edle Frucht der Festigkeit und der gebrachten Opfer seien, erleichterten diesen Weg und gestatteten, eine Herabsetzung deS Salzpreise» in Aussicht zu nehmen. ES handle sich dabei um einen alten Wunsch, dessen Erfüllung ein Verdienst deS Parlaments sein werde. In der Thronrede heißt e» weiter, daß in der neuen Session zur Verbesserung der Lage der Arbeiter klassen außer dem bereits dem Parlamente unterbreiteten Gesetzentwürfen noch andere unterbreitet werden, besonders ein Gesetzentwurf über den Arbeitsvertrag. Die Arbeit zu ehren, sie durch die ihr zukommende Vergütung zu ermuthigen und die Lage Derjenigen, die von der Glücksgöttin übergangen worden sind, zu bessern, da» seien Ziele, denen die moderne Civilisation zustrebt. Wenn die Regierung und das Parlament hierfür Sorge tragen, ohne die Rechte aller übrigen Elasten der Gesellschaft zu vernachlässigen, würden sie in denkwürdiger Weise für die Gerechtigkeit und den socialen Frieden wirken. Die Thronrede kündigt ferner Iustizreformen an, damit dem Richterstande immer mehr von allen Seiten Achtung entgegengebracht, und dem Bürger sein volle- Recht gesichert werde. „Meine Regierung", heißt eS weiter, „wird Ihnen eine Vorlage unterbreiten, die dahin geht, in Uedereinstim- mung mit dem gemeinen Rechte anderer Völker da- ideale Princip der Unauflöslichkeit der Civilehe einzu schränken und durch gerechte Vorschriften die gegen uneheliche Söhne gerichteten Bestimmungen abzuändern. In den Beziehungen zwischen Staat und Kirche ist Meine Regierung bestrebt, streng die Trennung der staatlichen und der kirchlichen Ordnung aufrechtzuerhalten und dem ClcruS die ihm zukommende Ehre zu erweisen, ater ihn innerhalb der Grenzen deS rein Kirchlichen zu halten und der Religion und der Freiheit deS Gewissens die unbeschränkteste Achtung entgegenzubringen, aber un beugsam die Vorrechte der Staatsgewalt und die Rechte der nationalen Souveränität unangetastet zu erhalten." Die Thronrede kündigt noch mehrere kleinere Gesetzentwürfe an und fährt daun fort: „Die Beziehungen Italiens zu allen Mächten sind ausgezeichnet. Die Politik, die all' unserer Rechte und all' unserer Pflichten eingedenk ist, hat unS große Sympathie und schmeichelhafte Beweise der Achtung, in der unser Vaterland bei den auswärtigen Völkern steht, eingetragen. Die Bertheidigung unserer Interessen und dir Treue gegenüber unseren Bündnissen und gegenüber den Banden herzlicher Freundschaften lasten sich so vollkommen vereinen mit dem erhabensten Ziele, das Italien verfolgt, dem Frieden. Traurige Ereignisse haben die Entsendung italienischer Streitkräfte nach dem äußersten Osten nöthig gemacht. Unsere Soldaten und Seeleute haben Beweise hervorragendster militärischer Tüchtigkeit abgelegt und srnd bei ihrer Rückkehr in die Heimath unt herzlicher Begeisterung empfangen worden. Eingedenk der Tapferkeit, der Selbst verleugnung, de» Gehorsams und der Treue, welche unsere Armee und Marine stets gezeigt haben, entbiete Ich ihnen al» Soldat und König Meinen Gruß". Die Rede weist sodann darauf hi«, daß die öffentliche Ruhe gesichert sei, daß Freiheit im Lande herrsche, und daß die Finanzen geregelt und der StaatScredit gehoben sei und schließt folgendermaßen: „Indem Ich mit vollem Vertrauen, mit lenem Vertrauen, welche» da« Glück und die Ruhe unserer Vorfahren ausgemacht hat, in die Zukunft blicke, verlasse Ich Mich ganz auf Sie, in der Gewißheit, daß Ihre Weisheit und Beharrlichkeit dem Baterlande zu Glück und Wohlfahrt verhelfen, dem italienischen Namen neue Ehren zuführen und so Meine theuersten Wünsche erfüllen". Spanien. Die Ttreik-Ne»»lte«. * Madrid, 20. Februar. Alle Groppen der parlamen tarischen Opposition sind darin einig, die Regierung für unfähig zur Lösung