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Mblcnstr. 7l s _ 2- L Gesründer^ zs?3. ^ VS Unparteiisch-friedliches, harmlos-gemüthliches sächsisches Wochenblatt Die vier Lebensstufen. Wie schön ist doch des Lebens Morgen: Die Kindheit, wo noch unberührt Wir bleiben von des Lebens Sorgen, Wo uns der Elter» Hand «och führt; Wo kein Erinnern, Fürchten, Hoffen Dos Herz uns schneller schlagen macht. Wo «ns noch ganz der Himmel offen, Roch Alles um uns blüht und lacht. Die Zeit verrinnt, an unser Leben Hat Tag nm Tag sich angerciht Und nicht mehr wie seither so eben Bleibt unser Weg, das Ziel ist weit: Run denn, mit Kraft geregt die Schwinge», Die Zeit genützt, geschärft den Blick! Frisch auf! Frisch auf! Jetzt gilt's erringen Den hohen Preis: Der Zukunft Glück. Die Zeit flieht rascher und noch immer Blieb Manches^ was wir nah' gewähnt, Doch unerreicht; manch' Hoffnungsschimmer Verblich, nnd was wir sonst ersehnt, Verlor an Reiz. Doch was hienieden Beglückt nnd Werth dem Leben giebt, Ward uns zu Theil: Wir find zufrieden. Wir lieben und wir find geliebt. Wir steh « am Ziel, die Jahre stoffen Hinab in's dunkle Meer der Zeit; Bald ist für uns nicht mehr verschlossen Das Eingangsthor zur Ewigkeit. Wir schau » zurück, bevor geschieden: Was wir geschafft, erkämpft, erstrebt, Giebt nns Beruhigung nnd Frieden, „Es war nicht ganz umsonst gelebt." Merkwürdige Rad- und Thatsachen. Von allen Menschen auf der Welt sind die Radfahrer diejenigen, denen die merkwürdigsten Dinge passiren. Darüber läßt sich gar nicht streiten. Da ist z. B. mein Freund Willy, der eine kindliche Freude an allen Flüssigkeiten hat, in welche» der Alkohol in Mengen von mehr als 15 Prozent enthalten ist. Ich kaufte ihm sein Fulminant-Cycle ab, weil er sich partout eine „Kettenlose" einbildcte. Und was er sich ein- bildct, muß er haben. So ist er einmal. Und hinterher schimpft er über Alles. Ich steige also am nächsten Tag aus meinen Fulminant-Semi-Racer und fahre hinaus. Die Maschine geht ideal — schnell wie ein mit Butter beschmierter Gedanke. Ich fahre die schöne Lindenstraße hinaus an der Straße nach Waldenried — ich fahre? Nein! Ich fliege! Auf einmal — gerade vor der Wirthschast zum „gebrochenen Pedal" >— ist mir's, als risse wir eine Geisterhand die Lenkstange nach links. Ehe ich mich besinne, befinde ich mich dickt vor dem Wirthshause und habe gerade noch Zeit, aus dem Sattel zu springen. Ich steige kopfschüttelnd wieder auf und fahre weiter. Am nächsten Tage passirt mir die Sache gleich noch einmal. Und so fort, so oft ich die gleiche Straße fahre. Schließlich habe ich mir's gefallen lasten, denn man schenkt dort einen aus gezeichneten Sherry. Und das war auch der Grund des merkwürdigen Vorfalls, wie sich herausstellte. Der gute Sherry hatte meinen Freund Willy so oft in das Wirthshaus zum „gebrochenen Pedal" gezogen, daß sein Rad schließlich wie ein altes Postpferd, das auch die Wirthshäuser kennt, immer von selber ein- kehrte! Ich hab's ihm auch nicht abgcwöhnen können. Der Sherry war zu gut. „Jawohl", sagte Dick, dem ich die Ge schichte erzählte, »man darf ein gutes Rad nicht für ein ganz todtes, indifferentes Ding ansehen. Und weil wir gerade vom Alkohol reden, wißt Ihr, was mir neulich passirt ist? Ich rüste mich zu einer Tour, und da ich eine heiße, lange Fahrt vor mir habe, öle ich vor her alle Gelenke meines Rades tüchtig ein. Kaum bin ich im Sattel, bemerke