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Redaktioneller Teil. 31, 8. Februar 1916. Münchener Herr Berichterstatter, sollte Reklame nie ganz beiseite gestellt werden. Frühzeitige und fortgesetzte Hinweise in Zei tungen, unterstützt durch frühzeitige Versendung von Katalogen, sollten nicht als verlorene Mühe, als hinausgeworfenes Geld be trachtet werden, wenn der Erfolg auch auf sich warten läßt. Sie wirken nach und um so sicherer, je ernster man bemüht gewesen ist, sich dem Publikum immer wieder in Erinnerung zu bringen. In sehr günstiger Weise spricht sich auch Herr Otto Mark in Fa. Keil's Nachf. in Rudolstadt über den Wert der Zei- tungsreklame aus: Das Geschäft ging im ganzen besser als 1914. Die Kauflust war stärker. Gekauft wurden hauptsächlich gute Romane und Jugcnd- schriftcu. Das Publikum liest sich willig beraten, zumal die Männer in der Kundschaft fehlten. Durch andauernde Zeitungs reklame habe ich Erfolg zu verzeichnen gehabt. Dadurch, und nur dadurch verkaufte ich Bücher fiirs Feld als Beipack in Liebesgaben sendungen. (Hesse — Reclam — Kürschner — Ullstein - Wiking — Enstlin — Brockhaus). Für Feldbücher wurden 20Pfg. bis 1 Mark bezahlt, mehr nicht. Jugcndschriften waren begehrt, in erster Linie Batcrlandslilcratnr, dann Sammelbändc wie Universum, Wcltpano- rama usw. Montanus-Bücher (für die Jugend) liesten an Erfolg sehr zu miiuschcn übrig. Gröstere Werke, besonders Sammelwerke, wur den nur selten verkauft. Gröstere wissenschaftliche Sachen fielen voll ständig ans. Wcihnachtskataloge, rcgelmästige Schanfensterausstellung und immer wieder die Zeitungsreklamc mit speziellem Hinweis ans ein zelne Artikel brachten Erfolg In Bamberg war das Weihnachtsgeschäft »erheblich bes ser« als im Vorjahre. Es verlief glatt, ohne wesentliche Stö rungen. Bevorzugt wurden neuere Romane; solche, die auf den Krieg Bezug nehmen, wurden weniger verlangt. Die entgegen gesetzte Neigung zeigte sich in der Nachfrage nach Jugendschriften. Im wesentlichen wurden hier also dieselben Erfahrungen ge macht wie anderswo. Auch aus Düsseldorf wird ein »bedeutend besseres« Weihnachtsgeschäft gemeldet als 1914. Trotz »nur ganz geringer Reklame« und dem Zeitübel verminderten Personals haben ein zelne Dezember-Tagesverkäufe die der Jahre 1911 und 1912 er reicht. »Bedeutend besser« als im Vorjahre war das Weihnachts geschäft auch inRemscheid. Es wird im großen und ganzen als gut bezeichnet. Zur Reklame dienten der Volckmarsche Weih nachtskatalog, abwechslungsreiche Schaufenster-Ausstellungen und häufige Zeitungsanzeigen. Herr Jacob Peth (Fr. Lehmann's Buchhandlung) inZwei - brücken sandte uns zwei Zeitungsanzeigen seiner Firma, die eine als Anregung allgemeiner Art gehalten, die andre mit An kündigung von Büchern des Holbein-Verlages, beide von ge nügender Auffälligkeit, über das Weihnachtsgeschäft äußert er sich wie folgt: Den Vorstellungen bei Behörden und Vereinen, bei ihren Sen dungen an unsere Männer im Feld, deren eigenen Wünschen ent sprechend, auch das Buch gebührend zu berücksichtigen, wurde in unserer Pfalz in verständnisvoller Weise Rechnung getragen, und auch die Wer bearbeit durch Veröffentlichung von Anzeigen und Anregungen im Schriftleitungsteil der Presse hatte einen erwähnenswerten Erfolg, wenigstens bei uns in der Westpfalz. Wenn auch die außerordent lichen Tenernngsverhältnisse naturgemäß recht vermindernd ans die durchschnittliche Höhe der Bezüge einwirkten, so konnte doch eine Er weiterung des Kreises der Bücherkäufer durch manche festgestellt werden, die seither dem Einkauf von Büchern ferne standen, ja gar nicht daran dachten, welches gute, geschmackvolle und dabei verhältnis mäßig billige Geschenk sich im Buche bietet. Wieder ein beherzigenswer ter Wink in der Richtung meines Hinweises im Vorjahre, durch kurze Mitteilungen allgemeiner, d. h. nicht geschäftlicher Art in der Presse, und zwar während des ganzen Jahres, bei jeder Gelegenheit, die Aufmerksamkeit auf das Buch zu lenken und den Sinn für dieses Knlturmittel in immer weitere Kreise zu tragen. Das ist ein sehr wichtiges Stück Friedensarbeit für die allgemein politische und wirt schaftliche Zukunft des deutschen Volkes, zu der auch die buchhänd lerischen »Hunnen«, eingedenk der Stellung des deutschen Buchhan dels in der Geschichte einer gesunden Volksbildungs- und Auf- klärnngstätigkeit, berufen sind! Nicht allein »durchhalten«, sondern besser: »vorwärts!