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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020205021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902020502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902020502
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-05
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Monat
1902-02
-
Jahr
1902
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Wage M LchWl Tageblatt mb Anzeiger Ar. K, Rittinaib, ). Februar IM. tAbenb-Ansgabe.j Vas Königspaar in Leipzig. i. -8- Leipzig, 5. Februar. Heute Bormittag von S bis 10 Uhr brachte die Capelle deS 77. Artillerie-Regiment- unter Direktion de- Herrn Kurt» Ihren Maiestälen vor dem königl. Palais die Morgcnmusik dar. Empfang des Vorstandes »er Ortsgruppe Leipzig ve rrutsche» AlottenveretuS vurch den Söuls. * Leipzig, 5. Februar. Heute Bormittag r/iN Uhr cmpsing Se. Majestät der König im königlichen Palais den Borstand der Ortsgruppe Leipzig deS Deutschen Flotten- vereinS, Herrn Kaufmann von BressenSdorf, Bor sitzender, Herrn ReichSgerichtSrath Stellmacher, stellvertretender Borsitzender, und Herrn Banldirector Steeger, Schatzmeister. Der König, der sehr frisch aussah, nahm mit großer Liebenswürdigkeit die Mel dung entgegen, gab seiner Freude über die ansehnliche Zabl der Mitglieder Ausdruck und bezeigte lebhaftes Interesse siir den finanziellen Stand des hiesigen Bereins. Nachdem Se. Majestät sich noch bei Herrn ReichSgerichtSrath Stell macher nach verschiedenen Mitgliedern des Reichsgerichts erkundigt hatte, ebenso nach dem Befinden des Präsidenten deS Reichsgerichts, Exc. von Oehlschlarger, der augenblicklich leidend ist, wurden die Bertreter des Vorstandes in gnädigster Weise entlassen. Besuch der 'Vorlesung des Professors vr. SieverS. Unter brausenden Hochrufen des versammelten PublicumS betraten Ihre Majestäten kurz vor '/J2 Uhr vom AugustuSplatz aus das Albertinum, um einer Vorlesung des Herrn Prof. vr. Sievers beizuwohnen. Ein dreifaches Hoch des überfüllten Auditoriums begrüßte die Majestäten, in deren Begleitung sich die Damen und Herren vom Dienste befanden, ferner die Herren Minister von Sevdewitz und Kreiöhauptmann vr. von Ehrenstein. Professor vr. Sievers las über „Die Dialecte der deutschen Sprache". Auf diese sehen die Gebildeten als auf eine Corruption verächtlich herab. Anders der Sprachforscher. Tie deutschen Mundarten sind älter als die Schriftsprache. Seit 1250 tritt daS Deutsche in den Geschäftsverkehr ein, auf Mundarten beruhend, aber Differenzen abstoßend. Die sächsische Kanzleisprache wird dann Schriftsprache. Jetzt herrscht die Gemeinsprache uneingeschränkt im höberen Verkehr. Aber daS Idealdeutsch wird eigentlich nur gepflegt von den berufs mäßigen Sprechern (Schauspielern u. s. w.). Sonst wird man auch dem gebildeten Durchschnitlssprecher stets anhören, auf welcher dialektischen Grundlage sein Deutsch gewachsen ist. Allgemein ist zuzugeben, daß die jetzigen Mund arten direct von den alten Mundarten entstammen. Letztere waren Stammesmundarten; innerhalb abgeschlossener Stammesgebiete blieb in Folge der Verkehrsverhältnisse die Sprache einheitlicher. Die Stammesmundarten lassen sich in größeren Gruppen zusammenfassen: Oberdeutsch, Mitteldeutsch, Niedersächsisch sind die hauptsächlichsten. Sprachgrenzen sind ihrem Ursprünge nach VerkchrSgrenzcn. Eine Grenze ist um so sicherer, je älter und