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Nichtamtlicher Teil. 10869 280, 2. Dezember 1904. genug, um darzutun, daß dieser Weltteil es wohl verdient, vom englischen Buchhandel mehr beachtet zu werden. Der größte Teil der nach Südamerika verkauften Bücher besteht aus Romanen; doch ist auch Absatz für wissenschaft liche Literatur, für Nachschlagebücher und für Reise beschreibungen vorhanden. Religiöse Werke werden nur selten verlangt; doch ließe sich eine gute Anzahl der »säiticm äs luxs« verkaufen. Die Tatsache, daß in den meisten, wenn nicht in allen Ländern Südamerikas kein Einfuhrzoll auf Bücher erhoben wird, sollte ein weiterer Ansporn für den Handel sein. Doch noch ein andres und vielleicht noch wertvolleres Feld steht dem Buchhandel offen. Wir meinen den Druck der Bücher in spanischer oder portugiesischer Sprache zum Gebrauch der Südamerikaner — oder vielmehr zum Gebrauch für Spanier und Portugiesen in der ganzen Welt. Man hat dem englischen Kaufmann und Fabrikanten immer vorgeworfen, daß er den speziellen Bedürfnissen seiner ausländischen Kunden nicht genügend Rechnung trage; das gilt im gleichen Maßstab auch für den englischen Buch handel. Die andern Nationen, besonders Frankreich, haben ihre Interessen hier sehr wahrgenommen, und die Mehrzahl der in Südamerika verkauften spanischen Bücher — nament lich die teureren — sind in Paris gedruckt, das man fast als ein Zentrum des spanischen Verlagsbuchhandels bezeichnen darf und das an Wichtigkeit wohl selbst Madrid und Barcelona vorangeht. Paris beherrscht einen so großen Teil des dortigen Marktes, weil Bücher, wie wir schon sagten, im allgemeinen zollfrei nach Südamerika eingeführt werden können. Da die Arbeit in Europa billiger als in Süd amerika ist, so können sie natürlich billiger eingeführt werden. Man sollte meinen, daß Madrid, der Sitz der Akademie, die anerkannte literarische Autorität für alle spanisch sprechenden Völker und der Brennpunkt, von dem die spanische Kolonisation ausgegangen ist, sich eines absoluten Vorteils in dieser Hinsicht erfreuen würde. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Obgleich eine große Anzahl in Madrid gedruckter Bücher nach Südamerika exportiert wird, — den wertvolleren Teil des Handels hat Paris in Händen. Man muß das auf die verhältnismäßig geringere Befähigung für den Export und auf die Energielosigkeit und geringe Unternehmungslust des Durchschnittsspaniers zurückführen. Da Südamerika in eine Anzahl unabhängiger und auf sich eifersüchtiger Staaten zersplittert ist, die gegenseitig kaum miteinander in Verbindung stehen, so ist es schwer, hier den Handel zu zentralisieren. Anderseits sind die großen euro päischen Zentren sehr bevorzugt und haben ein hinreichend bedeutendes Übergewicht, um den Handel in dem großen Maßstab ausüben zu können, der zum Erfolge nötig ist. Einige der leitenden französischen Verleger wie Garnier frdres und Hachette machen durch das Verlegen spanischer Bücher ein großes Geschäft, und wenn man bedenkt, daß spanisch von etwa 60 Millionen Menschen, und die verwandte portu giesische Sprache von noch wenigstens 20 Millionen ge sprochen wird, so dürste man wohl verstehen, daß es lohnt, sich hiermit näher zu beschäftigen. Wir sagten schon, daß Frankreich einen großen Teil des spanischen Büchermarktes versieht; eine große Anzahl spanischer Romane (im Original oder in Übersetzungen aus dem Französischen), die wissenschaftliche Literatur und fast alle die verschiedenen Luxusausgaben kommen aus Frankreich. Doch auch die Amerikaner sind tätig gewesen, und viele der Lehrbücher, die in den Schulen des spanisch sprechenden Amerika gebraucht werden, sind von ihnen gedruckt und herausgegeben. Auch verlegen sie in spanischer Sprache Romane usw., viele darunter aus dem Englischen übertragen, und man kann wohl sagen, daß sie in der 3Lrse»blatt Mr den deutschen Buchhandel. 