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258, 6, November 1818, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f d, Dtschn. Buchhanvet. kann, ist an das Kgl, Preuß, Kriegsministerium weitergeleitet worden, da die fragliche Verfügung von den Berliner Zen tralstellen aus seinerzeil veranlaßt worden ist. Von seiten des stellv. Generalkommandos Der Chef des Stabes, gez, Friese, An den Vorstand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Herrn Hosrat vr, Meiner, Hochwohlgeboren, Leipzig, Sächsisch-Thüringischer Buchhändler-Verband. Bericht über die Geschäftsjahre 1918/17 und 19 17/18, Erstattet vom Vorsitzenden, Sehr geehrte Herren Kollegen! So oft wir in den letzten Jahren beisammen waren, schie den wir mit dem innigen Wunsche, uns das nächstemai im Frie den wiederzuschen. Diesem angesichts des entsetzlichen und sich immer noch steigernden Wütens der Kriegsfurie immer drin gender werdenden Wunsche ist eine Erfüllung bisher versagt geblieben, und fast will es heute scheinen, als seien die Friedens aussichten geringer anstatt stärker geworden. Da gilt es denn, unverzagt die innere Front zu halten, bis der uns aufgezwun gene Verteidigungskampf ein Ende nimmt. Wir gedenken da bei in herzlicher Liebe und Verehrung derer, die ihr Leben und ihre Gesundheit für die Fortexistenz des Vaterlandes dahin- gcgcbcn haben, sowie derer, die noch jetzt in heißem Ringen stehen und die cs uns erst ermöglichen, hier an friedlicher Stätte zusammen zu sein, um über die Aufrechterhaltung des wirt schaftlichen Lebens unseres Berufes für jetzt und für die Zukunft zu beraten. Wir wissen es alle, daß diese Zukunft keine leichte sein wird. Die ungeheuren, in ihrem vollen Umfange heute noch gar nicht zu überblickenden Schäden des Krieges, die ins Riesenhafte wachsende Verschuldung des Reiches, der Einzel staaten und der Gemeinden, die Fürsorge für die Kriegsbeschä digten und die Witwen und Waisen der Gefallenen, die Mittel, die dazu nötig sind, wirtschaftlich zusammengebrochene oder ge schwächte Existenzen des Mittelstandes wieder aufzurichten, die Aufwendungen, die wir bei schlechter Valuta zum Ankauf der Rohstoffe werden machen müssen, um nicht nur den nach Waren hungernden inneren Markt zu befriedigen, sondern auch unsere durch den Krieg vernichtete Ausfuhr wieder herzustellen — alles das wird Zusammenkommen, uns die Zeiten nach dem Kriege zu so schweren zu machen, wie wir sie bisher noch nicht erlebt haben. Da gilt es denn, beizeiten Vorsorge zu treffen, soweit es irgend möglich ist, damit uns die kommenden Anforderungen gerüstet finden. Daß und wie wir in dieser Beziehung tätig gewesen sind, wird bei der Besprechung der wirtschaftlichen Lage unseres Berufes näher auszuführen sein. In immer steigendem Maße werden in Zukunft die wirt schaftlichen Verbände dazu berufen sein, gemeinsam mit den Regierungen die Maßnahmen zu beraten und durchzuführen, die zur Hebung der einzelnen Wirtschaftszweige, zum Ausgleich widerstreitender Interessen sowie zur gerechten Verteilung künf tiger Lasten erforderlich sind. Damit wächst dieBedeutung der Mitgliedschaft bei seinem Berufsverband für jeden einzelnen, und wer in Zukunst in Eigenbrötelei noch abseits stehen will, wird das Unzweckmäßige seines Entschlusses bald am eigenen Leibe erfahren. Auch unser Verband ist mehr und mehr von den Behörden zur gutachtlichen Äußerung und zur Er teilung von Auskünften herangezogen worden, so z. B, in Sachen des Hilfsdienstes vom Feststellnngsausschuß in Magdeburg, in Sachen der Druckschriftenausfuhr nach dem Auslande vom stellv, Generalkommando des IV, A,-K,, dem eine Mitgliederliste ein gereicht wurde, Ihr Vorsitzender erhielt die Zusicherung, daß einem Mitglied« der Zulassungsschein zur Drucksachenausfuhr nicht ohne vorherige Befragung des Verba,idsvorstandes ver weigert werden solle. Daß die Mitwirkung der WirtschastSver- bände auch bei der Durchführung der neuen Steuergesetze in Aussicht genommen ist, sei in diesem Zusammenhang nur neben bei