charakteristischer die Ersweinunzen sind. DaS Ohr des gemeinen Mannes hort die Unterschiede deutlich, feine Nüancirungen, dir auf die Thätigkeit des Sprachorgans zurückgehen. Wie nun das Ruhen des Organs beim Sprechen, die Stellung der Zunge, die Stimuispannung, hoher und tiefer Ton, die Verschieden heit der Silbenbildung, der Unterschied deS specisischen Accents der einzelnen Sprachgebiete in Bezug auf Stärke, Höhe, Dauer, ferner insbesondere die Melodik beim Sprechen, wobei Hoch- und Niederdeutsche geradezu contrum Melodiensührung haben, — wie daS alles oir Dialektsprache beeinflußt» bez. hervorruft, führte Pro- sissor vr. SieverS in Nachahmung verschiedener Dialekte während seines Vortrages so köstlich vor, daß allgemeine Heiter leit sich der Hörer bemächtigte. Insbesondere schienen auch Ihre Majestäten an dieser lebendigen Darstellungsweise sich höch lichst zu erfreuen. Prof. vr. Sievers schloß seine Vorlesung mit der Bemerkung, zu einer exacten Sprachforschung ge höre, daß nun dieser Ohrenphilologie sich die Augen- philogie anschließe. Der Herr Vortragende hatte während ces Vortrags an die Majestäten und Höchstderen Begleitung tartographische Darstellungen über die Abgrenzung der haupt sächlichsten deutschen Tialektzebiete übereicht. Unter dreifachem Hoch der versammelten Hörer verließen Ihre Majestäten um 12 Uhr das Auditorium und wurden von dem harrenden Publicum jubelnd begrüßt. Se. Majestät der König kehrte direct zum königlichen Palais zurück Besuch der Majestäten bei Excellenz von Treitschke. —w. Leipzig, 5. Februar. Um 1 Uhr Mittag begaben sich Ihre Majestäten der König und die Königin in Be gleitung der Frau Oberhofmeisterin von Pflugk, Excellenz, Hoffräulein von BorrieS, ihren Excellenzen Oberhof- meister Wirkl. Geh. Rath von Malortie und General adjutant Generalleutnant von Broizem, Oberstall meister von Haugk und Stabsarzt vr. Hoffmann rum commandirenden General des XIX. (2. königl. sächs.) Armeecorps General der Infanterie von Treitschke, Excellenz, um in dessen Wohnung, ThomaSring Nr. 13, daS Frühstück einzunehmen. Mit Einladungen waren außer dem der Garnisonälteste Generalleutnant von Nabeu- horst, Excellenz, nebst Gemahlin, Kreishauptmann vr. von Ehrenstein nebst Gemahlin, Oberstleutnant Wermuth, Chef deS Generalstabes des XIX. (2. königl. sächs.) ArmeecorpS nebst Gemahlin, Generalmajor d'Elsa nebst Gemahlin, Oberbürgermeister Iustizrath vr. Tröndliu, Geh. Kirchenrath Superintendent v. Pank nebst Gemahlin und Frau von Hop ff gart en ausgezeichnet worden. Ibre Majestäten wurden bei ihrem Erscheinen im Vestibül deS Hauses von Excellenz von Treitschke und Gemahlin, sowie deren Tochter Frau von Anderten auf das Ehrfurchtsvollste begrüßt und nach dem Speisesaal deS Hauses geleitet, dessen sinnig decorirte Tafel 23 Gedecke zählte. Ein herrlicher Maiblumcnslor that sich hier in Basen und Iardiniören auf und wurde in seinem sinnigen Grün-Weiß zu einem poetischen FrühlingSqruß für Sachsen« edles Herrscherpaar. Nach längerem Verweilen fuhren dann Ihre Majestäten nach dem Palais zurück. -8- Leipzig, 5. Februar. Nach Beendigung der Vorlesung bei Herrn Professor vr. SieverS begab sich Ihre Majestät die Königin zunächst nach der Gold-, Silber-und Juwelen« Handlung von Theodor Strube und Sohn, Grimmaische Straße 32, und ließ sich hier vom Inhaber der Firma ver schiedene Neuheiten in Schmucksachen vorlegen, wobei sie mehrfache