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18 Ab und zu zeigten sich in den nächsten Wochen, wo die Stadt von Preußen leer war, wieder kleinere Abthcilungen Oesterreicher. So erschien am 17. ein Husarenrittmeister mit einer Anzahl Husaren und verlangte 4 Wagen, um die „Möbel" sortzubringen, die, wie er behauptete, preußische Offiziere in ihren Quartieren zurückgelassen hätten. Das war jedoch nicht ver Fall. Daher forderte er die Hausmirthe vor sich und nahm schließlich den Stadtrichter vr. Packbusch und ferner aus den, Crusius'schen Hause den Informator, aus dem Herrmann'scheu einen Kaufmannsdiener und aus dem Berlep'schen einen Bedienten mit nach Schneeberg. Von dort wurden sie indeß alle am 20. unversehrt wieder entlassen. Inzwischen halte das preußische Korps des Prinzen Heinrich seine Aktion beendet. Anfang Juni kehrte es zurück. Als Vorhut kam am 5., am 3. Pftngst- feiertag, das Hessen-Kassel'sche Füselierregiment. Es ging sogleich nach Freiberg weiter. Am 7. traf zahlreiches Gepäck ein, dann kamen 3 Regimenter. Das Hülsen'sche und Bülow'sche bezogen in der Stadt, das Grabow'iche in den Vorstädten Quartier. In der Umgegend lagen andere Truppen, der Haupttheil aber bezog das alte Lager bei Zschopau. Das Hauptquartier kam nach Chemnitz. Prinz Heinrich wohnte im Herrmann'schen Hause. Die Truppen brachten bei ihrer Rückkehr „gewaltig viel Vieh mit aus dem Bambergischen." Die ganze Artillerie wurde hier auf dem Anger aufgefahren. Es waren 20 Stück zwölf- pfündige Kanonen und 26 andere große Kanonen nebst Pulver- und Munitions wagen, Pferden und Knechten und 3 Kompagnien Artilleristen. Alles stand auf dem Anger. Das Kommissariat, die Feldapotheken, bei der 200 Feldscherer waren, kamen in die Stadt, ebenso das Feldbäckeramt. Erstaunlich viel Mehl, Heu und Stroh wurde von Leipzig hergeschafft. Beim Schießhause wurden 8 eiserne Back öfen aufgebaut, wozu 6000 Mauerziegel geschafft werden mußten, und Zelte waren aufgeschlagen, worin der Teig und das Brot zurecht gemacht wurden. Das hier gebackene Brot wurde ins Lager bei Zschopau geschafft. Den 17. kamen mehrere Hundert Wagen mit Mehl beladen von Dresden und in einigen Tagen wieder 500 Wagen, „und wurde alles hier verbacken". Am 15. Juni verließ Prinz Heinrich die Stadt und nahm sein Quartier iu Dittersdorf auf dem Edelhofe. Ihn begleitete dahin das Hülsen'sche Regiment, an dessen Stelle sogleich das Zastrow'sche Füselierregiment unter Befehl des Generals Jtzenblitz trat. 4 Wochen stand es hier, dann kam dafür das Braun'sche Regiment. Auch dieses wurde im Juli durch andere Truppen ersetzt. So wechselte die Einquartierung, bis Mitte Juli sämnuliche Truppen abrückten, daß denn wieder einmal die Stadt von Soldaten völlig frei war. Das ivar der Fall bis Mitte August. In der nächsten Zeit waren dann fast „alle Wochen uno Tage Kommando hier, mehrentheils von der Reichsarmee, bald Kranke, bald Rekruten." Auch ein sächsischer Offizier stand hier aus Werbung und übernahm zugleich preußische Deserteure, die sächsische Landeskinder waren, um sie der sächsischen Armee zuzuführen. Chemnitz spürte eben wenig von der Ueberfluthung Sachsens durch eine gewaltige Reichsarmee, nachdem König Friedrich am 12. August durch Russen und Oesterreicher die furchtbare Nieder lage bei Kunnersdorf erlitten hatte. Die Reichsarmee richtete ihre Angriffe auf Leipzig, Torgau und Dresden. Doch in Eilmärschen rückte Friedrich herbei, das überfluthete Sachsen zu entsetzen. Mitte November traf er ein. Bald sollte Chemnitz seine Gegenwart empfindlicher als je fühlen. Am 11. November kam zunächst vom preußischen Kriegskommissariat der Befehl, daß Chemnitz Stadt und Amt 100 Stück Rindvieh, 300 Schafe, über 1000 Scheffel Korn, Gerste und Hafer und 10 000 6pfündige Brote für die preußische Armee bei Nossen zu liefern habe. Ein weiterer Befehl vertheilte hierauf die Lieferung auf die Hufen. Auf eine kamen 55 Pfund Brot und ebensoviel Mehl. Bereits waren einige Wagen mit dem Verlangten abgegangen, als am