ich schon, daß es mit der Balance sehr schlecht bestellt ist. Das Rad macht die bedenklichsten Schlangenlinien, legt sich auf die Seite — und — weiß Gott — es steigt sogar in die Höhe, wie das Bockpferd eines Cowboy bei Buffalo Bill. Ich steige ab, untersuche die Führung — Alles in Ordnung! Ich steige wieder auf — das gleiche Spiel. Sollte ich ... ? Ich sehe auf die Uhr: Sieben Uhr früh! Um diese Zeit bin ich immer nüchtern. Ich steige wieder auf, das Brest von einer Maschine schlägt eine Pace an, als möchte ich irgend eine Weltmeisterschaft erringen, es geht über Stock und Stein, über Schotter und Aegenpfützen und zuletzt lande ich in einem Graben, mit dem Kopf zuerst. Wie ich mich über das Rad beuge, um zu sehen, ob es nicht kaput gegangen, steigt mir ein penetranter Fuselgeruch entgegen. Ein Gedanke kommt mir: ich schraube mein Oelkännchen auf. Richtig! Ich habe statt des Klauenöls in der Schlaftrunkenheit heute Spiritus in'S leere Oelkännchen gegossen und hiermit die Maschine geschmiert. — Mein Rad ist einfach betrunken!" Als Dick fertig war, erzählte Hans eine Geschichte von einem Rad, das angesangen hatte» wie besessen zu klingeln, als ein schlechter Kerl es stehlen wollte, und gleich darauf Jonathan ein Abenteuer mit einem Rad, das von einem verdächtigen Köter in den Gummi gebissen, die HundSwuth bekommen halte. Und Freund Gabriels Rad hatte einmal schlappöhrig und traurig die sonst so flott nach oben gebogene Lenkstange hängen lassen, weil sein Herr angefangen hatte^eine andere Maschine öfter zu benützen. UnVHr. Smiths Fahrrad war dick geworden, weil er cs, bei guter Pflege und Oelung, ein volles Jahr nicht mehr gefahren hatte; der leichte Straßenrenner halte sich in eine schwere Tourcumaschine verwandelt und konnte nur durch einen an gestrengten Training seine ursprüngliche Gestalt wiedergewinnen. Tom wußte sogar von einer englischen Damenmaschine, die über und über roth wurde, als sie einen Rennfahrer mit nackten Beinen sah. Und Julius hatte einen Raccr, der so schnell war, daß er ihm Stce u fand in die Schmierlöcher schütte» mußte, um das wahnwitzige Tempo, bas die Maschine ging, auf ein einigermaßen vernünftiges Maß zu verlangsamen. „Wißt Ihr, wie ich meine Frau gesunde« habe?" sagte jetzt Max. „Unsere Näder habe« uns zusammengeführt. Ihr wißt: ich bin ein n!er, sicherer Fahrer und halte die Polizei- Forschriften strikte ein. Nun, vor zwei Jahre« ?ahrc ich eines Abends auf meiner neuen „Red-Star-Maschine" spaziercn, vorschrifts mäßig, auf der rechten Straßenseite. Und eben so vorschriftsmäßig kommt mir auf der andern Seite eine Dame entgegen. Mit einem Mal« geht es wie ein Zittern durch den Bau meines Rades, eS drängt unwiderstehlich nach links herüber und das Damenrad ihm ent gegen. Ein Stoß, ein Krach, zwei Schreie, die Dame und ich lagen auf dem Boden und die Maschinen desgleichen: ater diese Beiden halte« sich mit den Lenkstangen fest umschlungen. Als wir unS von unserm Schrecken erholt haben, sehen wir, die Dame und ich, daß unsere beiden Näder aus der gleichen Fabrik stammten. Ihres hatte di« Nr. 257,818 und meine» die Nummer 257,82V. Kein Zweifel! Mit unserer Karambolage hatten ganz offenbar zwei Liebende nach langer Trennung ein Wieder sehen geseiert. In d.r gemeinsamen Rührung über dir treue Liebe der beiden Räder fände« sich auch die Herzen ihrer Besitzer, ünd di« beiden Rüder stehen jetzt In einer Remise.»