Einkäufe bewirkte. Sodann begab die Königin sich nach der Kunstausstellung von Pietro del Vecchio, Markgrasenstraße, wo sie verschiedene der modernen Gemälde in Augenschein nahm. Königliche Tafel. -8- Leipzig, 5. Februar. Heute Nachmittag findet im Palai- königliche Tafel statt, an der »eben Ihre» könig lichen Majestäten und den Damen und Herren vom Dienst nachfolgende Herren tbeilnehmen werden: Ihre Excellenzen der Staatsminister vr. von Sehdewitz, der coinmandirende General deS XIX. (2. k. s.) ArmeecorpS, General der Infanterie von Treitschke, Commaudcur der 2. Division Nr. 24 von Rabenhorst; ferner KreiS- hauptmann vr. von Ehrenstein, Oberbürgermeister Iustiz rath vr. Tröndliu, OberreichSaawalt vr. Ol»hausen, die Brigadecommandeure d'Elsa und von Criegern, Generalmajor von der Armee von Schweinitz, Landgerichts präsident vr. Hagen, Rector der Universität Professor vr. SieverS, die Brigadesübrer Obersten Kinder und Schmidt, Geh. RegierungSratb vr. Grünt er, Geb. Hofrath Professor vr. Ratzel, Geh^ Hofrath vr. Lampe- Vischer, Geb. Hofrath Director istaegemann, Sladt- verordnetenvorsteher Rechtsanwalt vr. Iunck, Vorsitzender der Handelskammer Zweiniger, Polizeidirector Bret sch neid er und Pfarrer Superior Sch mitt mann. Sächsischer Landtag. Jndelllllitäts - Nachsuchullg des sächsische» Finanz- miuisteriums. ff, Dresden, 5. Februar. Die Finanzdeputativtt v der Zweiten Kammer veröffentlicht über Tit. 51 des außer ordentlichen Staatshaushalts-Etats für 1002/03, Bau einer nvrmalspurigcn Nebenbahn von Ehemnitz durch das Ehcmnitzthal nach Wechselburg (Nachpostulat) betreffend, soeben einen Bericht, den wir seiner außerordent lichen Bedeutung wegen wörtlich zum Abdruck bringen. Er lautet: „Bei der allgemeinen Borberathung über die der Finanzdcputativn L zugewiesenen Titel des außerordentlichen Etats gaben insbesondere die Titel 37, 51 nnd 52 zu schweren Bedenken Anlaß. Bei diesen Titeln werden Nachpostulate eingestellt, die mit den früheren Ver- willigungen absolut nicht in Einklang zu bringen sind. Bei Tit. 37 wurde die ursprünglich eingestellte Lumme von 700 000 .F durch daS 'Nachpostulat von 500 000 .4( auf 1 200 000 .4! erhöht, während bei den Titeln 51 und 52 die ursprünglich geforderten Summen von 5 334 500 um 2 695 500 beziehentlich von 3 097 000 .^! um 2 479 000 Mark überschritten wurden. Die Ucber- schreitungen betragen demnach bei Tit. 37 71,43 Prvcent, bei Tit. 51 50,53 Procent und beiTit. 52 80,05 Procent d e r u r s p r ü n g l i ch c n Forderungen! Die Deputation war der Anschauung, daß solche außer ordentliche Uebcrschrcitungen mit den Grundsätzen der Verfassung nicht in Einklang zu bringen seien und daß dadurch die Rechte der Stände bei Festsetzung des Etats in wesentlichen Stücken beeinträchtigt werden. Die De putation billigte daher auch einstimmig die von ihrem Vor sitzenden in der Plenarsitzung vom 5. Dccember 1901 ab gegebene Erklärung, daß solches Verfahren in- c o n st i t u t i o n e l l sei. Man brachte auch zum Aus druck, daß die Chemnitzthalbahn überhaupt von den Stän den niemals verwilligt worden wäre, wenn man hätte voraussehen können, daß die Kosten derselben eine so enorme Höhe erreichten. Die in der Erläutcrungsspalte gegebenen Ausfüh rungen konnten bei dieser Sachlage der Deputation nicht entfernt genügen. Man kam daher zunächst zu dem Be schluß, daß die Deputation selbst eine genaue Untersuchung der