Volltext Seite (XML)
Nr. 12. Beiblatt zum „Chemnitzer General-Anzeiger" und znm „Sächsischen Laudvoten". 1900. SM Das Ideal. ^ Ddeal, in bangen Stunden Gb Dein Bild gewährt Versöhnung Zweifelnd ich Dich frug, Niit der Wirklichkeit, Ob Du heilen kannst die Wunden, Oder nur uns zur Verhöhnung Die das Leben schlug I Linen Spiegel leiht I Antwort fand ich darauf nimmer, Aber auch nicht Spott, Denn Du bliebst als Lügner immer Noch ein schöner Gott. Warum Professor Grvildmana keinen Schnupfen bekam. Professor Grundmann hat an der Univer sität am Vormittag Vorlesung zu halten. Da er noch eine halbe Stunde Zeit hat, kann er Ken Weg von seiner Wohnung gemächlich zu- rücklege». Kaum hat er einige Minuten sein Studirzimmer verlassen, so fängt es a» in Strömen zu reguen. Aber der Herr Professor ist unterwegs zu sehr in den Gang seines Vortrages verliest, um den niederprassclnden Regengüssen irgend welche Aufmerksamkeit zu schenken. Erst hundert Schritte vor dem Uni- versitätsgebäude wird er durch seinen durch weichte» Zhlinderhut, der ihm immer tiefer inS Gesicht herabsinkt, und durch die bis aus die Haut nässenden Regenschauer doch etwas aus dem Rachsinnen erweckt: „He da," ruft er einem Droschkensührrr zu, „nach der U»i- - versität." Der Roffelenker steckt schmunzelnd das leicht verdiente Fahrgeld in die Tasche und fährt den Herrn Professor bis an das kaum noch fünfzig Schritt entfernte Ziel. Die Vorlesung ist^ beendet und das Bei» faltsscharren der Studenten hat Grundmann sehr wohl gethan. Frohe Laune und der allerdings sehr bedeickliche Zustand seiner Kopf bedeckung veranlassen ihn, in einen Hutladen zu treten und einen neuen Zhlinderhut zu kaufen Wie wird sich die Frau Professor freuen, wenn er, mit dem eleganten Kleidung?-, stück versehen, wieder nach Hause kommt! E> nimmt den sorgfältig mit weißer Papierhülle versehenen Hut in die rechte Hand uud als er aus dem Laden tritt, grüßen ihn einige seiner Zuhörer. Er dankt mit dem nassen Hute und bedeckt, schon wieder in tiefes Nachdenken ver sunken, sein Haupt mit dem wohlverwahrte« Zylinder. Die Straßenjugend, von der seltenen Erscheinung lebhaft angezogen, begleitet den Herrn Professor frohlockend bis zu den Häusern der Vorstadt. Tort mahnt ihn wegen des wachsenden Auflaufs ein mitleidiger Polizei- beam er, die Kopfbedeckung in Ordnung zu bringen. Mit Entrüstung schleudert der Herr ! Professor den nassen Hut unter die nichts nutzigen Rangen. Seine frohe Laune ist ihm ^ etwas durch diesen Vorgang verdorben, auch fühlt er setzt mit größtem Unbehagen die nasse Kleidung auf dem fröstelnden Körper. La die Sonne mittlerweile wied.r hell scheint, will er sich durch einen Spaziergang erwärmen und kommt, wieder ins Grübeln versunken, a« eine Pappelallee, deren Bäume ihren Schatten auf die breite Straße tverfen. Ein wenig stutzt der kurzsichtige Profess.or, da er die Schatte» für querlaufende Gräben hält. Aber er weiß sich in Alles zu finden. Mit gewaltigen Sprünge» nimmt er die „Gräben" und kehrt schweißbe deckt, dafür aber auch ohne Schnupfen, znrüß nach den heimischen Penaten.