des Conflictes zu erklären. Da- Cabinet müsse durch ein anderes ersetzt .werden. Möglicherweise beruft die Regierung die Reserve-Mannschaften ein. Gegenüber einigen auswärtigen Zeitungen, die behaupten, daß die Be wegung rn Barcelona eine politische sei, wird in Re- gieruna-kreisen versichert, daß sie lediglich einen socialen Charakter hat, der deutlich erkennbar sei. Die „Corre- spondencia d'Espana" glaubt, daß die Regierung Truppen nach Barcelona schicke, da eine Carlisteobewegu«g zu be fürchten sei. * vareela««, 20. Februar. (Telegramm.) Do« den Ausständigen wurden drei Arbeiter, welche die Ar beit wieder aufnehmen wollten, getödtet, und ferner ei« Bäcker, der den Prei» des Brode» erhöht hatte, ermordet. Der Verkehr der Straßenbahn hat «och nicht wieder aus genommen werden könne». Auf den Märkten herrscht Mangel an Lebensmitteln; die Ausständigen verhindern das Schlachte« von Vieh im Schlachthause. Noch weitere Truppenverstär kungen sind eingetrofsen. Die Ruhestörungen haben einen ausgeprägt anarchistischen Charakter. Aste«. * Parts, 20. Februar. (Telegramm.) Wie au» Tientsin telegravhirt wird, ist Oberst Marchand gestehe nach Frankreich abgereist und hat seine« Wea über Sibirien genommen. Auf Befehl des Kaisers von Rußland wurde de« Obersten eine russische E-corte beigegeben. Preußischer Landtag. Ab»ear»netenhauS. D Berlin, 20. Februar. (Telegramm.) Da» Hau» über- wie» den Entwurf betr. den Erwerb von BergwerkSrigeuthum für den Staat an die Budgrtcommission, nachdem Handels minister Möller den Entwurf eingehend begründet und al» Zweck angegeben halt«, daß der Staat einen gewissen Einfluß aus die monopolistische Gewalt de» Kohleosyndirats, einmal im Interesse der Eisenbahnen und der Marine und zweiten» im Interesse der Allgemeinheit, «rbalten müsse. Alle Redner sprachen sich sympathisch über den Entwurf au». Sodann wird die Berathung de» Justiz- et a t» fortgesetzt. Die Debatte über den Juftizetat ergab keine bemerkens- wertheu Momente. Allgemein anerkannt wurde die Hilssbedürstig- krit der Kanzlisten und Kanzleigehilfen. Dann wurden die Mängel der GerichtSvollziehrrordnung besprochen und die in der vorliegenden Denkschrift enthaltene Statistik über ihre bisherige Wirkung für unvollständig ecklärt. Nachdem noch die Nothwendigkeit einer ver mehrten Seelsorge in den Gefängnissen betont worden war, um die große Zahl der rückfälligen Verbrecher zu vermindern, ver tagte da» Haus die Weiterberathung aus morgen. Auf der Tages ordnung steht außerdem da» Budget de» Ministerium» des Innern. NationaWeraler Verein. Der Religions-Antrag des Centrums und feine Bedeutung, insbesondere für Sachsen. In der an« Abend des 19. Februar im Saale des Ver eins für Volkswohl (Löhrstraßc 7) abgehaltenen Versamm lung des Nationallibcralen Vereins, zu der auch Gäste er schienen waren, hielt, wie schon mitgetheilt, Herr PfarrerKröber einen bedeutsamen Vortrag über den Religions-Antrag des Centrums und seine Bedeutung, insbesondere für Sachsen. Der Antrag, als sogenannter „Tolcranz"-Antrag bekannt, ist in seiner ersten Hälfte von der Commission bereits in -er vorigen Session des Reichs tages angenommen und jetzt von dem Cen trum wieder cingebracht worden. Die Tole ranzpflicht wird heute in Deutschland von Jeder mann anerkannt — mit Ausnahme der Antragsteller. Dazu braucht man nicht erst an die Märtyrcrgeschichte der Gegenreformation zu erinnern, auch im 20. Jahrhundert führen uns noch Friedhofs-, Proccssions- u. s. w. Skan dale diese Toleranz vor die Augen. Zwar redet man aus Klughettsrücksichten, wenn man nicht anders kann, von Toleranz, in politischem Sinne, von einer „Anerkennung der staatliche» Berechtigung aller Confessionen, ohne welche das deutsche Reich nicht bestehen könne" (Lieber) — aber Sigl hatte Recht, auch gegen einen „Toleranzs-An trag in diesem Sinne als im Widerspruch mit der Kirche stehend zu polcmisiren. Der Religions-Antrag des Cen trums hat zwei Theile und handelt: 1) von der Religonsfreihcitder einzeln en Reichsangchvrigen, § 1—4. Interessant ist, daß 8 3 fast wörtlich sich mit einem der seiner Zeit von dem Ccntrum bekämpften Maigcsetzc (1873) deckt. 