gesammten Vorgänge bei diesen Positionen anzustellcn habe und daß daher das königl. Finanzministerium zu er suchen sei, die sämmtlichcn bei demselben, wie bei der Gcneraldircction der Staatsciscnbahncn nnd den sonst in Frage kommenden Stellen ergangenen Acten und Schrift stücke der Deputation zur eigenen Prüfung vorzulegen. Die Deputation behält sich nach Prüfung der inzwischen vom königl. Finanzministerium eingesendeten Acten vor, der Kammer anderwcitcn Bericht zu erstatten. Auch das königl. Finanzministerium hat bereits Er örterungen darüber angcstellt, ob das Verfahren bei den hier behandelten Banausführnngen einzelnen Beamten der Eisenbahnverwaltung zum Borwurf gemacht werden kann. Bei den weiteren Verhandlungen mit den königl. Nc- gicrungscommissaren suchten die Vertreter des königl. Finanzministeriums zunächst die übermäßig hohen Nach forderungen zu rechtfertigen. Insbesondere wurde hierbei bezüglich deS Titels 51 wiederholt geltend gemacht, daß das Hochwasser des Jahres 1897 zwingende Veranlassung gegeben habe, die Bahnlinie über die nach den hierbei gesammelten Er fahrungen sich ergebende Hvchfluthlinie hinanszuheben und daß durch das Hochwasser ein unvorhergesehenes Er- eigniß eingetretcn sei, das die bei der hierdurch veränder ten Planung sich ergebende Mchrforderung rechtfertige. Dem wurde cntgegcngehaltcn, daß das königl. Finanz ministerium schon beim letzten Landtag 1899/1900 Veran lassung hätte nehmen müssen, diese veränderte Planmzg der Kammer zur Genehmigung vorzulcgen, und wenn die bezüglichen Vorarbeiten der neuen Planung bis dahin nicht beendet waren, den Bau nicht eher zn beginnen, bevor nicht eine andcrweite Beschlußfassung seitens der Stände erfolgte. Die neue Planuug sei von der Kammer überhaupt nicht genehmigt worden, und cs gehe nicht an, daß die Regierung eigenmächtig gewissermaßen neue Pro jekte ausführe, ohne sich der ständischen Zustimmung ver sichert zu haben. In einer neuerlichen schriftlichen Darlegung des kgl. Finanzministeriums wird hierzu noch ausgcführt: „Nach -en Enteignungsterminen, die im Juni 1900 abgeschlossen worden sind, also nach Schluß des vorigen Landtages, hat sich die Nothwcndigkeit einer Ncuaufstcllung des Kostenanschlages hcrausgcstcllt; das Ergebniß ist im Juni 1901 dem Finanzministerium vvrgclcgt und von diesem danach daS Nachpvstulat eingcbracht worden." Hierzu hat die Deputation ihrerseits zu bemerken, daß doch zunächst die Tracc der Linie feststehen muß, ehe man zur Enteignung -es Areals vcrschreitet. Die Bearbei tung der in Folge des Hochwassers veränderten Traci- rung hat daher aller Voraussicht nach eine längere Zeit vor dem Juni 1900 stattgcfunden, zu welchem Zeitpuncte die umfänglichen Enteignungstcrmine bereits abge schlossen waren. Ist dies richtig, so hätte recht wohl dem Landtage 1899/1900, der bis zum 11. Mai 1900 getagt hat, entsprechende Mittheilung von Seiten des königl. Finanz ministeriums gemacht werden können. Wenn aber die betreffende Bauleitung jedwede Ver anschlagung der nach dem Hochwasser von 1897 vorgenom menen netten Tracirung vor der Enteignung des Areals Unterlasten hätte und wenn die für den Bau bc- nöthigtc Summe erst nach dem E n t e i g n u n g s v c r - fahren festgcstcllt worden ist, so wäre eine solche Be handlung derartiger Angelegenheiten erst recht nicht ver ständlich! Zndem belaufen sich nach Mitthcilung des kgl. Finanzministeriums die erhöhten Grnndcrwcrbs- k o st e n nur auf 474 800 .