7l. Jahrganz. spanischen Übersetzung sehr begehrt sind. Auch viele der Feuilletons, die in den spanischen Blättern erscheinen, sind englischen Ursprungs, häufiger aber noch aus dem Fran zösischen übersetzt; nur verhältnismäßig wenige Arbeiten stammen von spanischen Schriftstellern. Es ist interessant, festzustellen, daß die spanische Literatur, die einst das Meister werk der erzählenden Literatur — den Don Quixote — hervorzubringen vermochte, jetzt versagt, und daß die Leser zum größten Teil auf fremde Quellen angewiesen sind. Einige englische Romanschriftsteller, Scott zum Beispiel, sind besonders beliebt. Englische Verleger, so meinen wir, sollten die bei ihnen erschienenen Werke zum Gebrauch für die zahlreichen spanisch sprechenden Völker in diese Sprache übersetzen lassen. Es ist in Südamerika (wie im allgemeinen auch auf dem europäischen Kontinent) üblich, die billigen Ausgaben nur broschiert herzustellen und es dem Käufer zu überlassen, das Buch nach seinem Geschmack zu binden, wenn er überhaupt darauf Wert legt. Wir meinen, England besitzt größere natürliche Vorteile als irgend ein andres Land, den spanischen Büchermarkt zu versehen, da Bücher hier billiger als in irgend einem andern Lande hergestellt werden können, und ebenso hat es für den internationalen Verkehr größere Vorteile als irgend ein andres Land. Das Übergewicht in der Baumwollindustrie Englands beruht auf den Prinzipien des Freihandels, der alle Rohmaterialien frei einzuführen gestattet, während die mitbewerbenden Nationen für nahezu alles zu Importierende Abgaben zu zahlen haben und somit nicht so billig produzieren können. Die Vorteile des Freihandels kommen auch dem Buchhandel zugute, da die für die Papiererzeugung und für sonstige Buchherstellungszwecke benötigten Rohstoffe eingeführt werden müssen. Doch trotz dieser natürlichen Vorteile läßt England sich von Ländern wie Frankreich und Amerika zurückdrängen, die sicher nicht so günstig gestellt sind wie wir. Die Einführung des metrischen Systems, ein Gesetz, das jetzt dem Parlament vorliegt, wird wesentlich zur Ver einfachung des Verkehrs beitragen, da alle spanisch sprechenden Nationen sich dieses Systems bedienen. — Wir wollen hier nicht kommentieren und überlassen es jedem, sich einen Vers daraus zu machen. Es ist recht erfreulich zu lesen — das dürfte auch manchen deutschen Professor interessieren —, daß Bücher hier billiger als in irgend einem andern Lande her gestellt werden können. Wer englische Buchdruckerrechnungen gesehen hat, wird das freilich kaum glauben wollen. Doch lassen wir das und sehen wir, wie die Amerikaner, die wir schon in Südamerika »at vcorlc« gefunden haben, weiter Vorgehen und für ihren Markt neue Wege suchen. Das »llvbllsllsrs' Oircmlsr« schreibt in einer seiner letzten Nummern: Der Wettbewerb amerikanischer Bücher- Exporteure nach unfern Kolonien fängt an für englische Autoren, Buchhändler und Verleger eine ernste und schwierige Sache zu werden. Es handelt sich nicht nur darum, daß die billigen amerikanischen Ausgaben der druckfreien Werke auf den englischen Markt geworfen werden; auch das durch Verlagsrecht erworbene Buch, das, wie man annimmt, überall geschützt ist, ist in Mitleiden schaft gezogen. Seiner Zeit verlangten die Amerikaner nur den Markt in Amerika. Sie hatten natürlich kein Recht, irgend etwas zu verlangen; doch war der Handel dort vor 20—30 Jahren nicht von Bedeutung, und dann ließ sich vom amerikanischen Standpunkt auch dies und das hierüber sagen. Bei der auf Tausende von Meilen sich hinziehenden Linie der sein sollenden Grenze zwischen Britisch - Nord amerika und den Vereinigten Staaten war es natürlich un möglich, den Schmuggel zu verhüten. Der amerikanische Verleger glaubte auch nicht viel für die Zeitungsabdrucke 1423