8 2 stellt in bedenklicher Weise die Kindercrziehung in gemischten Ehen auf lediglich mündliche Verabredung, — die nach bekannter Moral leicht andere Auslegung finden kann, 8 1, der jedem Reichsangehörigen volle Freiheit der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften und zu häuslicher und öffent licher Rcligionsübung wahren will, scheint harmlos, ja ist wortgetreu der preußischen Verfassung entnommen. Aber Bismarck wußte, warum er ihn trotzdem nicht in die Reichsverfassung herübernahm. Es lassen sich hier alle maßlosen Dinge bei Processioncn u. s. w. mit einem Scheine des Rechtes umgeben, — staatliche Controle grund sätzlich ausschlicßend. Ein allgemeiner Rcchtsgrundsatz wird hier proclamirt, aus welchem alle Forderungen sich ablciten lassen. Fortwährende Beunruhigung der Gesetz gebung, das ist die Gefahr, wie wir cs in Preußen sehen. Nicht blos die Rechtsgrundlage, 2) auch das Recht selber wird vom Ccntrum gefordert im zweiten Theile des Antrages, der von derFrciheit derReligionsgemeinschaften handelt. 8 5: ein Recht, meinem Bundesstaate anerkannt, steht innerhalb des Reiches allen öffentlichen Culten zu, — also wir- das Rcichsrccht in die Hände auch des kleinsten Bundesstaates gelegt. Von den weiteren Paragraphen sei noch hervor gehoben die Gefahr der Zulassung auswärtiger Religions diener (Franzosen im Elsaß, Polen im Osten), — der ver hetzende Charakter der Missionen» öffentlicher Vorträge, die ohne jede Schranke abgchalten werben können, — die Zulassung der Jesuiten und anderer Orden. Man muthet -em Staate zu: gieb mir alle Rechte, darnach ich Lust habe, aber kümmere dich nicht darum, wie ich sie gebrauche, frage nicht nach Gegenleistungen. Zahlen darf -er Staat, schützen, den Büttel machen, aber nicht sich sichern, daß die Machtmittel der Kirche nicht zu staatsfeindlichen Zwecken mißbraucht werden. Wir Evangelischen protestiren auch gegen staatliche Hebelgriffe, aber die Kirchenhoheit des Staates ist uns ein reformatorisches Erbe. Der Antrag ist der katholischen Weltkirchc so auf den Leib geschnitten, daß er nur ihr nützt, — den Schaden hat die evangelische Kirche zu tragen, also diejenige Gemeinschaft, die das staatliche Wesen stützt. Das darf nicht vergessen werden. Für den Antrag hat das Centrum drei Motive ange geben. 1) Beseitigung -es Staatskirchenthums. Aber eS soll vielmehr die Kirchenhoheit der Einzelstaaten beseitigt werden. 2) Man habe angeblich aus den Religions kämpfen der Vergangenheit gelernt und erkenne die staat liche Berechtigung aller Confessionen als eine Vorbe dingung für die friedliche Entwickelung des deutschen Reiches. Aber: wie sieht es mit der Toleranz der römischen Kirche anderswo aus? Wo man in Minorität ist, ver langt man Toleranz nach protestantischen Grundsätzen, — wo man die Majorität hat, verweigert man sie. All' diesen Versicherungen kann kein Vertrauen geschenkt werden. 