^. Daß das Ergebnis; des neu aufgestellten Kostenan schlages nach obiger Mitthcilung des königl. Finanz ministeriums diesem e rst i m I u u i 1901 vorgclegt wor den ist bei einer Bahn, die zu dieser Zeit schon zum größ ten Thcile fcrtiggestellt war und deren Eröffnung am 1. April d. I. bevorstcht, beweist in ec la tau ter Weise die völlige Uli Haltbarkeit des ge genwärtig bet Eisenbahn bauten ei«ge schlagen en Verfahrens nnd die durchaus ungenügende Controlc desselben. Es hät ten demnach thatsächlich untere Instanzen ohne vor herige Genehmigung der vorgesetzten Behörde im Finanz ministerium die Baute» vorgcnommen und über die Staatsgcldcr demgemäß verfügt. Bon Seiten des königl. Finanzministeriums wurde weiter darauf hingcwiesen, daß man die Ueberschrcitung für unbedenklich gehalten habe, weil auch in den letzten Landtagen wiederholt im Allgemeinen Nachpostulate der l Kammer vorgelegt worden seien, welche die Bewilligung der Stände gefunden hätten. Hierauf wurde entgegnet, daß darin kein ausreichender I Grund zu finden sei, nunmehr in solcher Weise, wie gc- I schehen, überhaupt zu verfahren. Zudem seien Uebcrschrci tungen in solcher Höhe, wie bei -en hier in Frage kommenden Fällen, kaum jemals früher zu verzeichnen ge wesen. Die Deputation stehe vielmehr auf dem Stand- puncte, daß durch Ueberschrcitung der von den Kammern genehmigten Bewilligungssummen in solcher Höhe die verfassungsmäßigen Rechte der Stände gewissermaßen illusorisch gemacht würden. Von Seiten des königlichen Finanzministeriums wurde ferner mitgetheilt, daß durch eine Verordnung vom 20. Deccmber 1901 an die Generaldircctiou der Staats bahnen Anweisung gegeben sei, sämmtliche Baute» bei Eisenbahnen sofort einer Revision zu unterziehen, um fest- zustctten, ob etwa Ucberschreitungen gegenüber den etat mäßigen eingestellten Summen eingetrcten seien, be ziehentlich zu erwarten stünden. Wenn eine Ucberschrei- tnng von mehr als 5 Procent des Voranschlages sich herausstellc, so sei ungesäumt dem königlichen Finanz ministerium hiervon Anzeige zu erstatten, damit dieses wiederum der Kammer entsprechende Mitthcilung zngehen lasse. Die Deputation konnte diese Verordnung nur als durchaus zweckmäßig bezeichnen, mußte aber bedauern, daß ein solches Verfahren nicht b e r c i t s s c i t v i c l e n Jahren geübt worden sei. Es wäre sonst auch »richt möglich gewesen, daß, wie auch mündlich von Seiten eines der Herren Rcgierungscommissare der Deputation mit getheilt wurde, das königliche Finanzministerium von den Ueberschrcitungen erst nach den bezüglichen thatsäch- lichen Vergebungen, beziehentlich Verausgabungen Kenntniß erlangt hätte. Bei der Verhandlung über die verfassungs mäßige Frage erklärte die königliche Staatsregic- rung, daß sie eine Verletzung der Verfassung nicht an erkennen könne und daß sie demnach keinen Grund sehe, um Indemnität bei den Ständen wegen der gedachten Uebcrschreitnng nachznsuchcn. Die Deputation konnte aber ihre hierüber cinmüthig zum Ausdruck gebrachten Anschauungen nicht Verlusten. Da die Deputation bei solcher Sachlage sich nicht in der Lage sah, die Berwilligung der betreffenden Positionen der Kammer in Vorschlag bringen zu können, so wurden die Verhandlungen mit dem königlichen Finanzmini sterium aufs Neue fortgesetzt und cs erhielt in derer! Ver folg die Deputation ein Schreiben des königlichen Finanz