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2L0, 25. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. vörlenblaU 1 d. Dtschn. Buchhandel. 13113 in Leipzig die ganze Sorge für den weiteren »buchhändleri schen« Betrieb übernimmt. Durch diese Einfachheit und große Bequemlichkeit des Bllcherbezugs ist dem eigentlichen Buchhandel im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Armee von Konkurrenten entstanden, die deshalb eine so große Gefahr für den Buchhandel bilden, weil sie gerade die Brotartikel dem Sortiment streitig machen, die Brotartikel, die das Rückgrat des Sortiments bilden, die es dem Sortimenter ermöglichen, auch weniger rentable, ja sogar unrentable Zweige des Berufs zu Pflegen, wie z. B. den Novitätendertrieb bei wissenschaftlichen Werken. Gegen diese unerfreuliche Erscheinung ist im Laufe der Jahre nichts, rein gar nichts geschehen. Der Anfang einer Gegenarbeit ist erst vor einiger Zeit durch den Versuch gemacht worden, eine Reinigung des Adreßbuches in die Wege zu lei ten. Meine Herren, bei dieser Reinigung des Adreßbuches werden wir aber nicht stehen bleiben dürfen, wir werden weiter die Wege suchen müssen, wie die Schäden, die unsere Organi sation zweifellos verschuldet hat, mit Hilfe dieser selben Or ganisation wieder gutgemacht werden können. Als wir im vergangenen Jahre in Eisenach die Wege fanden, wie eine gleichzeitig nützliche und praktisch durchführbare Reinigung des Adreßbuches begonnen werden könne, da waren wir uns von vornherein klar darüber, daß eine solche Reinigung des Adreßbuches nicht Selbstzweck sein dürfe, sondern daß sie lediglich den Anfang einer Stellungnahme zur Wiederver- käuserfrage und einer Stellungnahme insonderheit zum Zwischenhandel darstellen könne. Wenn wir es unternommen haben, das Adreßbuch zu reinigen, konnten wir unmöglich an der Frage Vorbeigehen, was nun mit den nichtaufgenommenen beziehungsweise abge wiesenen Firmen geschehen solle, ob sie trotz der Abweisung als Vollrabattbcrechtigte Wiederverkäufer anzusehen sein sollten, oder welche Stellung ihnen sonst Angewiesen werden müsse. Aber auch der gänzlich unklare Begriff des Wieder- verkäufcrs, der sich ohne jede Erklärung in unserer Satzung, in der Verkaufsordnung und in der Verkehrsordnung findet, wird wohl manchem von Ihnen bereits die Frage nahege legt haben, ob es nicht an der Zeit sei, einmal eine klare Umschreibung dieses unklaren Begriffes zu versuchen. Wenn wir die Firmen, die in das Adreßbuch ausgenommen werden, als vollrabattbercchtigte Wiederverkäufer anerkennen, dann ist doch die logische Folge dieses Vorgehens die, daß den Firmen, die wir abweisen, der buchhändlerische Rabatt in voller Höhe nicht zugesprochen werden soll. Gesagt ist das aber nirgend wo, und cs ist hier zweifellos eine Lücke in unserer buch- händlerischen Gesetzgebung vorhanden, die der Ausfüllung harrt. Dieser Klärung und Lösung einer der wichtigsten Fra gen, die den Buchhandel beschäftigen können, näherzukommen, wollen wir nun heute den Versuch machen. Eine wirklich gründliche Regelung der Wiederverkäufer srage wird — das unterliegt Wohl keinem Zweifel — nur im Rahmen eines Gesetzes oder einer Ordnung des Börsen- vcreins möglich sein. Eine solche Ordnung könnte entweder den bestehenden Gesetzen eingegliedert, oder sie könnte selb ständig erlassen werden. Für den Realpolitiker, d. h. für den, der aus festem Boden zu bleiben wünscht, kann es sich hierbei nicht darum handeln, was nun allerletzten Endes wünfchens- und erstrebenswert, sondern um das, was für den Augenblick praktisch durchführbar und erreichbar ist, und da komme ich zu dem Resultate, daß im Augenblicke eine Lösung der Wieder verkäuferfrage nur im Rahmen einer neu zu schaffenden Wie- dcrverkäuferordnung möglich erscheint. Es würde gewagt sein, wenn wir die Verkaufs- und Verkehrsordnung jetzt mit den gänzlich neuen Paragraphen einer Wiederverkäuserord- nung belasten wollten, schon aus dem Grunde, weil wir