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roßenhayner UnterlMungs- und Intelligenz-Blatt. —— . .. — , ' , , 17 49. Stück. XVH.Jahrg. Sonnabends, den 5. Decbr. 1829. . ! «»' »I u — n^-.. . , - , -Blicke rn da s Inn ere d er T ü r k e i. (Beschluß.) k«V re Demoralisation der vermögenden hohem Stände ist eine andere Ursache der Zerrüttung des ottoma- nischen Reichs. Die meisten jungen und reichen Türken verschwenden ihr Erbe in Ausschweifungen jeder Art; sie bleiben Wochen, ost Monate lang in Bordellen, von denen es in der Hauptstadt wimmelt, und die , da sie starke Abgaben zahlen, unter dem besonders Schutz der Regierung stehen. Sie haben alle Bedürfnisse des Luxus und alle Gebräuche der Barbarei. Für ihre Tafel verschwen den sie beinahe st viel, als irgend ein Prälat; ihr Mittagsmahl - muß wenigstens aus zwanzig verschiedenen Schüsseln bestehen. Auf ihren Anzug verwenden sie ebenfalls viel. Der Anzug der musel männischen Stutzer ist schon an und "für sich viel kostbarer, als jener unserer abendländischen Zier bengel. Ein einziger Kaschenm-Shaw , den der Turhan-Dandy als Gürtel um seine Hüsten schlingt, Mrrde die ganze Garderobe seines schwarzhütigen Kollegen zu London oder Paris drei- oder viermal bezahlen. Uibrigens erblickt man nicht die geringste Reinlichkeit neben dieser maßlosen Verschwendung. Sie zerreißen das Fleisch mit dm Fingern, und stopfen es sich mit fetttriefenden Händen in den Mund. Zu dem Allen kommt mm noch das große Elend des Volks; denn obgleich die muselmännische Bevölkerung besser behandelt wird, als die christ lichen oder jüdischen Unterthanen der? Pforte - ist ihre Lage doch keineswegs beneidenswerth. Die Landbewohner müssen den Zehnten zahlen. Von den Kaufleuten bezieht die Mauth beträchtliche Ab gaben. Künstler und Handwerker werden bald durch sogenannte freiwillige Beisteuern, bald durch will- kuhrliche Auflagen mancherlei Art gebrandschatzt. Außerdem gibt es noch bestimmte Taxen, wie die Salyunen und die Takialifen, die Jdiye oder die Beiramssteuer, der Namazaniye oder die Ramazan- Fastensteuer , die Geschenke an die verschiedenen Pascha's, die Abgabe an den Steigbügel Sr. Hoheit , die Abgabe zur Unterhaltung der Serails und der Lusthäuser des Sultans, die Abgabe für seine Stallungen, seine Küche, seine persönlichen Ausgaben rc. Viele andere Steuern werden noch unter der Bezeichnung von Äquivalenten erhoben nämlich: Äquivalent zur Erbauung der Kriegs schiffe , Äquivalent der zur Versorgung des He- rails und der Hauptstadt bestimmten Hammel, Ae- guivälent des Post- und Kurier-Dienstes des Sul tans und der Paschas ^Äquivalent zur Erbauung und Unterhaltung der Festungen u. s. w.— Alle diese willkührlich vertheilten Abgaben werden ge waltsam eingetrieben , und die unersättliche.Habgier der Beamten macht sie noch drückender; denn oft erpressen diese drei Mal so viel, als sie eigentlich sollten; und gerade, als wollte man das Volk aufs Aeußerste treiben, werden die Paschas in den Provinzen gewöhnlich alle sechs Monate verändert, wobei alsdann jeder das Recht hat, ein sogenann tes Willkommen-Geschenk, oder den Kuduwn/e zu fordern. Nach dieser oberflächlichen Andeutung kann man sich denken, welches der Zustand selbst der musel männischen Bevölkerung in Europa und in Asien seyn muß. Darum auch wird es den Pascha's oder andern Rädelsführern so leicht, sich einen Anhang gegen die Regierung zu Konstantinopel zu ver schaffen. Was "kann unter solchen Umständen aus der Türkei werden? Gott weiß es. Hoffen wir wenigstens, daß die Zeit auch kommen wird, wo dies unglückliche Land einer bessern Zukunft