ministeriums vom 1. Februar dieses Jahres, dessen Ein gang folgendermaßen lautet: Unter Bezugnahme auf die Stellung, welche die geehrte Deputation in den Sitzungen vom 20. und 23. Januar 1902 zn den Postulatcn unter Titel 51, 52 und 37 des außer ordentlichen Staatshaushalts-Etats eingenommen hat, giebt das Finanzministerium folgende Erklärung ab: Wenn auch die Negierung der Ansicht ist, daß Ueberschrcitungen des Etats nicht ohne Weiteres eine Vcrfasiungsverletzung involviren und wenn auch nach langjähriger, von der Ständevcrsamm- lung zu keiner Zeit angefochtener Uebung die Unter nehmungen, für welche die Bewilligungen erfolgt waren, nicht eingestellt, sondern fortgesetzt worden sind in der Annahme, daß die Ueberschrcitungen später auf erfolgte Rechtfertigung nachträgliche Zu stimmung der Stände finden werden, so will gleich wohl die Negierung im Hinblick auf die Höhe der Ueberschrcitungen bei den Titeln 51, 52 und 37 des außerordentlichen Etats ausdrücklich um Indemnität nachgesucht haben. In Rücksicht darauf, daß die zn Titel 51 nachpostulirten Gelder bereits verwendet worden sind und in Anbetracht des Umstandes, daß die Eröffnung der Bahnlinie für den 1. April dieses Jahres in Aussicht genommen ist, meinte die Deputation, nachdem sie im Uebrigen die verfassungsrechtliche Frage in ihrem S i u n c d n r ch v b i g e Er k l äru n g der könig- 1 i ch e n S ta a tsre g i e r u n g g e l ö st s i c h t, die Be willigung dieser Position nicht länger beanstanden zn können. Wenn hiernach die Deputation nach dem untenstehenden Anträge dazu gelangt, der Kammer die Bewilligung von 2 695 500 nunmehr zu empfehlen, so hat dieselbe es für angezeigt gehalten, bezüglich der Titel 37 und 52 zu nächst in eine weitere Prüfung der eingestellten Ansätze cinzutreten und dies um so mehr, als das königliche Finanzministerium bei der Verhandlung in der Depu tation erklärte, nach neueren Erörterungen lasse sich die eingestellte Summe unter Titel 52 n m r u n d Mil lion Mark hcrabmindern. Die Deputation hat cs auch für ihre Pflicht gehalten, das königliche Finanzministerium bei den bezüglichen Ver handlungen darauf aufmerksam zu machen, daß unbedingt für die Zukunft Einrichtungen getroffen werden müssen, die derartige Ueberschrcitungen der Voranschläge aus schließen. Das Vertrauen zur Eisenbahnbauvcrwaltung werde hierdurch schwcrgrschädigt, undcsmüssedafürSorge getragen werden, daß die unteren Instanzen nicht selbst ständig irgend welche Dispositionell vornehmen, die einer Abänderung deS ursvrüuglichen Projectcs gleich kommen. Die Eommissare des königlichen Finanzministeriums er klärten, daß sic bereits in Bcrathung über eine Aende- rung des bisherigen Verfahrens cingctrcten seien, und daß die bezüglichen Vorschläge voraussichtlich noch in diesem Landtage den Ständen mitgetheilt würden. Die Deputation beantragt, die Kammer wolle beschließen: a. bezüglich der Ueberschrcitung zu Titel 51 des außerordentlichen Staatshaushalts - Etats für 1902/03 die nach gesuchte Indemnität der königlich en Staats regiernngzu crtheilen; l>. die bei Titel 51 des außerordentlichen Staatshaus- haltS-Etats für 1902/03 für den Bau einer nor malspurigen Nebenbahn von Eycmnitz durch das Ehemniythal nach Wechselburg als Nachpostulat eingestellten 2 695 500 nach der Vorlage zn be willigen. Die Finanzdcputativn v der Zweiten K a m in e