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Großenhainer UnterlMmgs- L Anzcheblatt. Rmisölaü äer Römgf. Rmisflaupiiuann^ust, lies Rönigl RmisMcllis «>»1 lies Aiallira^s zu Orosmiluim. 74. Jahrgang Nr. 28 Sonnabend, den 8. März 1888 Inserate für die am Abend auszugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Vierteljährliches Abonnement: am Schalter t M., durch den Voten ins Haus l M. 25 Pf., durch die Post , M. 2b Pf., durch die Post ins Haus 1 M. 50 Pf. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Verantwort!. Redacteur: Herrmann Starke gen. Bekanntmachung. In Gemäßheit von §§ 12 und 18 des hiesigen Anlagenregulativs vom 23. No vember 1881 wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Abschätzung zur städtischen Anlage und die Aufstellung des Anlagencatasters für das Jahr 1886 erfolgt ist, sowie daß jedem Beitragspflichtigen eine besondere Notification des Betrags seiner Abschätzung und des zu leistenden Anlagenbeitrags zugestellt wird. Beitragspflichtige, welche eine solche Notification nicht erhalten haben sollten, werden aufgefordert, solche vor Ablauf der Reclamationsfrist in der Stadthauptkasse in Empfang zu nehmen. Reklamationen gegen die erfolgte Abschätzung sind bei Verlust rechtlicher Wirkung derselben bis längstens den 27. März L886 mündlich oder schriftlich bei uns anzubringen und ist dabei Name, Stand und Wohnung des Reclamanten, sowie der Grund, aus welchem die Reclamation erfolgt, genau anzugeben. Die Anlage soll in vier Theilzahlungen, als den 8. März, 1. Juni, 2. August und 1. November d. I. eingehoben werden und sind dieselben innerhalb der nächsten vier Wochen, von jedem Termine an gerechnet, pünktlich an die Stadthauptkasse zu entrichten. Großenhain, am 3. März 1886. Dxr Städträth. Vogel, Stdtr. Avmenausschußsitzung Montag de« 8. März a. e. Nachmittags 4 Uhr im Rathhause, 1. Etage; Eingang durch das Anmeldezimmer. Im Gasthofe zur „goldenen Krone", hier, kommen Dienstag den S. März 188k Vormittags 10 Uhr 2 Pferde, 1 Zweispänner-Lastwagen und 1 Einspänner-Brettwagen gegen Baarzahlung zur Versteigerung. Großenhain, am 1. März 1886. Der Gerichtsvollzieher. Höpfner. Aufgebot. Es wird zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß der Schmied Carl August Wilhelm Mauksch, wohnhaft zu Ortrand Lehns mühle, Sohn des Weber Carl Wilhelm Mauksch und seiner Ehefrau Johanne Rosine geb. Ander, beide zu Redeberg, und die Auguste Hermine Thomschke, wohnhaft zu Lehnsmühle, Tochter der unver ehelichten Johanne Christiane Thomschke zu Lehnsmühle, die Ehe mit einander eingehen wollen. Großkmehlen, den 3. März 1886. Der Standesbeamte. Alphons von Rothkirch. Pflasterstein-Lieferung betr. Die Anlieferung von SSO edm Pflaster»Kopfsteine«, I. Sorte, bis 1. Juni e. frei Baustelle Jrauwalde oder Bahnstation Ortrand, 4S2 edm desgleichen bis 1. August d. I. frei Baustelle Grostkmehlen oder Bahnstation Ortrand, 252 ebm desgleichen bis 1. September d. I. frei Baustelle Kleinkmehlen oder Bahnstation Ortrand, 52 ebm desgleichen bis 15. September d. I. frei Baustelle oder Bahn station Ortrand, 147 cbm desgleichen, Hl. Sorte, bis 1. September d. I. frei Bahnhof Ortrand oder frei Baustelle Klein- «nd Großkmehlen soll im Ganzen oder theilweise an den Mindestfordernden vergeben werden. Hierzu ist ein Termin auf Donnerstag, den II. März Vormittags 10 Uhr in unserm Geschäfts-Lokale hier anberaumt, zu welchem versiegelte und mit entsprechender Aufschrift versehene Offerten einzureichen sind. Liebenwerda, den 3. März 1886. Der Kreis-Ausschuß Mebenwerdaer Kreises. von Bredow. Ein demokratischer Staat in Europa. Wo die vielbewunderte Republik Frankreich liegt, weiß jedes Kind in Europa. Wo aber der ächte rechte demo kratische Musterstaat gelegen ist, wissen selbst aufmerksame Zeitungsleser nur oberflächlich. Er liegt recht kühl und geberdet sich doch sehr hitzig: Norwegen. Da sind die ganzen Segnungen der demokratischen Doctrin ausgestreut, aber, wie die M. A. Z. sehr zutreffend meint, es ist ein recht abschreckender Segen. Flüchtig haben auch wir der Kämpfe König Oscars gegen die eigensinnige Opposition und die Verurtheilung seiner Minister