Hierbei ging man von dem Gesichtspunkte aus, „daß die Stadtgemeinde zu unvermögend sei, aus eigenen Mitteln und ohne kräftige Beihülfe des Staats eine Gelehrtenschule in der erforder lichen Maaße herzustellen und zu erhalten." Sowohl der Stadtrath als das Collegium der damaligen Communrepräsentanten erklärte sich mit dem Deputationsvorschlage einverstanden und es geschah jetzt an die Lehrer des Lyceums mit großer Eile — schon unterm 6. April 1835 — die ofsicielle Eröffnung, daß das Lpceum mit dem I.Mai 1835 als geschlossen zu betrachten sei. Es war zu erwarten, daß die Anstalt diesen Termin nicht erleben werde. Tag für Tag schmolz die Schaar der Commili- tonen zu einem immer kleineren Häuflein zusammen und schon am 15. April legte der Rector AI. Heimchen die Siegel zu Schule und Bibliothek, das Schularchiv, die Bibliothekschlüssel und die Schülermatrikel in die Hände des Stadtraths nieder. Der I.Mai sah die leeren Auditorien; Lehrer und Schüler hatten sich zerstreut; die altehrwürdige Bildungsstätte war geschlossen. So unterlag das Lyceum zu Chemnitz dem Zahne der Zeit, ein beklagenswerthes Opfer der von den Vertretern der Stadt gemeinde festgehaltenen Ansicht, daß Chemnitz ohne Unterstützung aus Staatskassen zur Erhaltung einer tüchtigen Gelehrtenschule nicht die erforderlichen Mittel habe. So ward Chemnitz sicherlich die einzige Stadt im großen deutschen Vaterlande, die bei einer Bevölkerung von mehr als 25000 Seelen in ihrer Mitte keinen Stützpunkt für humanistische Studien hat. Mit der theuren Lehranstalt schwand nicht auch das dankbare Andenken ihrer zerstreuten Zöglinge; es verrann Jahr auf Jahr; aber ungcschwächt blieb den Chemnitzer Lyceisten die wohlthuende Erinnerung an die geweihte Stätte, wo sie ihre edelste Bildung empfingen, ungeschwächt die Erinnerung an die in voller Jugend lust verlebten schönsten Jünglingsjahre, ungeschwächt das Andenken an liebe Lehrer, Mitschüler, Freunde und Wohlthäter.