r. Mau, Vorsitzender. Horst. Kluge. Bochmaun. GleiSbcrg. Klötzer. Kockel. Leithold. Rentsch. Tcichmann, Berichterstatter. Zeidler." Der Bericht ist geeignet, weit über die Grenzen SachsenS hinaus berechtigtes Aussehen zu erregen. Die Abgabe einer Jndcmnttätserklürung, zumal aus solchem Anlaß, steht in der politischen Geschichte Sachsens ohne Beispiel da. Man muß schon bis iu die Zeiten der poli tischen Kämpfe unter den» Minister«!» Beust zurückgreifcu, nm, wenn auch aus anderen Anlässen, eine Sprache zu finden, wie sic die Finanzdeputation L in dem vorstehen den Berichte anschlagt. Die Stellungen deS Finanz ministers von Watzdorf und des Ministerialdirektors ' vr. Ritterstädt gelten als schwer erschüttert. Vermischtes. — München, 4. Februar. Ein Sittenbild. Wie vor einigen Wochen in verschiedenen Tagcoblättern zu lesen war, wurde die junge 21jährige Ehefrau eines M e tz g e r m e i st e r s in der Orlcansstraßc, Namens Beneranda (Wanda) Niedcrmcier, Mutter mehrerer Kinder, mit einem A r b e it e r f l ü ch ti g, nachdem sic am Tage vorher mit ihrem Geliebten eine Nedoute besucht hatte. Als Reisegeld für Beide nahm die Frau aus der Schatulle ihres Ehegatten mehrere Tausend Mark Baargeld mit. Nach kurzer Zeit ließ der Verführer die Frau in Bremen mittellos sitzen. Sie war gezwungen, reuig zu ihrem Manne nach München zurück- zukehrcn. Allem Anscheine nach hatte der Mann seiner Kran wieder verziehen, denn sie wohnte wieder mit ihm zusammen. Um sie vor weiterer Untreue zu rück zu halten, gebrauchte der Metzger in e i st e r d a s d r a st i s ch e M i t t e l , i h r d i e H a a r e a bzu s ch ne i d e n, was natürlich in der weitesten Um gebung lebhaft besprochen wurde. Allein die Frau hegte Rache gegen den Verführer, der selbst verhcirathct und Vater von fünf Kindern ist. Er hatte bei der Flucht seine Fran im Wochenbette zurückgelaffen und war vor einigen Tagen zu ihr zurückgekehrt. Die verlassene Metzgerin paßte ihn gestern Abend nach 6 Uhr in der Orleansstraße ab; nach kurzem Wortwechsel zog sie einen Revolver aus dem Mantelkragen und feuerte drei Schliffe ab, die den Mann schwer am Unterlcibe und an der Brust verletzten. Der so Ueberfallene, der 31 Jahre alte Maschinenhcizcr Ludwig Raith, ist in das Krankenhaus gebracht worden nnd soll bedenklich verwundet sein. Die Thäterin hat den ersten Schuß auf der Straße, die anderen in einer Gastwirthschaft abgefeuert, in die sich Raith geflüchtet hatte. Die Frau wurde sofort verhaftet, etwas später unter dem Verdachte der Anstiftung auch ihr Ehemann. (M. N. N.) — Pest, 4. Februar. In dem zum Petrosenyer Revier gehörenden Deakschachte der Salgo-Tarjancr Bcrgbaugcscllschaft erfolgte nach einer Sprengung eine durch Brand verursachte Kohlenexplosivn, bei welcher sechs Personen getödtet und vier verwundet wurden. Das technische Personal trifft nach de» bis herigen Feststellungen kein Verschulden. --- London, 5. Februar. Die „Times" melden aus Sbangbai vom 4. Februar, der russische §onsul habe amtlich bekannt gegeben, daß gegenwärtig keinem Reisenden ohne besondere Erlaub» iß von Petersburg die Reise auf der Strecke Port Arthur-Petersburg gestattet werde. ES sei keine bestimmte Nachricht zu erlangen, doch amtlich angegeben, daß mehrere Brücken jenseits Mulden eingestürzt, bezw. noch nicht fertig seien, auch daß an Locomotiven und rollendem Material großer Mangel herrsche; daher würden sich, wenn den Reisenden der Verkehr gestaltet würde, unangenehme