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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.02.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020205021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902020502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902020502
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-02
- Tag 1902-02-05
-
Monat
1902-02
-
Jahr
1902
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884 amt»- knüpfte sich eine bemerkenöwertbe Erörterung über Vie Frage de« Schutze« gewerblichen Eigentbuin« in der Schweiz. ES ist namentlich die chemische Industrie, die darunter leidet, daß die schweizerische Patentgesetzgebung ihre Product« nicht swiitzt, womit di» Patentschutzunion siir sie unwirksam wird. Auf Anregung von verschiedenen Seiten erklärte der allezeit bereit« Staatssekretär Graf Posadow-ky, daß beim Abschluß eine neuen Handelsvertrag« mit der Schweiz durchaus eine Aenberung diese« Zustandes werde gefordert werden müssen. Während dein neben bin Abgg. Gamp und Paasche auck die sreistnnigen Abgg. Schrader und Müller-Meiningen beistimmten, brachte eS leider die socialvemokratische Logik de« Hasse« gegen die heimisch« Industrie auch in dirsrm Falle fertig, für das Aus land gegen das geschädigte deutsche Interesse einzutreten. Bei jeder Gelegenheit, im Reichstage, im Abgeordneten haus» und fast täglich in der Presse jammern die Herren vom Lentrum über Paritäts-Schmerzen. Dort, wo sie aber al« Herren zu Hause und mit einer erdrückenden Mehrbeit auf treten können, sey»n st» sich leicht und kühl über all die erhabenen Toleranz-Gedanken und-Worte hinweg, von denen sie kürzlich den Reichstag widerhallen ließen. Ein typisches Beispiel von der Toleranz, wie sie das Centrum ausübt, wenn cs die Macht in Händen fühlt, giebt die „Kölnische Ztg." in einer Zuschrift über „Evangelische Beschwerden in der Rhemprovinz" wieder, wo überhaupt bei städtischen Schul fragen vielfach Klagen über Zurücksetzung berechiigter evangelischer Interessen laut werden. Das bevorzugte Opfer klerikaler „Toleranz" ist die-mal die evangelische Stadt Werde» a. d. Ruhr. Der preußische Staat ist, wie jene Zuschrift auSeinandersetzt, als Rechtsnachfolger des Abteö von Werden verpflicht«!, Vie dortig« alte abteiliche Latein schule, die heutige katholische RectoratSschule, die aus drei Gym- nafialclaffen besteht, gänzlich zu unterhalten. Jever Bewohner de« Gebiet«- der alten Abtei hat bis brüte ohne Unterschied der Confessio» da- Reckt, sein« Sohne kostenfrei in diese Schule zu schicken. Die meisten Schüler treten nun mit dem vierzehnten Jahr in- bürgerliche Leben; sie würden wohl großtentheilS die RectoratSschule nicht besuchen, wenn Schul geld erhoben würde. In Folge dessen ist sie mit einem solchen Schülermatrrial belastet, daß ihre Leistungen nicht voll ge nügen können, und so besuchen die evangelischen Schüler, da die evangelische RectoratSschule daselbst aus persönlichen Gründen vorübergehend aufgehoben wurde, die höheren Lehr anstalten in Esten und Kettwig unter Verzicht auf Vie kosten lose katholische RectoratSschule in Werden. Bor vier Jahren wurde jedoch au- der katholischen Bevölkerung die Aufforderung an den evangelischen Tbeil gerichtet, sich einer Petition an die städtische Vertretung auf Errichtung einer höheren berechtigten städtischen Schule anzuschließen. Man bat sich dieser Petition arglos von evangelischer Seite angeschlossen in der ausdrücklichen Voraussetzung, daß die Schule einen paritätischen Charakter tragen sollte, wogegen zunächst auch keine Einwendungen von katholischer Seite gemackt wurden. Aber wa« geschah? Ja der betreffenden Stadtverordnetensitzung beantragte ein Mitglied drr ultramontanen Mehrheit ganz gegen alle Erwartungen die Uebernahme der katholischen RectoratS schule auf den Communal-Etat und ihren Ausbau zu einem Progymnasium, das