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Neuangekommene schon unten. Mitten in dem Dunste und den Halbschatten ist es nie möglich, sich ein bequemes Lager zu suchen, wofern nicht der Zufall den Ankömmling auf eine etwa wei. ehe Stelle führt. Darauf kommt es auch dem Aussen nicht viel an; wo er das Bedürfniß deS Schlafes fühlt, wirft er fich hin, und küm mert sich wtnig darum, ob er es sich bequemer machen könne. Neben dem Pförtner befindet sich ein Nationaltraiteur, bei dem ganz fertige Abendessen bereit stehen, alö Abschnitzel, lieber- bleibsel von Fleisch; Fischen, Oelpasteten und dergleichen Gerichten. Auf alles, sogar auf die kleinsten Bedürfnisse des Essenden, ist dabei Mücksicht genommen worden. Die Gerichte sknd nicht allein abgetheilt, sondern auch die Tissen liegen geschnitten da. Messer braucht «lan also nicht, und eia Spahn vertritt die Stelle der Gabel. Der Mangel an diesen In» Prumentcn hat das Gute, daß sie nicht zu Werkzeugen des Zankes können gebraucht wer- den, nicht daö friedliche Gebiet des Morpheus stören. Zu dem Ende werden auch beim Ein gänge die Ziepte und alle schneidende Instrumen te dem Pförtner übergeben. Bei der Rückgabe Mer dieser Werkzeuge fallen weder Irrthümer noch Zwistigkeiten vor. Jeder findet richtig daS ihm Zugehörige wieder, wenn fich auch der erfahrne Pförtner trügen sollte. Um 5 Uhr Morgens wird der Schlund ge öffnet; eine dicke Dunstsäuke, die ein Gemisch von allerhand Ausdünstungen ist, steigt lang sam daraus hervor, und selbst Guyton Mor- veau mit seinen wirksamen Mitteln würde schwerlich dahin gelangen/ hier einen Beweis von seiner Luftreinigung abznlegen. Taufend Gestalten, wovon die einen noch grotesker stad, als die andern, entwickeln .fich allmählig auS der Schattenwelt. Mit dem Traiteur deS vorigen Abends hat sich nun, wie beim Pro- teus, eine Verwandlung ztrgetragen; er er scheint in der Gestalt eines Shiten- (Getränk-) Händlers, und laßt dem Vorübergehenden den Dampf seines ungeheuer» Kessels in die Nase steigen; dabei stellt er ganz frische Brioche» zur Schau. Da die Schenken noch zugeschlossen sind, so findet seine Waare schnellen Absatz. Nun trennen sich die nächtlichen Gaste; jeder geht an seine Arbeit, und keiner hat sich nach dem Namen und dem Gewerbe desjenigen er kundigt, der ihm zur Seite geschnarcht hat. Das ist übrigens die Gewohnheit der Russen, sobald er sich niederlegt, laßt er kein Wort mehr von sich verlauten, und bricht das Still schweigen nicht eher, als bis er aufsteht. So wie in andern Dingen» legt er sich mit ganzer Seel« auf das, was er khun will. Dieß unterirdische Gewölbe ist meiner Mei nung nach eine vortreffliche Einrichtung für die Hauptstadt; sie ist sehr wohl erdacht und den Bedürfnissen der arbeitenden Klasse völlig an gemessen. Bette und Decken kennt und braucht der russische gemeine Mann nicht; alle Oerter sind ihm zum Schlafen gut, wofern fle nur ei- ne Menschenlänge haben. Knechte schlafen auf der ersten besten Bank, oder unter dem Tische auf der Erde. Oft, weyn ich vor den Säulen vorbeiging, die auf dem unterirdischen Gewölbe ruhen, kam mir hle Lust an, in hieß Schatttnreich einmal