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vereitelte Alles; dazu gesellte sich noch der Bruch mit Rußland , die Erscheinung der englischen Motte vor Konstantinopel und die Ungeschicklichkeit des türkischen Ministeriums. Auf einmal brach eine Janitscharen-Berschwörung aus. Der unglückliche Selim verlor zugleich Thron und Leben. Die von ihm gebildeten regelmäßigen Truppen wurden ver nichtet , ihre Kasernen geschleift, und der Groß vezier Mustapha und seine bulgarische Miliz erwürgt. Dieser Erfolg gab den Janitscharen ihre frühere Kühnheit und selbst einigermaßen ihren kriegerischen Geist wieder. — Es ist nicht dem mindesten Zwei- el unterworfen, daß sie den jetzt regierenden Kai er Mahmud II. langst beseitigt haben würden, wäre der einzige Thronerbe nach ihm nicht zu jung gewesen, um gekrönt zu werden und seinen Platz einnehmen zu können. Der Monarch, der ihre Absicht wohl kannte, beschloß, sie zu ver nichten. Der Erfolg ist bekannt. Die Morde sind zu Konstantinopel sehr Hausig, und der Sultan und seine Minister scheinen dazu durch ihr Beispiel selbst aufmuntertt zu wollen. Die Vorstadt Galata wird von ganzen Räuber horden , dem Abschauen aller Nationen, bewohnt, Und man duldet sie nicht allein, man beschützt sie sogar, um immer die Henker Hundertweis zu Gebot zu haben. Man stiehlt und mordet dort am Hel len Tage. Mit Ausnahme des Kirchenstaats und des glückseligen Spaniens gibt es vielleicht lkein Land auf der Erde, wo die Straßenräuber häufi ger And kühner sind, als in der Türkei. Wehe den Karavanen, die nicht zahlreich genug sind, oder nicht eine starke Bedeckung haben, um sich rnit Nachdruck vertheidigen zu können. Kaum vier Stunden von Konstantinopel ist ein Wald, der Haramis oder das Thal der Uibelthäter genannt wird. Diese Gegend ist höchst gefährlich; dennoch findet es der Sultan nicht für angemessen, selbst an den Thoren seiner Residenz sich Ruhe und Sicherheit zu verschaffen. Außer diesen Räubern von Haramis gibt es noch andere, die man Ba- taktschis oder Ersäufer nennt. Ihre Industrie besteht darin, sich mit Anbruch der Nacht auf leichten Fahrzeugen einzuschiffen, und E auf Alles Jagd zu machen, was sich in der Nähe der Hauptstadt, oder im Bosphor, ihrer Raubgier darbietet. Ihre Angriffe sind sehr ungestüm; sie ergreifen ihre Opfer , entkleiden und mißhandeln sie auf die scheußlichste Wesse und ersäufen sie sodann ohne Barmherzigkeit. Die gewaltsamen Einbrüche sind zu Konstantinopel sehr häufig; selbst die Moscheen, in welchen meistentheils sehr große Kostbarkeiten enthalten sind, welche der Abglaube des Volks dort niedergelegt, werden von ganzen Verbrecher banden überfallen und geplündert. Die Zahl der Diebe ist. so groß und ihre vereinte Macht ist so furchtbar, daß der Sultan, nach dem Beispiele des Papstes zu Rom, genöthigt ist, mit ihnen zu unterhandeln und gewissermaßen die Autorität ihres Oberhauptes anzuerkennen. Dieser hat den Titel Bodzeck oder Insekt. Ist irgendwo ein Diebstahl verübt worden, so muß man sich nicht etwa an die Gerechtigkeit wenden , sondern direkt an ihn, und geschieht dies zeitig genug, so darf man hof fen , das Entwendete gegen eine Entschädigung von 10 bis 20 Procent des Werths wieder zurück zu erhalten. (d. Beschluß folgt) Die letzte Pest in Sachsen fand 1713, und zwar im Gebirge statt. Sie war von Wien durch Schleichhändler eingebracht wor den , und die ersten Spuren zeigten sich bei Pobers hau. Von Dresden aus wurden strenge Maßregeln gegen die Lnficirten Ortschaften ergriffen und ein Cordon von 450 Mann Miliz nebst 70 Mann Reiterei errichtet. Ein v. Lehmann aus Marien berg ließ sich freiwillig mit in Pobershau einsper ren , um zu helfen. Von Dresden kamen Arzneien und ein Apotheker. — Um der Seuche sicher ein Ende zu machen, wurden die Häuser niedergebrant, alles Vieh Lodtgeschossen, die Einwohner aber an gewiesen, nackend in Badewannen zu eilen, dann neue, ihnen gereichte Kleidung anzuziehen und in dazu angewiesene Quarantaine-Häuser zu gehen, bis sie die ihnen neuerbauten Häuser beziehen konn ten. Seitdem ist die Pest nie wieder iu Sachsen erschienen. Vermischtes. Es heißt, die Bevollmächtigten des mitteldeut schen Handelsvereins hatten in Kassel eine Verlän gerung des Vertrags bis zum 1.1840 unterzeichnet. Auf dem Breslauer Wottmarkt waren am 11. Oct. etwas über 9000 Centner Wolle; die feinste einschürige kostete 75 Thaler. Die wohlfeilste zwei- schürige Winterwolle 32 , Sommerwolle 40 Thlr.; die wohlfeilste war die grobe einschürige aus der Gegend der Weichsel um 22 Thaler. In den Weinbergen am Rhein wird dieses Iaht