in diesem Falle ja von voin- berein nur einen einseitig katholischen Charakter haben konnte. Dieser Antrag wurde gegen sämmtliche Stimmen der Liberalen durchgedrückt. — Nach dem Antrag des CentrumS erhält auch diese Anstalt keinen paritätischen Charakter; erst vom dritten Lehrer ab. der wie der Direktor und die ersten Oberlehrer katholisch sein muß, soll abwechselnd ein katholischer und ein evangelischer Lehrer folgen. — Daß das Curatorium in seiner Mehrheit auS Katholiken bestehen müsse, war ebenfalls den ultramontauen Herren eine selbstverständliche Voraussetzung. ES war, wie weiter geschrieben wird, klar, daß von evangelischer Seite gegen den Beschluß der Stadtverordneten-Vrrsammlung und die für sie unannehmbaren Bedingungen des katholischen Kirchenvorstande- bei der Regierung nachdrücklich protestirl wurde. Da die evangelischen Bewohner der Stadt über die Hälfte der Staatssteuer ausbringen, so ist eS nicht unbillig, wenn sie die Einrichtung einer paritätischen Anstalt wünschen. Freilich haben sie wenig Hoffnung auf einen Erfolg ihres Protestes, da die Regierung in Düsseldorf sich unter dem Nachfolger deS Frhrn. v. Nheinbaben die Toleranz-Auffassung veS CentrumS zu eigen machen zu wollen scheint. Mit um so größerer Aufmerksamkeit wird man die weitere Ent wickelung der Dinge in Werden verfolgen wüsten. Vergebens versuchte die philosophische Fakultät zu Wien, die Aufmerksamkeit der streitenden Nationalitäten auf Lett allgemeinen Nothstand des wissen schaftlichen Betriebes in Oesterreich überhaupt abzulenken. Die Universitäten, so wird der „Münch. AUg. Ztg." auS Wien geschrieben, leiden unter der Thatsache, daß der Staat mit fiskalischer Engherzigkeit die Gehälter der Professoren zu niedrig normtrt und die chemischen, physikalischen und sonstigen wissenschaftlichen Institute in der letzten Generation aufs Aergste vernachlässigt hat. Während hervorragende Juristen und Aerzte aus Oester reich an nahezu allen deutschen Universitäten lehren, ist die Berufung einer tüchtigen Kraft aus Deutschlaud nach Oesterreich fast unmöglich geworden, ba nicht einmal für die Wiener Universität Gehälter gezahlt w»rden, wie sie für namhafte Forscher an den kleinsten deutschen Hoch schulen ausgeworfen werden. Man hätte denken sollen, daß diese zusammenfassende Darstellung einen erschüttern den Eindruck auf das Parlament üben werbe. Dem ist aber nicht so. In der Debatte de- Vudgetausschusses über das Unterrtcht-wesen wurden diese Zustände nur ober- flächltch gestreift, so daß der UnterrichtSminister Ur. von Härtel sich mit einer matten Vertheidigung begnllgen konnte. Dagegen wurde tagelang über einzelne slovc- ntsche und polnische Gymnastcn, sowie über die Frage debattirt, ob und unter welchen Modalitäten in Mähren dermaleinst eine deutsche oder eine tschechische Hochschule errichtet werden solle. Die Regierung mußte alle dtpto- malische Kunst anwenden, um einen heftigen Zusammen stoß der Geister zu verhindern. Das ist ihr auch gelungen. Die Parteien wollten doch nicht die Gefahr herauf- beschworen, das Parlament ob dieser Oin-elfrage in die Luft zu sprengen. Nach langwierigen Unterhandlungen mit den Vertretern der einzelnen Gruppen kam endlich die Erklärung zu Stande, die UnterrichtSminister v. Härtel bezüglich der mährischen Uuiversttätcn im Budgetaussckuß abgegeben hat. Den Tschechen wurde das Zugeständnis gemacht, daß der Minister Namen- der Re gierung erklärte, sie halte die Errichtung nicht bloß einer deutschen, sondern auch einer tschechischen Universität kür nothwendig. Bekanntlich haben die Deutschen nichts da gegen eingewendet, -aß den wissenschaftlichen Bedürf nissen der Tschechen Rechnung getragen werbe. Die tschechische Universität zu Prag ist thatsächlich so überreich an Hörern, daß cs praktisch ist, ihren Ueberschuß an eine ncugcgrllndctc Universität abzulenken. Nur wehren sich die Deutschen