die Perkaufsordnung noch gar nicht einmal unter Dach und Fach Börsenblatt für dm Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. haben und weil wir ihre Durchführung in schwerster Weise gefährden würden, wenn wir ihr jetzt den Ballast gänzlich neuer Paragraphen einfügen wollten. Ich glaube, meine Herren, daß Sie sich nach meinen weiteren Ausführungen meiner Ansicht anschlietzen werden. Eine Wiederverkäuferordnung hat, ganz kurz gesagt, fol gende drei Punkte zu regeln: erstens einmal den Punkt, für wen sie verbindlich sein soll, zweitens den Punkt, wer als Wiederverkäufer zu betrachten ist, und drittens den Punkt, wie an den Wiederverkäufe:: geliefert werden soll. Wenn ich zunächst die beiden ersten Fragen behandeln darf — So wünschenswert es erscheinen mag, daß nicht nur dem Zwischenhandel, unter dem ich das Grossogcschäst, das Bar sortiment und das Kommissionsgeschäft verstanden wissen will, Beschränkungen auserlegt werden, wer als Wiederver käufe! anzusehen sei, sondern daß auch dem Verleger der Kreis seiner Wiederverkäufer durch eine Wiederverkäuferord nung eingeschränkt werde, so schwierig scheint mir heute eine solche Lösung der Frage zu sein. Gewiß, cs prüft eine sehr große Zahl von Verlegern recht genau die einlaufenden Bestellungen und lehnt Bestellungen von Firmen ad, die nicht im Adreßbuch stehen. Aber es gibt auch eine große Zahl von Verlegern, die eine weit größere Zahl von Wiedcrverkäufern, als das Sortiment sie stellt, nötig haben. Das sind beson ders die Verleger von populärer Literatur, sozusagen von Konkurrenz- und Massenartikeln, die an den Mann gebracht werden müssen. Aber auch in diesem Falle wird der Verleger fast immer kritisch prüfen, ob es sich wirklich um Wiederver käufer handelt, d. h. um Leute, die wirklich Bücher vertreiben und sich dafür verwenden wollen, oder ob es sich um dunkle Existenzen handelt, die hin und wieder gelegentlich einmal ein Buch vertreiben und in fast ebensovielen Fällen den Ladenpreis gefährden, oder ob es sich endlich gar um Privat personen handelt, die nur Bücher mit buchhändlerischem Ra batt beziehen wollen. Der Verleger wird auch, wenigstens, wenn er verständig ist, den Kreis seiner Wiederverkäufer gar nicht einmal ins Uferlose ausdehnen wollen, weil er sich ganz richtig sagt, daß er damit den Kreis seiner für ihn wirklich arbeitenden, zünf tigen Wicderverkäufer schädigt und aufnahmeunfähig macht. Und endlich, wenn es sich um Übertretungen von Verkaufs bestimmungen handelt, wird sich, wenn der Wiederverkäufe! nur vom Verleger bezieht, von selbst ergeben, wer als Liefe rant in Frage kommt, und es wird mit Hilfe des Verleger» oder, wenn es sein muß, auch einmal gegen den Verleger den Satzungen und Ordnungen des Börsenvereins Geltung ver schafft werden können. Ganz etwas anderes ist es, wenn der Wiederverkäufer durch einen Zwischenhändler bezieht. Meine Herren, wir werden da nie sicher sein, ob nicht der Zwischen händler den Kreis seiner Wiederoerkäufer nach eigenem Gut dünken auf Gewerbetreibende ausdehnt, die mit dem Bücher vertrieb gar nichts zu tun haben, oder sogar auf Privatper sonen. Ja, meine Herren, ich kann sogar sagen: es wird ganz sicher sein, daß der eine oder andere Zwischenhändler so han deln wird. Wir werden ferner, wenn Rabattllbertretungen Vorkommen, niemals herausbekommen können, wer als Liefe rant in Frage kommt, und wen wir zur Einstellung der Liefe rung zu bewegen haben. Meine Herren, diese in der Hauptsache durch den Zwischen handel yervorgerusene Rechtsunsicherheit mutz unbedingt eine Wandlung erfahren. Diese Wandlung kann erreicht werden einmal durch eine festumschriebene Einschränkung des Kreises der Wiederverkäufe!:, wodurch gleichzeitig der weiteren Aus saugung des Sortiments Einhalt getan würde. Es mutz fer ner innerhalb des Börsenvereins eine Stelle geschaffen wer den, die einen überblick darüber hat, wer als Wiederverkäufer mit buchhändlerischem Rabatt durch den Zwischenhandel >7N«