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Unter!)altungs- und Intelligenz-Blatt. 1?. Stück. XIX. Zahrg. Sonnabends, den 23. April 1831. O e r t l L ch e s. ie Verschlechterung unserer Straßenjugend ist in einer unbeschreiblichen Progression begriffen. — Davon nur zwey Beispiele aus den jetzigen Tagen. Nach den Pferden vor einer in der Meißner Vorstadt einpassirenden Kutsche warfen dort ver sammelte Kinder von sechs bis neun Jahren mit Steinen. Der Kutscher drohte ihnen mit der Peit sche, und die Folge war, daß jene nun nach ihm und der Kutsche Steine warfen. Nach den Fenstern einer Unterstube schleuderte ein Bube von sieben bis acht Jahren einen in das schmuzige Gerinne getauchten Pferdewedel. Die Bewohnerin des Zimmers untersagte ihm dies ganz gelassen, und der Junge brach in die nie drigsten Schimpfreden gegen sie aus. Solche Züge weiset hier jede Stunde auf, und unsere Stadt kann bey Nachbarn und Durchrei senden nicht im besten Lichte erscheinen, weil — eine zuchtlose Gassenjugend es so will. — Sie wird aber in andern Städten im Zaume gehalten. Sollte es nicht auch hier möglich seyn? — x. - Vermischtes. Wer die Mai-Rüben vor den Erdflohen schützen will , säe immer etwas Lattig-Saamen darunter, der den Flöben allen Appetit verdirbt. (Landw. Zeit.) Den 5. April wurde der neuerwählte Magistrat von Leipzig feierlich eingewiesen. Am 10. April brannten in dem bayerischen Markt flecken Zell bei Münchberg 35 Wohnhäuser und fast eben so viel Nebengebäude ab. Es ist der annehmliche Vorschlag gethan worden, daß der Kaiser von Rußland, bevor Polen das Land der Wittwen und Waisen geworden, die polnische Krone an seinen Schwestersvlm, den Herzog Peter von Oldenburg, abtrete ; die Polen hätten nunmehr bewiesen, daß sie werth sind, ein Vaterland zu haben. Dagegen soll Rußland mit Hülfe der Polen so schnell als möglich die Türken aus Europa jagen. Mit dem auf den Flügeln des östreichischen Adlers wiederkehrenden neuen Frühling in Modena kriecht auch alles Geschmeiß wieder lebenslustig und hoff nungsvoll aus seinen Löchern. Die Jesuiten finden sich in Schaaren wieder ein und legen sich ins alte noch warme Bett. (Matth. 12,45.) Die vornehmsten und neuesten niederländischen Zeitungen streiten sich ernstlich darüber, ob es gut sey, daß der Prinz Leopold von Sachsen-Coburg, wie Frankreich und England wünsche, den belgischen Thron einnehme; er soll als Mitgabe eine Frau, eine französische Prinzessin, und eine Parthie Schulden erhalten. Das Hauptblatt, der Curier, ist sehr für die Sache. Man lernt wenigstens daraus, daß der sonst verehrliche, aber nicht angenehme Thron vaeant ist, und daß der bisherige vermeintliche Inhaber nicht mehr wie sonst in der Wolle, sondern in der Dinte sitzt» Die Revolution hat, wie die Franzosen prophezeiht haben, wirklich ihre Freiheitsmütze über die große chinesische Mauer hinübergeworfen. Nach der neuesten Zeitung von Kanton sind in mehrern Theilen von China Empörungen ausgebrochen. Der Aufruhr in der Türkei hat furchtbar schnell um sich gegriffen. Ganz Albanien, Bosnien und ein Theil Makedoniens sind in Empörung. Die rebelli schen Paschas rücken bereits auf Constantinopel los, sie wollen die Janitscharen und die alte Ordnung wieder eingeführt haben und wahrscheinlich den Sultan selbst absetzen. Der Aufstand scheint einer der blutigsten und gefährlichsten zu werden, die je in der Türkei waren. Unter den Eingaben beim Landtag in München befand sich auch eine, worin darauf angetragen wurde, das Herausstrecken der Zunge, als Zeichen der Ver spottung , abzuschaffen.