Volltext Seite (XML)
780 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Fertig« Bücher. 31, 8. Februar 1916. Lim Bücher abzusehen, die über dem ModegeschmaÄ A stehen, muß man um sie Bescheid wissen. Kurz vor Weihnachten erschien: Reif für den Tod — das heißt reif für das Leben sein. Das ist die Lösung. Sie weift über Tod und Leben hinaus, sie erhöht und be freit uns, indem sie einen Abglanz unsres wahren Wesens in unser Bewußtsein wirft. And dafür können wir, gerade in unfern Tagen, dem Dichter nicht dankbar genug sein. Es steht in dem Roman kein Wort von Krieg. Er ist vor dem Krieg bereits erschienen. And doch ist es, als wäre er aus dieser Zeit heraus, und für sie geschrieben. Karlsruher Tageblatt. Karl Gjellerup Reif für das Leben. Roman Brosch. M. 6.—, geb. M. 7.50 Tägliche Rundschau: Man kann den deutsch gewordenen Dänen Karl Gjellerup den Verkünder eines schönen und starken germanischen Idealismus nennen Man spürt in jedem Buch, das aus seiner Feder kommt: ein reifer und gütiger Mensch, der mit Ehrfurcht und doch mit kritischem Geist die Wege und Probleme Kants und Schopenhauers gegangen und in unablässiger Gedanken arbeit zu eigenen klaren und großen Erlebnissen gekommen ist, will ein Mithelfer sein am Bau der germanischen Kul tur mit all ihrer Reinheit, Äerbheit, Beglückung und Er lösung aus rohem Materialismus. Ein starker und im tiefsten Sinne gläubiger Idealismus macht die Resigna tion, in die ja schließlich unser ganzes Denken einmünden muß, reich an schönem Frieden. Sobald der Dichterphilv- soph auf die Probleme kommt, die aus jeglichem Leben der Menschen untereinander und mit Gott und Natur herausgewachsen, wird er ernst, groß und fast feierlich. Dann wird er so eindringlich, daß wir ihm ohne Bedingung Gefolgschaft leisten müssen. Dazu kommt eine innige, ein fache Freude an der Natur. Kölnische Zeitung: Gjellerup zählt zu den ersten Meistern seines Leimat landes. Vor allem wird der Schluß aber beherrscht von philosophischen Intel Haltungen, die einen transzendentalen Idealismus im Sinn einer Fortdauer des Seelenlebens nach dem Tode vertreten. Sich mit der hier zur Geltung gebrachten Weltanschauung auseinanderzusetzen, wird ganz subjektive Angelegenheit des Lesers sein. Wichtig als Zeichen der Zeit bleibt aber diese Betonung einer idealistischen Weltanschauung auf jeden Fall. Pedantische Theorie konnte vielleicht gegen das Versinken einer Romanhandlung in philosophische Spekulationen Einwand erheben, aber auf der andern Seite ist die große und schöne Wirkung nicht zu leugnen, mit der der Roman den Leiden, jenen Dorfarzt, für das Leben reif werden läßt, indem er aus dem leichten Spiele des Gesellschafts- lcbens in einer ganz natürlichen Weise dm Ernst einer idealistischen Weltanschauung herauswachsen läßt. Das ist ja der Werdegang eines großen Teiles unserer tüchtigen Jugend. Die Post: Ein feingeistiger, aufmerksamer Beobachter und scharser Psychologe spricht aus diesem Lebens roman. Mit sorgsamen, zarten Länden formt er liebevoll die einzelnen Figuren zu lebenskräftigen, wirklichkeits- wahren Gestalten, die Eindruckskraft und plastische Prä gung besitzen Nicht der sachliche Ausgang des Romans interessiert, sondern die Begegnungen dieser Menschen und die geistigen Wechselwirkungen, die sie gegenseitig auf sich aus üben. Trotzdem wäre es falsch, die Dichtung als die Frucht einer psychologischen Vertiefung anzusehen. Gjellerup verfügt über ein so anschauliches SchilderunaS- vermögen und ein so tief inneres Empfinden, daß er über alles den Zauber einer stimmungsschönen Lyrik gießt. Ein zelne Szenen erscheinen dadurch in höchster Vollendung, besonders wenn sie mit ernstem Ideengehalt durchlränkt sind. Deutsches Lehrerblatt: Beim Lesen des Romans kommt dem Leser erst so recht zum Bewußtsein, wie deutsches und dänisches Geistesleben ineinanderflutet. Das Band der Gemeinsamkeit zwischen beiden germanischen Völkern ist unver kennbar Alle deutsche» Geistesgrößen, wie Kant, Fichte, Lartmann, Schopenhauer, Laeckel, finden wir dort als Bekannte wieder. Karlsruher Tageblatt: Lier haben wir Stil vom ersten Sah bis zum letzten. Den Stil einer wundervoll ruhigen, in feinster Ironie und tiefster Güte sich offenbarenden inneren Überlegenheit über Dinge und Menschen, Nei gungen und Gedanken. Man spürt eS an jedem Wort: hier ist ein reifer Mensch und großer Künstler am Werk. Für den Künstler spricht überdies das überraschend selb ständige Eigenleben seiner Geschöpfe, hinter denen der Schöpfer völlig verschwindet. Wie greifbar in seiner voll endeten Güte steht vor allem der alle Larstorf vor uns, un streitig eine der schönsten Verkörperungen reifster Männ lichkeit in unserer Literatur, dem prächtigen Stechlin des alten Fontane verwandt, nur erheblich tiefer in der An lage . . . Ich liefere jedem Kollegen für seine Privatbibliothek ein Expl. mit 50°/° bar. Eugen Diederichs Verlag in Jena