dagegen, daß die Universität in eine Stadt mit überwiegend deutschem Charakter verlegt werde, da dadurch deren Tschechtsirung gefördert werden könne. Die Regierung trug dem in bedingter Weise Rechnung und machte die Neugründung von einer Uebereinkunft mit den nationalen Parteien abhängig. Wie immer in Oester reich, so erklärten sich jetzt beide Parteien mit diesem Com- promiß nicht einverstanden. Das ist aber nicht wörtlich zu nehmen. Im Grunde sind Deutsche wie Tschechen zu frieden, daß man auf diese Weise um die Klippen herum kam. Unentschieden ist noch, wie sich die Sache mit den slovenischen Gymnasien gestalten wird. Auch im Süden sträuben sich die Deutschen dagegen, daß slovenische An stalten in Städten errichtet werden, die dadurch der Ge fahr der Slovcntsirung verfallen könnten. Das ist in Cilli, wo drei Viertel Deutsche und ein Viertel Slcvenen nebeneinander wohnen, immerhin möglich. Die Deutschen schlagen den Ausweg vor, das slovenische Gymnasium nach Marburg (in Steiermark) zu verlegen, wo unter 20 000 Deutschen nur 8000 Slovenen leben. Wie immer die Sache ausfallen mag — zum Brechen wird es deswegen nicht kommen. Im Plenum werden freilich noch große Paradcrcdcn gehalten werden und die Radikalen beider Seiten werden mit dröhnenden Redensarten auftreten. Aber auch über diese Schwierigkeiten hofft man hinweg- zukommen. Deutsches Reich. /S. Berlin, 4. Februar. (Die „Deutsche TageSztg." und die beiden conservativen Parteien.) An die Auslassung der „Nordd. Allg. Ztg." hat sich eine böchst interessante Episode geknüpft, in der daS Hauptorgan des Bunde« der Landwirthe eine recht unglückliche Rolle spielt. Die „Post" hatte nämlich erklärt, wenn die Zollvorlage daran scheiterte, daß innerhalb der Mehr heit eine Einigung nickt zu Stande käme, so würde dir« Resultat der Ausdruck höchste, Unfähigkeit der schuHzöllnerischcn Mehr heit sein. Darüber ergrimmt, erklärt die „Deutsche Tageszeitung", daß, die „Post" mit dieser Auffassung sich gegen die Abgeordneten der freiconservativen, also der eigenen Partei wende; eS sei wohl selten vagewesen, daß ei» Parteiblalt in so schroffer Weist gegen führende Partei genossen vorgebe. In demselben Momente aber, in dem die „Deutscke TageSztg." daS führende freiconservative Organ abkanzelt, erklärt die „Kreuzstg.", also daS führende confervative Organ, eS könne dabin kommen, baß der Tarifentwurf an der Unfähigkeit der sckutzzöllne- rischen Mehrheit, sich über bestimmte Vorschläge zu einigen, scheitere. Wir sind begierig, ob nunmehr die „Deulsche TagcSztg." auch gegen die „Kreuzzig." den Dorwurs erbeben wird, die eigenen Parteigenossen anzugreisen. Thatsächlick denken beide Blätter nickt daran, ihrer Partei zu nabe zu treten, sondern sie wünschen, daß etwas zu Stande komme, und sie sehen in dem bisherigen Verhalten der Commission«- Mehrheit augenscheinlich nicht den richtigen Weg dazu. Die führenden O'gaoe großer Parteien dürfen eS eben nickt als ihre einzige Aufgabe betrachten, ohne Rücksicht auf die Mög lichkeit der Verwirklichung Forderungen aufzustellen, die nur agitatorische Ziele haben. * Berlin, 4. Februar. In Bezug auf die Aus übung deSPbotoaraphengewerbes im Umberziehen hat der preußische Minister für Handel und Gewerbe unter dem 24. Jamme 1902 an die Regierung-Präsidenten folgenden Erlaß gelichtet: Au» den Kreisen der photographischen Gewerbetreibenden sind mir neuerdings Klagen darüber zug,gangen, daß vielfach ihr» Beruf«, genossen — vereinzelt auch sogenannte „Amateure" — außerhalb ihre«Wohnorte« ohne Vorgang ge Bestellung M»d ohn»Btgründung,ttI»r gewerblichen Niederl-ffung ain OB» ihr»« jew»ttig«n Aufenthalte« daS Photographen-Gewerbe tm Umherziehen i» d»t Weist aus- üben, daß die Aufnshm» und dl» Anfertigung der Regativplatte» am OA« dl« Bestellers »»folgt, Wthrrud die »ig»»tlick«a Photo- graphirn am Wohnort d*S Photographen hrrgestellt