3) Als praktisches Motiv wird angegeben die angebliche intolerante Behandlung der Katholiken in einigen deutschen Bundesstaate». Dem gegenüber ist zu sagen: «. ein großer Theil dieser Vorwürfe ist ohne Berechtigung, b. das Reich ist in der Sache nicht zuständig. "M^'Lukoll Sie Irems „Lcbrsib-dlasLiüov" H- atme vorher cki« geprüft ru kabeo! ie eiorige Hascdioe wit sichtbarer Lchrüt uock grosseo u. Ickeioeo Luetuüadeohasteu. Xack kLldstüoäiger Lrlliiroog schreibt .leckerwaou vi« mit cker kecker! Llasckiosu rur krobs. - Oo. Oeotral«: vsrll« , I-elprixer Str. 126. Schnupfenither Fariaau! (Reu). m IiIüiÄlnll lr« L ImmiM limW» (virsetor: H »r. veeorgt «II» 8eeht«g«ed»kto in ckso Verewigten 8ta»ten; Lrd- »etuckteo, Lushvott« kür solche, Sekulckforckervogev, Lrmittelungev io kaoüoiloo. uock ?»teut-^ug' lexevdeiten. Daß dem Anträge die verfassungsmäßige Selbst^ ständigkcit der Bundesstaaten entgegenstche, hat schon Reichskanzler von Bülow hervorgehoben. Redner kriti- sirt -ie gegenthcilige Ansicht der Toleranzcommission. Den Regierungen der Bundesstaaten muß der Rücken gestärkt werden, daß sie sich nicht willig machen lassen, eine Zu ständigkeit des Reiches hcrbeizuführen. Es hat auch jede deutsche Kirche ihre Individualität; auf keinem Gebiete widerstrebt das Volksleben so sehr der Uniformirung, als auf dem kirchlichen. Was ferner die Borwürfe anlangt, so ist ein großer Theil gegen Sachsen gerichtet, z. B. gegen das Placct, das fordert, daß kirchliche Verordnungen, die in staatliche Rechte cingreifcn, der staatlichen Genehmigung unterliegen. Das ist aber doch eigentlich selbstverständ lich, — und wir Evangelischen haben nicht blos diese, sondern auch i n n e r kirchliche Verordnungen der staat lichen Genehmigung zu unterbreiten, haben also nicht die Bewegungsfreiheit in Sachsen, wie sie die katholische Kirche hat! In Bayern legt das Placet der katholischen Kirche viel strengere Forderungen auf, als in Sachsen. In der Ordcnsfragc marschirt Sachsen seit 1831 an der Spitze der Cultur; auch in ganz katholischen Ländern sieht man, daß die Rücksicht auf -ie Cultur die Ausschließung der Orden fordert, durch -ie z. B. Spanien ruinirt ist. In Sachsens Geschichte haben die Orden eine unheilvolle Rolle gespielt. Es ist also nicht Intoleranz, sondern Selbsterhaltung, wenn man Jenen die Pforten nicht öffnete. Was ferner die angeblichen Hindernisse der freien Religionsübnng in Sachsen anbelangt, so ist es keineswegs unerhört, wenn, wie in allen anderen Staaten, auch hier freie öffent liche Rcligionsübung nur für die öffentlich aufgenom- mcncn, privilcgirten Religionsgemeinschaften vorgesehen ist, — die andern aber Genehmigung cinholen müssen, die ertheilt wird, wenn cs die Rücksicht auf öffentliche Ord nung u. s. w. gestattet. In eingehender Weise entkräftete der Vortragende die Einzelvorwürfe, die der Centrums- ubgeordnctc Pichler vvrgebracht hat. Die Rcichsregicrung ist wohl mit Anregung zur Abänderung der kirchlichen Gesetzgebung an Braunschweig und Mecklenburg herau- gctrctcn, an Sachsen nicht. Man ist da doch wohl der An sicht, daß es dessen bei uns nicht bedarf. — Mögen die deutschen Einzelstaaten ihr Recht wahren, das Volk aber die Regierungen stärken, daß man nicht in der Toleranz so weit geht, dem Gegner die Laufgräben zur Ccrnirung der eigenen Stellung bauen zu helfen. vriucipüs obsta! Oaveaot coo8ui68 ne quick r68 publica ckotrimeuti capiat. Rauschender Beifall bezeugte dem Redner den Dank der Versammelten, dem noch der Vorsitzende, vr. Gcn - sel, ausdrücklich Worte verlieh. In der Debatte sprach Reichsgerichtsrath vr. Stenglein eingehend darüber, wie die Gefahr viel näher liege, als man glaube. Es sei juristischer Grundsatz: Landesrecht weicht dem Reichsgesctz. Es sei aber nicht einmal eine Abänderung der Verfassung nöthig, sondern, wenn ein neues Reichs gesetz zu Stande kommt, welches nicht ganz convcnirt mit der Compctcnz in der Reichsverfassung, so sei eo ipso die Reichsvcrfassung abgeändcrt. Die Hauptgefahr sieht Redner in der Bestimmung der freien öffentlichen Reli- gionsübung ohne Beschränkung die Folge der Annahme für Leipzig z. B. schildert er in drastischen Farben. In der