« laute die ernste Losung in ernster Zeit. Alle für einen, einer für alle! Der Krieg Hai vielfach auch die alle Garde wieder auf den 142 Plan gerufen, die durch ihr Alter ein Anrecht auf wohlverdiente Ruhe hätte, es aber als eine Ehrenpflicht erachtet, wieder an die Spitze ihrer Geschäfte zu treten und es den Jüngsten an Eifer und Unermüdlichkeit zuvorzutun. So schreibt Herr Bernhard Hartmann in Elberfeld, einer der Veteranen des deutschen Buchhandels: Das Zeichen der »Zeit« ist: Mangel an »Zeit«, Mangel an Hilfskräften, so daß ich mich kurz fasse. Ich hätte nie gedacht, daß ich im 50. Jahre meiner Zugehörigkeit zum deutschen Buch handel noch so angestrengt würde arbeiten müssen. Tag für Tag bis tief in die Nacht hinein, so geht cs seit vielen Monaten. Meine beiden Söhne sind fort; von dem ganzen Stamm meiner geschulten Kräfte habe ich nur noch einen Herrn behalten, alle andern sind durch Damen ersetzt. Darunter hat natürlich auch das Weihnachts geschäft etwas gelitten. Im Vorjahr hatte ich noch mehr Hilfe, und da konnte ich wesentlich mehr Reklame machen; das war in diesem Jahre vollständig ausgeschlossen. Trotzdem war das Weihnachts geschäft besser als im Vorjahre; das ist sicherlich ein gutes Zeichen. Das Kriegsjahr, vom 1. August 1914 bis zum 31. Juli 1915 hat in meinem Geschäft einen Ausfall von etwas mehr als ein Drittel des Umsatzes gebracht, obwohl ich alles mögliche unternommen habe, um den Ausfall wieder zu decken. Ich habe versucht, immer wieder von neuem Beziehungen im Felde auzuknüpfeu und diese weiter auSzugestalten. Ich habe Tausende und Abertausende von Kriegs karten ins Feld geliefert, aber zusammengerechnet ergeben die vielen kleinen Posten doch nicht den Umsatz, den man in Friedenszeiten hatte und der, bis zum Kriege stetig steigend, nun schon seit vielen Jahren als eine feststehende Einrichtung erschien. Im zweiten Kricgsjahr hat sich der Umsatz schon wieder etwas gehoben, noch nicht viel, aber man merkt doch, daß das Publikum auch für etwas anderes Interesse hat als nur für Kricgsliteratur und Broschüren. Mau verlauft ab und zu auch ein teures Buch, ja es mehren sich die Kunden, die wieder wahre Sehnsucht nach einem guten Buch haben, das nichts mit dem Krieg zu tun hat. So war es auch zu Weihnachten. Der Umstand, daß die Zahl der cingezogenen Fa milienangehörigen sich stark vermehrt hat, liest die Menge der ins Feld gesandten Bücher stark anschwellen. Die wiederholte Anregung in Wort und Schrift, unfern Feldgrauen auch Bücher zu senden, hat nach meinen Erfahrungen sehr genutzt Bei meinem Weihnachtsgeschäft habe ich die Beobachtung ge macht, daß die meisten Kunden mir den vollen Ladenpreis bezahlten, ohne nach Rabatt oder Skonto zu fragen, und wo dieses Verlangen wirklich gestellt wurde, genügten einige aufklärcnde Worte, daß in diesen Zeiten der Teuerung ein Skonto ganz unmöglich wäre, dann wurde der geforderte Ladenpreis ohne iveitercs bezahlt. Es ist alles in allem genommen ein Aufgang zu verzeichnen. Mit dem größeren Barverkauf ist, soweit ich bis jetzt scheu kann, auch der Betrag der Rechnungen größer geworden. Allerdings nicht viel, aber es ist doch mehr verkauft worden. So steht zu hoffen, daß, wenn erst dieser unglückselige Krieg beendet ist, das Geschäft sich wieder auf die frühere Höhe heben wird, wenn nicht sofort, so doch nach und nach. Die Hanptschwierigkeit für die verantwortliche Gcschäftsleitung ist nur die Erledigung der Arbeiten mit dem gebliebenen kleinen Personal Mit Aufmerksamkeit werden die Leser auch den Brief eines anderen Elbe r selber Kollegen zur Kenntnis nehmen: Obgleich ich seit Monaten bei einem in der Nähe Elberfelds liegenden Landsturm-Bataillon zum Bahnschutzdieust eingezogen bin und mich infolgedessen nur alle 2—3 Tage einige Stunden meinem Betriebe widmen konnte, war das Geschäft im Dezember 1915 erheblich besser, als im Dezember 1914. Dabei hatte ich neben Damen nur noch einen Gehilfen, der aber auch am 8. Dezember eingezogen wurde. Ich habe keinerlei Reklame gemacht und nur ein Drittel der sonstigen Anzahl Weihnachtsbüchcrverzeichnisse verschickt. Durch Entgegenkommen meines Kvmpagnieführers brauchte ich in den letzien Tagen vor Weihnachten nur nachts sechs Stunden Dienst zu tun, damit ich tagsüber mich meinem Geschäft widmen konnte; ich war deshalb recht froh, als ich zu Weihnachten ausschlafcn konnte. Ende November und Anfang Dezember war das Geschäft schon recht lebhaft, da für Liebesgabenpakete gut eiugekauft wurde. Hier bei wurden gute humoristische Werke der billigen Sammlungen (Reclam — Hesse — Deutsche Dichter-Gedächtnis-Stiftung — Wies badener Volksbücher usw.) bevorzugt, Kriegsliteratur dagegen wurde garnicht begehrt. Als Weihnachtsbüchcr für die Jugend wurden Kriegs- Jugendschriften bevorzugt; für Erwachsene kamen die neuen Romane von Gaughofer, Laufs, Hermann, Stegemann, Maltzahu nsw. in erster Linie in Betracht. Bibliophile Literatur war wenig neu er-