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Blicke in das Innere der Türkei. (Fortsetzung.) ie Leibärzte des Sultans selbst machen keine Ausnahme von der allgemeinen Regel; sie sind die allerunverständigsten - unverschämtesten und albernsten Marktschreier, die man sich denken kann. Um ihre Unwissenheit wenigstens einigermaßen zu bemänteln, gesellen sie sich als Gehilfen griechische oder fränkische Aerzte bei , die sodann für jede mißlungene Kur büßen müssen. Nicht selten neh men diese Leibärzte den lebhaftesten Antheil cm den Staatsangelegenheiten. Der jetzt regierende Sultan unternahm lange nichts, wann er nicht seinen Arzt Massud Efendi deshalb zu Rathe ge zogen ; als er aber den Tod der Sultanin Mut ter nicht verhindern konnte , wurde er aller seiner Würden und Güter beraubt, und aus dem Serail vertrieben. Er, nahm sich diese Ungnade so sehr zu Herzen , daß er bald aus Gram starb. Es geschieht auch , sehr ost, daß die fremden Aerzte im" Serail von dem neuen Sultan beschuldigt werden, ver sucht zu haben, ihn zü vergiften, als er noch vermuthlicher Thronerbe war, wonach sie ohne Weiteres umgebracht werden. Auf ähnliche Weise, und seiner Borgänger in Allem vollkommen wür dig , wenn er sie nicht in Vielem übertraf, benahm sich guch der jetzt regierende Monarch gegen den unglücklichen Lorenzo von Pisa, bloß weil er ver- muthete, daß sein Kruder, der Sultan Musta pha IV., den Gedanken gehabt haben könne ^die ses Europäers sich zu bedienen, um ihn bei Seite zu schaffen. —- Die Ulemas führen in ihrer Jugend ein höchst ausschweifendes Leben ; Müssiggang und Wohlleben erzeugen bei ihnen Laster, die bei uns mit schweren Strafen belegt ftyn würden , und die sich unsere Feder selbst näher anzudeuten weigert. Man darf sich also nicht eben wundern, daß sie in einem hohem Alter die abgehärtetsten Bösewichte sind. Lug, Trug und brutale Gewalt sind die Mittel, durch welche sie alle ihre Zwecke zu errei chen suchen. Von Jugend an von Speichelleckern, Heuchlern und Schurken umgeben, bilden sie sich ein, aus einem vorzüglichem Stoffe geformt zu seyn, als ihre Nebenmenschen. Eine natürliche Folge davon ist, daß ihre Eitelkeit und ihr Ehr geiz keine Schranken kennen. Mit ihrem priesterli chen Gewände glauben sie das Recht erlangt zu haben, sich in alle Angelegenheiten der Familien und des Staats zu wischen. Sie haben eine so große Neigung zur Jntrigue-, daß sie Theil an allen Cowplotten nehmen; — nie ereignete sich M JanitscharenauM , der nicht ihr Werk gewesen wäre; nie wurde ein Sultan abgesetzt oder ermor det , ohne daß sie die Hauptmheber eines solchen Ereignisses gewesen wären. Bald sind sie die Krea turen eines Gwßveziers, bald ist dieser die ihkige. Ihre Geschichte wimmelt von Grauelscenen, und dennoch steht diese Verbrecherkaste bei dem thierisW dummen Volke in hoher Achtung. Nach allem Vorhergesagten hat man bereits ersehen, daß die türkische Geistlichkeit sich in zwei besondere Classen theilt, von denen die eine den öffentlichen Gottes dienst besorgt, während die andere sich mit der Gerechtigkeitspflege beschäftigt. Aber das ist noch nicht alles. Dis türkische Regierung bietet ein son derbares Gemisch von Theokratie und Mllitair- Despotismus dar. Der muselmännische Gesetzgeber suchte Alles in seinem Koran zu begreifen, moch-" ten es nun bürgerliche, politische" und religiöse Institutionen, oder Privat- und Kriminalrecht, oder Glaubensvorschriftm seyn. Alles wird als der durch dm Mund des Propheten verkündete MM Gottes dargestellt. — « Alles Eigenthum, sagt Dsman in seinen Gesetzen, gehört den: Sultan'.