und Von dort au« dem Besteller -ugrfeNdet werden. Angeblich brssaden sich diese Gewerbetreibenden und ihre Angestellten in den seltensten Fallen im Besitz eines Ä-udEr-ewerbelchein-, da sie ihre Thätigkeit als Au«. Übung des stehenden Gewerbebetriebes im Sinne drr 88 4L ff. Ge- wekbeordnung ansth«n. Ich nehme deshalb Anlaß, unter Bezug, »ahme üus di» Entscheidungen deS Kammergerichts vom 30. April 1891 und 9. October 1893 aus da» Jrrthümliche dieser Annahme hinzutdeisen, und ersuche, di« Lettzelligten vorkomtntndeN Fall» zur Lösung ein»« Wandergewerbelchetn«, wozu sie gemSß - 55 Z. 3 drr Gewerbeorduuag »«rpflichtet sind, anzuhalten. — Uibir di« Fei«« des 25jährigen MttitärjubiläuutS de« Kaiser» beim 1. Garderegiment z. F. berichtet die „PotSd. Korr." FolgrndeS: Die Fe«er wird am Sonntag, den 9. Februar, in Pot«dam beim 1. Garderegiment zu Fuß besonder« festlich begangen werden. In der königlichen Hof- und Garnisonkirck« wird der Kaiser um 10 Uhr dem Gottesdienst beiwohnen, zu dem da» 1. Garderegiment z. F. mit den direkten Vorgesetzten, di« Generalität, di« Osficiere drr Potsdamer Garnison und Deputationen drr dortigen Regimenter befohlen sind. Auch dir Abgesandten der Vereine ehemaliger Kameraden de« Regiment», di« schon am Sonnabend au» allen Tdeilen VeS Reick» in Pots- dam einlreffen, um dem Kaiser ein Ehrengeschenk zu überreichen, nehmen an dem Gottesdienst Theil. Im Anschluß an den selben wird der Kaiser alSdann im Lustgarten eine Parade über da» Regiment, sowie einen Generalappell über die ehe maligen Kameraden abhalten und eine Ansprache halten. Den Nachmittag wird der Kaiser bei den im Casino de« Regiment-Hause» versammelten aktiven und ehemaligen Ossi- cieren des Regiments verleben. Zu dem dortigen Diner ist eine Anzahl Einladungen ergangen; am Abend wird alSdann im Regimentsbaus durch verschiedene jüngere Osficiere ein Festspiel aufgesührt werden. — Dem Reichstage wird demnächst zur Kenntnißnabme ein Bericht deS NeichsversicherungSamteS über besten Thätigkeit im Jadre ISOl zugehen, welchen diese« Amt dem Reichskanzler erstattet hat. Der Bericht wird insofern von besonderem Interesse fei», al- da- Berichtsjahr da« erste volle Kalenderjahr gewesen ist, in welchem da- neue Unfall- versicherungSgeietz in Geltung war. Man wird also auS dem Berichte über dle Wirkungen der UnfallversicherungSrevision unterrichtet werden. Darauf, daß die Entschädigungsbeträge eine ganz bedeutende Steigerung erfahren haben, ließen schon die kürzlichen Aeußerungen des Grafen v. PosadowSky im Reichstage schließen. Neben der Thätigkeit de« ReichS-Ver- sicherungSamteS auf dem Gebiete der Unfallversicherung ist natürlich auch diejenige in der ZnvaliditälSversicherung Gegenstand deS Bericht» gewesen. — Freiherr von Heyl zu Herrnsheim bat der „Frank furter Zeitung" aus Berlin mitgriheilt, daß die von ihr ver öffentlichte Nachricht, die nationalliberale Fraktion habe ihm aahegrlegt, aus der Zolltarif-Commission auSzu- scheiden, völlig unwahr fei. — Eine mit einigen Tausend Unterschriften versehene Petition der Postassistenten ist dem Reichstage Übersandl worden. In der Petition wird auf die unangemessene bezm. ungenügende Besoldung derjenigen Postassistenten hin gewiesen, welche fünf Jahre nach bestandenem Examen, also nach etwa 9 bis 9>/, Dienstjabren nur 4,50 beträgt. Außerdem beschäftigt sich di« Pelition mit den Anstellungs verhältnissen. Von der Verwaltung waren für die Assistentenclaste 4000 Stellen in den nächsten Etat eingestellt, wovon der BunvrSratb 1000 Stellen gestrichen hat. Die Petenten bitten den Reichstag um Wiedereinstellung der ge strichenen 1000 Stellen und um Erhöhung der TageSgeldsätze auf 5 nach einer Wartezeit von fünf Jahren nach be standenem Examen. — Eine Umwandlung deS preußischen historischen Institut« zu Nom in eine Reichsanstalt war von emer größeren Anzahl deutscher Historiker