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Ss XV. Zahrg Sonnabends, den 8. Docember 1827. Das neueste über Lady Esther Stanhope. Aus John Cürnus Reise im Orient. Bekannt ist die allgemeine Hochachtung, die diese Engländerin Lm Orient genießt, der Cadi in Wairut gab ihr den Rang unmittelbar nach hem Propheten und seinem Sultan. Der Pascha von Acre berücksichtigt ihre schriftlichen Verwendungen, auch der Lmftü-Emn Bushir, den sie zuweilen in M mmelucken-Lracht zu Pferde besucht hatte, sprach mit vieler Achtung von dieser v Königin des Orients.» Ein Schiffbruch hat sie nach Syrien geführt; das Land und sein Klima gefiel ihr. So lange sie noch in England lebte , war sie der Liebling Pitt's, ihres Oheims , und soll Einfluß auf seine Politik ausgeübt haben. Nach seinem Tode freilich wurde sie in England weniger verehrt, was wohl dazu beigetragen haben wag, ihre brannte Abnei gung Legen ihre LandsleuteW sich auch blswcüen in scharftr Satyre mit männlicher Beredsamkeit iiber die großen Herren in England ausspricht. Selten gelingt es einem Engländer, ihr vorgestellt zu werdeneiner, dM alter Türke und Freund der Lady eine Audienz ver schafft hatte, mußte zuvor den mammeluckrschen Turban aufsetzen. Am 41 Uhr Abends wurde er ihr in ihrem einsam auf dem Grund eines ehema ligen Klosters gelegenen Pallaste vorgestellt; er fand sie' auf einem Sofa ruhend in schönem tür kischen Gewände; ihrer; Kopf schmückte ein rother Shawl; ihr weites Oberkleid hielt ein schöner Gürtel zusammen; die Fußbedeckung waren Pan toffeln. Mit vielem Verstand urtheilte sie sicher den Krieg der beiden Pascha's^ von Acre und Damas- eusund weissagte zugleich den baldigen Unter gang des türkischen Reichs. Doch ließ sie ihm ein * - - Empfehlungsschreiben an den Pascha von Damai- cus zustellen, das ihm spater gute Dienste Leistete. Als im Feuer der Unterhaltung die Lady auf Englands Politik und ihren verehrten verstorbenen Ohcim kam, so mußte der Engländer ein Paar Stunden lang geduldig zuhörm. Die Nacht über, bis 5 Uhr Morgens, da sie sich zur Rube begiebt, liest oder schreibt sie gewöhnlich, denn sie nimmt an allen Weltereignissm in der Nähe und Ferne lebhaften Antheil. Ihr männlicher Geist wohnt auch in einem kraftvollen Körper. Als ihr eine Frau von Nervenstärke sprach, fragte sie diese scherzend: Haben denn auch Ihre 'Nerven, wie die weinigen, der brennenden Hitze und der Er- schöpung der menschlichen Natur widerstanden? Aus ihren Reisen in Arabien hatte sie einst ein Beduinen-HauM 15 Stunden Lang verfolgt und doch nicht erreichen "können. Nachdem der Streit zwischen ihren beduinischen Begleitern und' jenem Häuptling beigelegt war, traf einst die Lady den Scheck in der Wüste, ritt aus ihn zu, und fragte ihn im Tone einer Herrscherin : Wie köM- test du wagen, mich zu verfolgen, oder hoffen, mich gefangen zu nehmen? Der Araber antwor tete , er habe, weil sie eine vornehme Dame sey, auf ein starkes Lösegeld gehofft / und ihr schnelles Reiten sey ihm höchst unangenehm gewesen. Wahrend ihres Aufenthalts in Palmira gab sie den Beduinen ein Fest. Die Männer des dort ansässigen Stammes haben heitern Sinn u. feine Sitten! Der Tag. war schön, und die.Jugend beider Geschlechter saß in Rechen zwischen den Rumen. Die Lady in orientalischer Tracht wan delte unter ihnen Herum, unterhielt sich lebhaft mit ihnen, und keß Wem Men Piaster gebyr. Die Scene, mit allen Arabern um sie 'her, war i höchst malerisch, indem von dm HochbegeistMen