weiteren Debatte, an der sich außer dem Referenten v. Kröbcr und dem Vorsitzenden vr. Genscl die Herren vr. Löbner, vr. Stephan u. A. bctheiligten, kam cs in Folge einer Anregung seitens des Herrn vr. Löbner zu einer einstimmig angenommenen Resolution: Der Vorstand des nationallibcralen Vereins wird ermächtigt, zu erwägen, ob und in welcher Weise dem heutigen Abend eine Folge gegeben werden soll durch eine Erklärung gegenüber Landtag, Reichstag, Negierung oder Bundes rath, damit so auch auf die weitere Oeffcntlichkeit eingc- wirkt werden könne. Es ist zu wünschen und zu hoffe», daß die Anregungen, die der klare und vorzügliche Vor trag gab, nicht ohne weitere Frucht bleiben. v. Verein für Innere Mission. In der zweiten Passionsandacht, die am Mittwoch im großen Saale des Evangelischen Vereinshauses stattfand, sprach vor zahl reich versammelter Zuhörerschaft k. Ino. Wolf über die Passions frage: „Vcrröthst Du des Menschen Sohn mit einem Kuß?" — Der Verrath spielt leider im heutigen Leben eine noch größere Rolle, als in dem Drama von Golgatha, wo der Herr von einem seiner Jünger durch «iuen Kuß, das Zeichen der innigsten Gemeinschaft, verrathen wurde. Viele Menschen halten sich für viel zu gläubig, als daß sie einen solchen Verrath an dem Herrn- be- gehen könnten. In der jetzigen Zeit kann Jesus auch nicht mehr in der Weise verrathen werden, wie es durch JudaS ge- schab; denn er sitzt zur Rechten seines Vaters. Wohl aber kann man sein Werk den Feinden ousliefern. Zur Zeit der Christenversolgungen gab es Viele, die den Herrn verließen, um Leib und Leben, Hab und Gut zu erhalten. Verrath an Christus begehen auch Die, welche ihren Glauben verleugnen um irdischer Bortheile willen. Aber noch auf andere Weise kann man Christum verrathen, nämlich dadurch, daß man gegen sein Gewissen handelt. Verrath an Christus im wetteren Sinne würde sein, wenn man sein Vaterland oder seinen König verrath. ES ist eine Unsitte vieler Deutscher, daß sie im fremden Lande Deutsch land, deutsche Sprache und Sitte verleugnen. Wie ist es nur möglich, daß ein Jünger aus der nächsten Umgebung des Herrn ihn verrathen konnte? Die heilige Schrift zeigt uns als Ursache den Geiz. Doch nicht die Habsucht allein hat Judas bestimmt, den Herrn zu verratheu. Wir müssen seine Unthat als ein Glied in der Kette der Kämpfe ansehen, die zwischen Gott uud Satan heute noch stattfiaden. Auch Christus Hot diese» Moment vorher in Betracht gezogen. Er sagte: „ES muß also geschehen, doch wehe dem Menschen, durch den es geschieht!" Jeder, der sich solcher That für unfähig hält, soll ich sagen, daß wir ave den Verräther in uns haben. Wir müssen uns hüten, ihm auch nur einen Finger zu geben. Der Satan hat dann Judas auch noch verrathen, so daß er in Verzweiflung gerieth und ein Ende nahm mit Schrecken. Wer immer io Gefahr steht, ein Judas zu werden, der braucht darum noch nicht zu verzweifeln. Denn der Herr setzte in jener Nacht, da er verrathen ward, das Mahl der Versöhnung ein, durch welches wir Vergebung selbst der schwersten Schuld erlangen können. Wenn unS der Herr dereinst fragen wird: „Hast Dn mich niemals verrathen?" — wohl unS dann, wenn wir treu erfunden werden! — Am 5. März Abends '/,9 Uhr spricht in der dritten Passionsandacht Les Verein-Hauses Vereinsgeistlicher k. Iacobi über die Frage: „WaS schlägst Du mich?" naoots mau ill einer ImvLeobeilaostait ckiessaixeo katieoteo, rveleke voebeoiaog; Lcuossco, souckeru statt dessen wit eroLbrt vurckeo, uock deren kstiockeo sied iatolxeckvsseo erbediick besserte. Oedrauebs-^lnveiruox iw kacket, kreis Lk. 0.60,1.40,2.70 p. kack. )(A7NLli8Mli.cg nllviUe.lnicl.einunu. Feso/tt/err emp/ö^/ea.- ck/t St/ f/ssrHen
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