in einer Petition an den Reichskanzler angeregt worden. Der preußische CultuS- Minister bat inzwischen der Akademie der Wissenschaften Ge legenheit gegeben, ihm die Gründe darzulegen, auS denen die Akademie jene Forderung nickt unterstützen kann und die gegen Organisation, ArbeitSziele und Leistungen de- Instituts er hobenen Angriffe für unberechtigt halten muß. — Eine Sitzung deS GesammtvorstanveS deS deutschen Flottinveretn« findet am Dienötag, den l8. d. M. zu Berlin statt. Es soll über Abänderungen drr Satzungen bcrotben werden. Ain Donnerstag, den 20. d. M. solgt au demselben Ort eine Mitgliederversammlung, auf der «. hl. der Rechen schaftsbericht de« Curatorium« für den China-Fond« entgegen- genommen werden soll. Ferner wird dl« Wahl der Mitglieder de« Präsidium« und die Zuwahl der persönliche» Mitglieder de« Gesammtvorstande« vorgenommen werden. — Eine bedeutsame Annäherung der christlichen Arbeitervereine an die Gewerkschaften hat sich in Br e-lau insofern vollzogen, al« der Breslauer Zweig verein deS christlichen HolzarbeiterverbanveS mit Zustimmung de» Hauptvorstandes in München beantragt bat, Sitz und Stimme in der Lohnconimission der Breslauer Zadlstelle de« deutschen Holzarbeiterverbandes (Sitz Siuttgart^ zu er halten, damit bei Lobndlfferenzen von den christlichen Arbeiter vereinen und den Gewerkschaften gemeinsam vorgegangen werde. Diesem Anträge hat die Breslau» Gewerkschaft ent sprochen. — Bor der 2. Strafkammer deS Landgericht« I stand beute wiederum Termin in einer Strafsache wegen Beleidigung gegen den Redacteur der „Staatsbürger-Zeitung" Otto Boeckler an. Als Sachverständiger war Ptof. l)r. Strack, al« Zeuge» Polizei- lrutnant Mundt und brr Student der Theologie Zottmaier auS Leipzig zur Stelle. Der Angeklagte war wiederum nicht er schienen. Der Vorsitzende, Landgericht«director Kaellrr, stellte fest, daß au« einem vom Angeklagten eingegangeneu Briese hervor gehe, daß dieser die Vorladung zum Termin erhalten habe. Er bc- antrage darum, den Termin zu vertagen, da er sich zur Zeit und aus länge« Tauer zur Herstellung seiner Gesundheit im Ausland» befinde. Ei» Brief des gleichen Inhalts sei auch bei einem früheren Termin an daS Gericht gelangt, merkwürdiger Weise sei ober in beiden Fällen der Brief in Berlin ausgegeben. eS scheine allo, daß der Angeklagte sich in Berlin aushalte. — Staatsanwalt Schmidt beantragte bet dieser Sachlage die Verhaftung deS Angeklagten, da es offenbar aus eine Verschleppung ankomme. Am 8. d. M. stehe wieder eine Anklage wegen Beleidigung de« Regierungspräsident,» von Gumbinnen gegen den Angeklagten an, tnefec sei erst kürzlich wegen Beleidigung eine- Rechtsanwalt« zu 6 Monaten Gefängnis; verurthrilt worden, und so scheine eS, daß er sich der Strafe e»l- ztehen wolle. — Der Gerichtshof beschloß, de» Angeklagten zum nächsten Termin nur vorftthren zu lasse». Von einer Bet- Haftung hat der Gerichtshof, wie der Vorsitzende Hervorbob, aus dem Grunde noch abgesehen, weil bisher noch nicht fesigrstellt sei, ob sich der Angeklagte nicht noch im Inland« befinde, was wahr- scheinlich sei. — lieber da» Jubiläum deS russischen Botschafters Graf Osten-Sacken ist noch Folgende« zu berichten: Um 10 Uhr Vormittag« brachte die Capelle des Kaiser Alexander-Regiments ein Ständchen dar. Eine Stunde später war in der Capelle der Botsckait Gottesdienst mit Trdeum; gegen Ende desselben erschienen der Kaiser und die Kaiserin, um dem Botschafter die Glückwünsche dar zubringen. Der Kaiser überreichte sodann dem Botschafter unter überaus huldvollen Worten seine Büste, rin Werk des Professors Sckott. Später brachte noch daS Kaiierin Ale^andra-Regüneut rin Ständchen. Gegen Mittag war Dejeuner für die Herren der russischen Botschaft und für hervorragend« Mitglieder der russischen Colonie. Zu Beginn deS Dejeuners überreichten die Mitglieder der Botschaft dem Grafen