berührt. Aber die jetzige Lage ist so lehrreich und amüsant, daß wir ihr gern einigen Raum gönnen. Lxemplu cloeent. Der alte Erfahrungssatz, daß die parlamentarische Herrschaft oft unerträglicher als der königliche Absolutismus ist, hat in der Neuzeit nirgends so volle Bestätigung ge funden, wie eben in Norwegen. Das norwegische Volk lebte bis 1814 unter der absoluten Herrschaft des dänischen Königs nach den damaligen Begriffen glücklich und zufrieden. Da geschah es, daß ein dänischer Prinz, der zum nor wegischen Statthalter bestellt war, dem norwegischen Volk eine demokratische Verfassung verlieh, um das im Kieler Frieden an Schweden abgetretene Norwegen seiner Dynastie zu erhalten, das heißt, da er dänischer Erbprinz war, um Norwegen auf einem Umwege wieder an Dänemark zu bringen. Als dieser Plan in Folge des Widerspruches der Großmächte und der Waffenerfolge Schwedens scheiterte, war der damalige Kronprinz Bernadotte, der eigentliche! Regent Schwedens, kurzsichtig genug, die norwegische Mai- i Verfassung von 1814 im wesentlichen zu bestätigen und in - eine lose Personalunion Norwegens mit Schweden zu willigen. Das unter fremdheirlichem Absolutismus stehende norwegische Volk war über Nacht plötzlich zu staatlicher Selbstständigkeit und politischer Selbstherrschaft gelangt. Derartige Sprünge sind im Staatsleben stets von unheil voller Wirkung. Die politische Unreife der norwegischen Volksvertretung (Storthing) documentirte sich namentlich durch die fortdauernden Ministeranklagen während der ersten Jahrzehnte des Bestehens der Verfassung. Die besten im Eabinet sitzenden Männer des Landes wurden wegen der geringfügigsten Handlungen, lediglich weil sie, nach Ansicht der Majorität der Anklagekammer (OdelSthing) des Storthings, nicht streng dem Buchstaben der sehr unklaren und widerspruchsvollen, weil in Hast fertiggestellten Ver fassung entsprachen, vor das Reichsgericht gestellt. Sie wurden zwar meistens freigesprochen, weil man damals noch nicht gewohnt war, in das Lagthing (diejenige Ab- theilung des Storthings, welche im Verein mit dem Höchsten gericht des Landes das Reichsgericht bildet-, Parteimänner zu wählen, vielmehr der Stellung dieser ersten Kammer des Storthings entsprechend, derselben ausschließlich die intelligentesten und erfahrensten Mitglieder des Storthings zutheilte. In Norwegen wäre indeß trotz der demokratischen Verfassung auch noch nicht viel von einer demokratischen Partei zu spüren, wenn die ausschlaggebende bäuerliche Bevölkerung irgendwelche politische Bildung besäße, daß sie in politischen Dingen auf eigenen Füßen zu stehen vermöchte. Da dies vor zehn und zwanzig Jahren noch weniger der Fall war als jetzt, wurde sie ein willenloses Werkzeug in den Händen ehrgeiziger Politiker, die sich nach Minister- Portefeuilles sehnten, und als ihnen diese vorenthalten wurden, nützten sie die ihren Bestrebungen günstigen Ver fassungsbestimmungen zur gewaltsamen Entfernung der ihren Plänen Widerstand leistenden Ministerien aus. Die geradezu tendenziöse Art und Weise, wie die demokratische Storthings- Majorität nach der Wahl von 1882 das Lagthing mit ausgesprochenen Gegnern der Regierung besetzte, die zuvor schon im Storthing für die Ministeranklage gestimmt und dann als Richler im Reichsgericht in dieser Anklage Recht zu sprechen hatten, und wie alsdann das Ministerium Selmer durch den demokratischen Partei-Gerichtshof zur Amtsentsetzung und zu hohen Geldbußen verurtheilt und das demselben folgende Ministerium Schweigaard mit dem gleichen Schicksal bedroht wurde, so daß es freiwillig abtrat, ist noch in frischester Erinnerung auch unserer Leser. Dem friedliebenden König mag es schwer genug geworden sein, nunmehr Männer in seinen norwegischen Rath zu berufen, die ihm sein wichtigstes, bis dahin noch nie ernstlich in Zweifel gezogenes Kronrecht, das des absoluten Verfassungs- Veto's, abgesprochen hatten; aber ihm mag die sichere Erwartung ein Trost gewesen sein, daß das ans Ruder gelangte demokratische Regiment bald genug selbst abwirth- schaften und dadurch zugleich der künstlich emporgebrachten Demokratie in Norwegen den Garaus machen werde. In dieser Erwartung