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bert hatte, abzuweichen. Die Namen der sich widersetzenden Lehrer gaben nun Anlaß zu ver schiedenen Sekten - Benennungen, womit man dasselbe Volk bald als Henricianer, Pe- trobusianer, bald als Csperoniter be zeichnete. Aus Verachtung nannte man sie sowohl, als eine Räuberschaar in den Gebirgen von Coni und Tenda, Barbets*). Sie blie ben dabei, so wie die spatem Reformatoren, keine andere Regel ihres Glaubens, als das Evangelium, anzuerkennen , und beharrten in der Uiberzeugung, daß Alles, was zur Selig keit nöthig ist, darin klar und ohne Doppel sinn enthalten sey. Uiber Alles hingegen, was dunkel war und zu Streitigkeiten Anlaß geben konnte, giengen sie mit ehrfurchtsvollem Still schweigen hinweg. Ihre Kirchen hatten sich lange vor der Re formation beträchtlich ausgebreitet. Außer der piemontestschen Mutterkirche war noch eine große Anzahl anderer in der Lombardei, Apulien, Kalabrien rc. zerstreut, bis sie verfolgt und vernichtet wurden. 1560 starben die zwei Wal- denser-Prediger aus Kalabrien, Pascal und Nägrin, als Märtyrer in Rom. Nur die pie- montesische Mutterkirche erhielt sich durch die Connivenz der Herzoge von Savoyen, von de nen sie die freie Ausübung ihres ursprünglichen Gottesdienstes erfleht hatten. Aber auch hier drohte der Sturm. Nach einigen freundschaftlichen Einladungen des Herzogs, ihre Religion zu verändern, zu *) In der Piemontesischen Sprache bedeutet Darb« so viel als Onkel und wird zur Ehrfurchtsbezeich nung, so daß mau die Prediger Barben «annte. Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, wurde« sie , da sie dies abgclehnt, 1621 aus dem Marquisat Saluceö vertrieben. Sie zogen sich in die drei Thäler zurück, wo sie noch heute ihr Daseyn beschwerlich und kümmerlich fristen. Diese sind r) Luzern oder Pelis*), 2) Pe rugia oder Cluson*), und z) St. Mar tin oder Balsille, nach der festen Position gleiches Namens. Luzern ist das beträchtlichste, begrenzt in Westen von den Alpen und vom Thale Queyras in Dauphine getrennt, und be ginnt dort bei Col de la Croix. Längs seinem Flusse Pelis oder Police liegen die Gemeinden Bobi, Dillar, la Tour und St. Jean, so wie Rora, Angrogne und Parustin in den Seitenthälern. Im Thale Cluson sind die Gemeinden. St. Germain, Pramol, Pomaret und Pe rugia. Das linke Ufer dieses Thales am Cluson ward ihnen nach Widerrufung des Edikts von Nantes genommen. Das Thal St. Martin, vom Bache Ger- manasque gebildet, ist das bergigste von alleiy und begreift drei Kirchspiele in sich. Hier ist auch die berühmte Position Balsille. Endlich mußten sie 1686 auch diesen setzten Zufluchtsort verlassen und in die Fremde flüch ten. Das hatte der Einfluß Ludwigs XIV. auf ihren Landesherrn bewirkt. Ihre Besitzun gen wurden zum Besten des Staatsschatzes oder religiöser Stiftungei« verkauft, oder den Agen ten der Verfokglmgen, einigen Renegaten, gegeben. *) Zugleich die Namen ihrer Flüsse.