Osten-Sacken ihr Angebinde, ein reiches Sckreibnecessairc. Am Nachmittag war bei der Gräfin Osten-Sacken großer Empfang, zu dem der Reichskanzler Gras v. Bulow, der Staats sekretär Frhr. v. Richthofen, sämmtliche übrigen Staatssekretäre und Minister, sowie die hohen Würdenträger erschienen. Während de« ganzen Tages ltefeu Briefe und Telegramme eia: u. A. gratulirten telegraphisch der Prinz-Regent Luitpold und sämmtliche bayerischen Prinzen, der König von Rumänien, der Großherzog und die Großherzogin von Baden, Prinz Max von Baden und dessen Mutter, ferner der Groß sürst Thronfolger von Rußland, sowie sämmtliche Großfürsten und Großfürstinnen. Persönlich erschienen noch zur Gratulation Prinz und Prinzessin Kurl Anton von Hohenzollern, die jämmtl-chen Bot- schafter, Generaloberst von Hahnke, die Generale von Winlerseld und von Schmargkoppen. Der Kaiser und die Kaiserin wäre» vom General-Adjuianten von Scholl, Flügel-Adjutanten Oberst- leutnont von Bocha und der Hofdame Gräfin zu Stolberg-Wernige rode begleitet. Die Abgabe von Karten wählte bis in die Abend stunde. — Dem vor einigen Wochen wegen seine« hohen Alters von 70 Jahren und andauernder Kränklichkeit au« den« activen Militär- verhältniß auSgeschiedenen Capellmeister de« Garve-Füsilier-Re- gimenlS, StabShoboisten Frees«, ist ein bemerken-werthe« Ge- schenk de« Kaisers zu Theil geworden. Der Monarch hat „seinem lieben Freese" als Abjchiedsaabe nämlich sein Bild in kost barem Goldrahme» gesandt mit folgender eigenhändiger Wdmunq: „Dem Capellmeister Freese als Anerkennung für seine vorzügliche Leitung der Capelle des Garde - Füsilier - Regiments von seinem dankbaren früheren Brigade-Commandeur Wilhelm." — vr. Schinidt-Leda, der deutsche Gesandte für Venezuela, der sich mit Urlaub in Deutschland befindet, wird, wie es heißt, nicht aus Len Posten in Caracas zurüctkehren. Diese Veränderung würde jedoch in keinen» Zusammenhang mit dem venezolanisch?» Streitfall flehen, der eist acut geworden ist, nachdem vr. Schmibl- Lrda Venezuela bereit- mit Urlaub verlassen hatte. — Hier angekommen sind der Fürst zu Hohenlohe- Sch illingssürst aus München, der Bevollmächtigte zum BundsSratb, preußische Präsivent und LaodeS-Director de« Fürslen- lhums Walbeck und Pyrmont v. Saldern. (-) Posen, 4. Februar. Der „Posener Zeitung" zufolge hat die Kaiserin da- Prolectoral über den Bau einer evangelischen Kirche in Posen-Wilda übernommen. * Elberfeld, 4. Februar. In der Brunneufrage be schlossen l7 liberale Staviverordncte gegen 13 ultramontane und confervative, die eine Verdeckung der beschädigten Stellen beantragten, den verstümmelten Brunnen verstümmelt z» „Soll ich zu Schöttler gehen? Die Rolle eines Ver mittlers habe ich schon öfters mit Erfolg übernommen!" „Lächerlich, dergleichen überhaupt nur in Betracht zu ziehen, mein bester Herr! Denken Sie doch nur logisch! Schöttler warb um meine älteste Tochter und wurde ab gewiesen — er will einfach seine Rache kühlen — sein Ent schluß ist unabänderlich!" „Nun", rteth Paul nach kurzem qualvollen Ueber- legen in einem ermunternden Ton, „so bieten Sie den Machinationen dieses Menschen wie ein Mann die Stirn, hochverehrter Herr Döring! Angesichts der bevorstehen-- -en Erbschaft rtSkiren Sie ja nicht viel —" „Sie meinen, ich solle mich einer entehrenden Unter suchungshaft, vielleicht gar einer Berurthcilung aussetzen, meine Familie -er ganzen Schmach eines solchen Scan- dals preisgeben? Wie grausam würde meine Familie unter den Nadelstichen neiderfüllter, rachsüchtiger soge nannter Freundinnen zu leiden haben! Und Sic glauben, ich könnte diesen Schimpf, all den Jammer er tragen?" Ein fast wildes Kopfschütteln beantwortete protesttrend die eigenen, aufgeregten Fragen — „es ginge über meine Kraft! DaS können Sie aber erst verstehen, wenn Sie selbst herzige Kinder besitzen, — das eigene Fletsch und Blut — oy, wie könnte