hat König Oscar sich schwerlich getäuscht. Das im Juni 1885 an die Regierung gelangte Demokraten-Regiment hat schon nach einem Jahre 10 pCt. seiner Anhänger eingebüßt und es ist die beste Aussicht vorhanden, daß eS durch die nächste Storthingßwahl im Jahre 1888 in die Minorität gebracht wird, zumal wenn die constitutionelle Partei, welche in der Hauptstadt und überhaupt in den Städten stets die Uebermacht gehabt hat, sich bemüht, die Landbevölkerung für sich zu gewinnen. Indeß die schroffe Gewalt, welche die demokratische Majorität gegen die früheren Ministerien anwandte, läßt sie jetzt auch gegenübe rder Minorität und zwar in einer das Rechtsgefühl empörenden Weise walten, und das hilft abwirthschaften. Dem Wahlgesetze zufolge sind Storthings-Abgeordnete nur in dem Wahlkreise wählbar, in welchem sie ihren festen Wohnsitz haben. Um der demokratischen Herrschaft einen breiteren Boden zu geben, führte Sverdrup gleich zu Beginn seiner Regierung eine Ausdehnung des Wahlrechts nach unten durch. Der König stimmte unter der Bedingung zu, daß frühere Minister das Recht erlangten, auch außerhalb ihres Domicils ins Storthing gewählt werden zu können. > Diese Bestimmung wurde ins Wahlgesetz ausgenommen, und auf Grund derselben sind mehrere vom Reichsgericht verurtheilte Minister, darunter die zur Amtsentsetzung ver- urtheilten früheren Minister Helliesen und Holmboe, ins Storthing gewählt. Am 1. Februar trat nun kürzlich das neugewählte Storthing zusammen, und setzte zunächst einen , Ausschuß zur Prüfung der Mandate nieder. Die radicale Majorität dieses Ausschusses beschloß sofort, die Wahl ! Helliesens und Holmboe's zu cassiren. Irgendwelchen stich haltigen Grund für diese Beschlüsse hat der Ausschuß nicht > ausfindig zu machen vermocht. Männer, die vom Reichs- gericht zur Amtsentsetzung verurtheilt sind, dürfen nicht Mitglieder des Storthings, der höchsten Gewalt im Staate, sein, sagen die Demokraten. Das vorerwähnte, gleich nach der Reicksgerichtsaction ausgearbeitete und in Kraft ge tretene Gesetz, enthält kein Wort, das für eine solche Auf fassung spricht. Aber Männer wie Helliesen und Holmboe sind der Storthingsmajorität und deren Freunden im Ministerium höchst unbequem und daher dürfen sie nicht im Storthing sitzen; es werden an ihrer Statt die ebenfalls der constitutionellen Partei angehörenden Suppleanten ein- > berufen werden. Das norwegische Volk ist jedoch in seiner großen Mehrheit noch nicht soweit demokratisirt, daß es ein solches Verfahren seiner Vertreter gutheißen könnte, > ebensowenig, wie es den von demokratischem Partei- Fanatismus und brutaler Machtbenutzung dictirten Reichs gerichtsspruch von 1884 billigte, welcher Spruch ohne Widerrede dazu beigetragen hat, daß sich in der Bevölkerung, wie die letzte Storthingswahl genugsam dargethan, ein Umschwung zu Ungunsten der Demokratie vollzogen hat. Die Wahl hat des Weiteren ergeben, daß sich im allge meinen eine Strömung nach rechts vollzieht, denn von den 24 ultraradicalen Storthingsabgeordneten, die vor der Wahl ein besonderes, stark rothgefärbtes Programm erließen, sind nur 17 wiedergewählt worden. Sodann zeigt die jüngste Abstimmung im Storthing über die erwähnten An träge des Prüfungsausschusses, daß einzelne Mitglieder der demokratischen Majorität nicht geneigt sind, sich den despotischen Handlungen der letzteren anzuschließen. Das hiesige Sverdrup'sche Leiborgan (Dagbladet - erklärte kürzlich rundweg, daß die Regierung sich unter allen Umständen dem Willen der parlamentarischen Majorität fügen müsse, und dies thut sie auch. Wenn die Regierung bei der Fest stellung des Budgetausschvß diesmal noch ohne Steuer erhöhungen ausgekommen ist, so wird das in der nächst jährigen Session sicher nicht mehr möglich sein. Sie hegt nämlich große gesetzgeberische Reformpläne, um den demo kratischen Neubau möglichst bald fertig- und sicherzustellen. Zu diesem Zwecke sind nicht weniger als 14 Regierungs commissionen in Thätigkeit, deren Mitglieder aus allen Theilen des Landes zusammengeholt sind, denn die Herren Minister sind in ihren Verwaltungszweigen mit geringen Ausnahmen wenig bewandert. Ihr Oberster, Herr Sverdrup,