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I Großen Hayner i unterhaltungs- und Intelligenz-Blatt. r I ! 26. Stück. XVI.Iahrg. ' j Sonnabends, den 28. Juni 1828. , I Die Dienstboten in Berlin. Z!)ie Kultur steigt in Berlin von Tag zu Tag. Besonders stehen die Dienstboten auf einer hohen - Stufe. Die Herrschaften wetteifern in Humanität/ , ! um noch vor der Mitte des 19. das 20. Jahrhun- l dort herbeizuführen. Es ist unglaublich, wie viel l ! hierin schon gethan ist. An die Selle mündlicher ' ! Kontrakte bei der Miethung der Dienstboten, oder ' vielmehr der e Konditionirenden », ist eine liebens würdige humane Observanz getreten. Die « Mamsell für die Küche » meldet sich / und ' ! eröffnet der Dame des Hauses, daß sie gesonnen ' ! fty , sich für das Departement der Küchengeschäfte ' ! zu engagiren. Sie fordert 50 Rthlr. Lohn oder vielmehr «Salair», bedingt-sich Weihnachtsgelder und es beginnt folgendes Gespräch : Die Frau. Bei wem hast Du zuletzt gedient? Mädchen. Bei dem Staatsrath K.; aber erlau ben Sie, Frau Kriegsrathin, das sag' ich Ihnen von vorn , « Sie» müssen Sie mich nennen. Das « Du» ist aus der Mode, und «hör' Sie» läßt sich mit Recht keine Viehmagd mehr gefallen. Als Köchin hab ich Kochs Rang , und da gebührt mir der Ausdruck « Sie» als rechtmäßiger Titel. Frau. Nun, den Gefallen will ich Ihnen thun, wein Kind! Aber nehmen Sie sich der Wirthschast tüchtig an. Mädchen. Ja, doch unter der Bedingung, daß Sie mich nie wieder «mein Kind» nennen. Der Ausdruck gefällt mir nicht; er klingt gar zu unter würfig. Auf den Titel Mamsel will ich nicht gera dezu Anspruch machen, doch wäre es mir lieb, wenn Sie mich weder beim Vornamen, noch sonst, sondern blos: « hören Sie gefälligst» nennten, wie dies bei dem Obersten v. G. Sitte war, bei dem ich früher als Köchin engagirt zu seyn mich veranlaßt fand. Das war ein vortrefflicher Mann, der Oberst. Der wußte seine Leute zu schätzen. He, lieber Kammerdiener, pflegte er zu seinem Bedienten zu sagen, hätten Sie wohl die Güte, mir den Rock auszubürsten? Und zu mir sagte er: Meine Liebe, dürfte ich Sie damit belästigen, meiner Frau zu sagen, daß ich nicht zum Essen komme. Sehen Sie, Frau Kriegsräthin, das nennt man Humanität. Frau. Nun , .meine Liebe, eine solche Behand lung sotten Sie bei mir finden, und überdies alle 14 Tage Ihren Sonntag haben. Mädchen. Nein, das ist zu wenig. So oft Sonntag ist, muß ich frei seyn; überhaupt, so bald ich mein Essen fertig habe, darf ich gehen, wohin ich will. Frau. Das wird sich nicht machen. Wer soll denn die übrigen Wirthschaftsgeschäste besorgen? M. Das ist Ihre Sache. Wenn ich für die Küche engagirt bin, so brauche ich für weiter nichts zu sorgen, das hat mir neulich schon mein Referendarius gesagt, bei dem ich Termin hatte. F. Das ist nicht möglich. Wie soll ich denn zwei Mädchen bestreiten bei meines Mannes geringem Einkommen und den vielen Kindern? M. Das kümmert mich nicht. Aber ich sehe schon, mit uns wird es nichts. Gewiß können Sie mir auch keine Vorderstube geben für meine Er- hohlungsstunden und keinen Flügel, wenn ich das Kränzchen habe, das alle vier Wochen an mich kömmt, wie ich das doch alles bei Staatsraths hatte, und denn ist es erst recht gar nichts. F. Nein, das kann ich nicht. M. Nun, so seyn Sie versichert, daß keine Bedietterin bei Ihnen konditiomren wird, höchstens ein junges unerfahrnes Landmädchen aus Pom mern, das noch keine Bildung hat. Leben Sie wohl und denken Sie an mir. — (Beschluß folgt.)