so ein unerfahrener, junger Mann La mttiprechen!" Er hatte sich im Eifer erhoben und war bann doch »vieder schwer auf seinen Stuhl zurückgesunken. Unter den langbewtmpertcn Lidern hervor huschten scheue, lauernde Blicke zu dem jungen Manne hinüber. Die Sache ging Düring durchaus nicht rasch genug und heim lich schalt er das Opfer einen zugeknöpften Philister, als Einen, dem eS nur um schöne Worte zu thun sei. Am liebsten hätte er durch eine gewaltsame Bewegung die wohlgefüllte Brieftasche an sich gebracht, und wären die Beiden allein tm Walde ober auf einsamem Wege ge wesen, wer weiß, zu welcher unseligen Thai die Habgier den oberflächlichen leichtsinnigen Mann hingerissen hätte! Er muhte sich natürlich beherrschen, aber unwillkürlich hatten seine Bewegungen in dieser verhängnißvollen Stunde etwa« Pantherarttges, Sprungbereite- ange nommen, — dieses Geld brachte er tn seinen Besitz, daS stand bereit» felsenfest bet ihm! Die Mahnung an seine geliebte Goa hatte Paul denn auch bis ins Herz getroffen. „Glauben Sic doch nickt, Herr Döring, baß ich unfähig bin, die ganze Tragweite deS bevorstehenden SchtckfalSschlagr» zu ermessen! Ater M» soll denn nur werden? Dadurch, daß Sie sich der Verantwortung entziehen, ändern Sie an dem Unglück, das Ihre Familie unbedingt treffen muß, nur insofern etwas, als Sie den Schmerz und die Trostlosigkeit der selben vermehren!" sagte er eindringlich, voll aukrtcktiger Treuherzigkeit, „wenn das noch nicht geschehen ist, so be reiten Sic die Ihrigen vor —" „Nie, niemals wirb Las geschehen!" rief Julius, auf springend und mit einer wilden, fast wahnsinnigen Be wegung den Hut vom Ständer reibend, „ich werde nicht zum Henker an meiner Familie! Ich kann und will die Thränen, das Elend nicht mit anschen, die dem Zusam menbruch aller Verhältnisse folgen werben! Schöttler mag seinen Willen haben, — ich — ich bin das Opfer —" Er stürzte hinaus, ohne Pelz, nur den Hut auf dem Kopfe, und Weber dachte nicht einmal daran, sich mit der Pelzmütze zu bedecken; von höchster Angst getrieben, eilte er dem Comödianten nach. Denn ein beispiellose Comödie war eS, die Julius hier in Scene setzte, seine Aufregung war -um weitaus größten Theil fercirt. Mit Vorbedacht schlüpfte er durch eine kleine AuSgangSthllr LcS ZimmcrS, die direkt in» Freie führte, und nur den Stammgästen bekannt war. Niemand hatte etwa- von der tnhaltschweren Aus einandersetzung gehört, Niemand eS bemerkt, daß die beiden Herren das Casino verlassen hatten. Uebrtgens kam c» Döring sogleich sehr unliebsam zum Bewußtsein, daß er es verabsäumt hatte, seinen Pelz umzuhängcn, denn die Luft schnitt eisig, dazu wallten dichte Nebel, die sich beengend, Frostschausr erzeugend, auf die Glieder legten. Aber wa» lag an einem tüchtigen Schnupfen. Zudem war er, gleich einem letdenschast- lichen Schauspieler, so von seiner Rolle durchdrungen, daß er, von Wahn und fanatischem Eigenwillen getrieben, vielleicht doch das Aeußerste unternommen hätte, wenn nicht Weber'» starke Kraft gewesen wäre. „Bitte", keuchte dieser, „bciruhtaen Sie sich, verehrter Herr Düring, kommen Sie zur Besinnung! Lassen Sie un» noch einmal eingehend verathschlagen —" Abermals ein wildes GichloSretßen. „vehalten Sie Ihre Weisheit für sich, mich können Sie damit nicht ve- glücken! Nur ein thatkräfttger Freundschaftsdienst kann mich «retten, und davor scheuen auch Tic zurück, ebenso wie all« Anderen!" , „Sch — Herr Düring — ich — ? Weiß -er Himmel, mein Leyte» gebe ich hm, könnte ich damit die unselige Angelegenheit au» der Welt schaffen!" Ein spöttisches, bedeutsames Auslachcn. „So spricht Jemand, dessen Brieftasche wohlgcfüllt ist —" Nur widerstrebend, ließ Düring sich langsam dem Hause wieder zuführcn. Weber schüttelte sich vor Auf regung und Frostschauern, die ihm über den Körper jagten. „Wenn eS mein Geld wäre —" sagte er nachdrücklich, „mein