erwähnt. Es ist also nicht zu verwundern, daß sich die Erkenntnis des Wertes der Mitgliedschaft auch unseres Verbandes immer mehr verbreitet und seine M i t g l i e d e r z a h l ständig zunimmt. In den Berichtsjahren konnten wir im ganzen 28 Zugänge verzeich nen, während andererseits 19 Mitglieder ausschieden. Auf dem Felde der Ehre fiel Herr Rich, Ratsch in Naumburg; der Tod entriß uns ferner die Herren Hans Gräfenhan in Eisleben, Hugo Ncumann in Erfurt, Friedrich Thienemann in Gotha, Hosrat Alfred König in Sondershausen, Otto Wünsche in Tor- gan, Herr Friedrich Thienemann in Gotha hat dem Vorstande unseres Verbandes während einer Reihe von Jahren angehört. Er ist uns dadurch besonders m hegetreten, Seiner und der an deren verstorbenen Kollegen werden wir stets in Treuen ge denken, Mit einer Mitgliederzahl von 213 gehört der Sächs,- Thüring, Buchhändler-Verband zu den größten Kreisvereinen im deutschen Buchhandel, Der Vorstand möchte in diesem Zusammenhänge wiederholt darauf Hinweisen, wie außerordentlich wichtig ein Zusammen arbeiten der Kollegen derselben Stadt ist, sei es nun, daß sie sich zu einem festen Lokalverein zusammenschließen, sei es, daß sie von Fall zu Fall wichtige Fragen gemeinsam erörtern und gegenüber den Behörden sowohl wie dem Publikum in Wahrung ihrer Interessen geschlossen auftreten. Der Vorstand des Verbandes kann bei der Verschicdenartigkcit der Verhält nisse in den einzelnen dem Verbände angehörenden Bundes staaten und in den Verbandsstädten verschiedener Größe nicht überall selbst eingreifen. Er muß sich bei Durchführung der satzungsgemäßen Beschlüsse auf die Mitarbeit örtlicher Verbin dungen stützen können. Die Vorteile gemeinsamen Vorgehens liegen auf der Hand; ich brauche mich darüber nicht näher zu verbreiten. Ich wende mich nun zur Besprechung der wirtschaft lichen Lage unseres Berufes, wie sie sich seit unserer letzten Hauptversammlung vor 2 Jahren entwickelt hat. Konnte damals gesagt werden, daß das Sortiment in seinen Einnahmen durch den Krieg nicht so erheblich geschädigt worden sei, wie anfangs all gemein befürchtet werden mutzte, so haben die Verhältnisse, wie so manches in diesem an Überraschungen so reichen Kriege, in zwischen eine Entwicklung genommen, wie sie schlechterdings nie mand voraussehen konnte. Abgesehen vom wissenschaftlichen Sortiment und Antiquariat, das ebenso wie der Verlag gleicher Richtung nach wie vor schwere Einbußen infolge der Einschrän kung des wissenschaftlichen Lebens und des Wegfalls der Aus fuhr nach dem Auslande erleidet, hat das Sortiment inzwischen seine Friedensumsätze Wohl überall nicht nur erreichen, sondern zum Teil sogar wesentlich steigern können. Infolge des Man gels an geeigneten Geschenkartikeln anderer Art wandte sich das Publikum mehr als bisher dem Buche zu, der große Be darf an Lesestoff für unsere Feldgrauen, der Drang, in dieser Zeit schwerer Sorgen und Kümmernisse den Geist abzulenken, trugen dazu bei, den Buchabsatz in ungeahnter Weise zu heben. Trotz der enormen Teuerung der Lebenshaltung und der stei genden Bllcherpreise zog daraus nicht nur das billige Buch Nutzen, sondern auch teure, für Liebhaber berechnete Werke fan den ein aufnahmewilliges Publikum. Dabei traten vielfach die alten Kunden des Buchhandels, soweit sie zu den Festbesoldeten gehören und infolgedessen unter der Entwertung des Geldes ganz besonders zu leiden haben, gegenüber neuen Käuferkreisen zurück. Wie sich die Verhältnisse in dieser Beziehung nach dein Kriege gestalten werden, ist vorläufig nicht abzusehen. Wahr scheinlich ist, daß die wissenschaftliche und belehrende Literatur dann wieder mehr in den Vordergrund tritt, während der Ab satz an reiner Unterhaltungslektüre zugunsten anderer Zer streuungen und anderer Geschenkartikel wieder zurückgeht. Jeden falls mutz der Buchhandel das Seine dazu tun, die ihm jetzt neu zugeführte Kundschaft sich für dauernd zu erhalten, zum Nutzen des deutschen Buches überhaupt und zur Förderung der deutschen Kultur, «63