Verzögerungen ergeben. Aus gut unterrichteter Quelle verlaute, daß vor Juli kein regelmäßiger Verkehr wahrscheinlich sei. Letzte Nachrichten. * London, 5. Februar. (Telegramm.) Ein Tele gramm aus Dartmouth besagt, daß von -er Admiralität Vorkehrungen zur Unterbringung der Officiere und Eadetten des deutschen Schulschiffes „Moltke'1 getroffen werden, das dort zu der am 7. März erfolgenden Grundsteinlegung der Marineschule durch König Eduard erwartet wird. Auch auf die Anwesenheit anderer aus ländischer Schiffe wird gerechnet; außerdem wird eine An zahl Schiffe des Eanalgeschwaders zugegen sein. Der Krteq tn Südafrika. * Brüssel, 5. Februar. Dem „Petit Bleu" zufolge reist vz-. Leyds heute Vormittag zu Krüger nach Utrecht. Ter Delegirte des Oranjestaates, Fischer, ist gestern Abend ebendahin avgcreist. * Haag, 5. Februar. Ein Angehöriger der B o ere n m is s i o n, welcher nach der Veröffentlichung der Note der Niederlande und der Antwort Eng lands eine Unterredung mit einem Berichterstatter hatte, erklärte, er begrüße dankbar die Bemühung der hollän dischen Regierung, welche beweise, daß man Mitgefühl mit den Leiden des südafrikanischen Volkes habe; er halte die AntwortEnglandsfürsehrwohlwollend, denn sic beweise, daß die englische Regierung nicht un gerecht sei, und Gelegenheit zu einem Anknüpfungspuncte biete, vorausgesetzt, daß England nicht späterhin unan nehmbare Bedingungen für den Fall stelle, daß die Boerendelegirten im Sinne der englischen Antwort thätig sein würden. * London, 5. Februar. Die hiesigen Morgenblättcr stimmen darin überein, daß die holländische Note von vornherein einen Fe hl sch lag bedeutete und daß e'nc andere Antwort auf dieselbe nicht möglich gewesen sei. „Morning Post" bemerkt, England habe die beiden Rcvnblikcn anncetirt; ein Fricdcnsvertrag wäre unver ständlich. Das Blatt fügt hinzu: „Wir Alle wisse» sehr wohl die Umstände zn würdigen, welche den Sympathien der Holländer für die Prüfungen der Bocrcn zu Grunde liegen." „Standard" sagt, das hervorragendste Kenn zeichen der britischen Antwortnote sei die klare und ener gische Ablehnung jeder Art von Vermittelung, woher sic immer komme. „Daily-News" bezeichnen die Erwide rung Lansdowne's als tadellos im Stil und Ton, be dauern jedoch, daß dieselbe eine völlige Ablehnung der holländischen Eröffnungen in sich schließe. Etwas sei er reicht durch diese freundschaftliche Auseinandersetzung, und es gebühre der holländischen Regierung eine außerordcnl- liche Anerkennung dafür, daß sie dieselbe in die Wege ge leitet habe; aber was jetzt noththue, sei eine bündige Er klärung der englischen Regierung bezüglich derjenigen Stellen, mit denen sic in Unterhandlung zu treten gewillt sei. „Daily Chroniclc",sagt, es genüge eine Analysirung der holländischen Vorschläge, um ihre Absurdität zn be weisen. „Daily Telegraph" bemerkt, die Antwort Lans- downc'S sei die einzig mögliche gewesen. * London, 5. Februar. In ihrer Besprechung des holländisch-englischen Notenwechsels sagen die „Times": LanSdownc gab die einzig mögliche Antwvr t. Wir hoffen, daß sic klar genug ist, mn unsere Kritiker zu über zeugen, daß keine Möglichkeit einer nochmaligen Er wägung für die britische Regierung oder das britische Volk besteht. Verantwortlicher Redacteur vr. Her«. Süchltn, in Leipzig Für den musikalischen The» Adnlf Rut-avdt in Letpzt»
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