Eigenthum, Herr Döring, mit tausend Freuden würde ich eS opfern, schon Eoa's wegen — aber es ist fremdes, mir in festem Vertrauen auf meine Biederkeit überlassenes Gut — ein anderer Freund leistete Bürg schaft für mich. ES wär« vermessen und ehrlos, wollte ich nach Gutdünken mit diesem Capital wirthschaften!" Sie standen wieder vor der EtngangSthür des ge- müthltchen, kleinen Zimmers. Düring hatte mit Vor bedacht seine Schritte dorthin gelenkt, augenscheinlich kostete jede Bewegung ihm Ucbcrwinbung, denn schwer und schwerer stützte er sich auf Webcr'S Arm. Aber end lich traten sie doch wieder ein tn den heißen, mit Cigarren dampf gefüllten Raum. Döring nahm seinen Platz wieder ein. Wie vorher, saßen sie einander gegenüber, aber das verhängnißvolle, bedeutungsschwere Wort war gefallen, die Brücke dadurch hergestellt. Nun galt e» nur nock, mit kühnem Dagc- muth hinüber zu gelangen, um da» weich«, edle Her de» Anderen ganz zu umgarnen — er mußte sich ja er geben! Julius frohlockte schon heimlich. Wie Jemand, der seine» Siege» sicher ist, konnte er ein Lächeln des Triumphe» nur schwer unterdrücken. Ha! Den Menschen Geld „abzuknüpsen", darin war er ja ein Meister! Wie hätte Lieser unerfahrene junge Mann ihm dauernd Widerstand entgegensetzen können! ES handelte sich wohl nur noch um einen kurzen Kampf. Einer Vorbereitung dazu bedurfte e» nicht einmal mehr! „Rach Gutdünken sollen Vie mit Ihrem Capital auch keineswegs wirthschaften, mein junger Freund", ent« segnete er tn einem väterlichen, Überaus wohlwollenden Ton, „e» bietet sich eben nur eine Gelegenheit, die Tie meinem Herzen nahe bringen muß — wenn Sie mir die Gefälligkeit erweisen, und mir das Geld auf höchstens vierzehn Tage zur Verfügung stellen, so verpflichten Sie mich aus alle Zett zu wärmstem, unvergeßlichem Dank!" Paul lehnte sich zurück. Ihm war, al» drehe sich da ganze Zimmer mit ihm im Kreise. „Sie können Mr wirklich zumuthen —7" stammelte er. Döring runzelte die Stirn. „Bitte, lassen Sic solche Bemerkungen", unterbrach er der» Andern kalt, „ich er trage sie nicht. Vergesse» Sie nicht, daß Sic mir dort draußen gewissermaßen Hilfe versprachen —" „Aber nicht mit diesem Geldc", sagte Paul, den ein nervöses Zittern befallen hatte, „nein, so meinte ich es gewiß nicht!" Döring wechselte seinen Platz. Er setzte sich neben den jungen Mann. „Eine bessere Gelegenheit, Ihr Capital zu verdrei fachen, könnte sich Ihnen nie bieten", schmeichelte er, „und bedenken Sic doch auch, wie Eva Ihnen einst danken wird, wenn sic erfährt, was Sic in einer ernsten Stunde für mich gethan haben! Wie aber müßte cs sie befremden, erführe sic später, daß Sic allein mir hätten helfen können und mich -och grausam meinem Schicksal über ließen." In Paul s Zügen malte sich -er Kampf, den seine UebcrzeugungStreuc, sei», Gewissen gegen Wankelmuth und Nachgiebigkeit ausfochtcn. Döring erkannte wohl, daß Evas Name Eindruck hervorgerufcn hatte. „Man muß das Eisen schmieden, so lange eS heiß ist", dachte er, und laut fügte er hinzu, in einem bittenden, beschwörenden, wirklich erschütternden Tone: „Erhalten Sie Ihren Kindern den Großpapa, Paul. Sie risktren nicht», und wir Alle wsrdcn Sie, wenn die Gefahr vorüber ist, wie einen Helden feiern!" Er er faßte die Hand des jungen Mannes. „Lassen Sie mich doch nicht so lange vergeblich betteln, lieber, einziger Paul, machen Sie all' meiner Qual ein Ende — erbarme» Sie sich!" Weber fuhr bei der Berührung zusammen, als erwache er au» einem bösen Traum. „Herr Döring", sagte er gepreßt, „es wäre eine Ver messenheit, die sich unbedingt bitter rächen würbe! Bitte, bestürmen Sie mich nicht weiter! Ich wäre zu jedem anderen Opfer bereit —" Döring sprang auf. „Gut!" rief er finster, „auf Ihr Haupt komme mein Tod! Phrasen sind nun genug ge tauscht worben — Schluß " (Fortsetzung folgt.)
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