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Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. 74. Jahrgang Sonnabend, den 16. Oktober 1886 Nr. 122 169 Erscheinen: DienStag, Donnerstag, Sonnabend, vierteljährliches Abonnement: am Schalter l M., durch den Boten ins Haus 1 M. 2b Pf., durch die Post l M. 25 Pf., durch die Post frei ins Hau« l M. 5V Pf. Die Königliche AmtslMptmannschast. von Weiffenbach. Bekanntmachung, die Wahl von Vertretern der Höchstbesteuerten in der Bezirks versammlung betreffend. Zu Ende dieses Jahres haben in der geordneten Reihenfolge Fünf Vertreter der Höchst- besteuerten aus der Bezirksversammlung auszuscheiden. In Folge dessen macht sich die Vornahme von Ergänzungswahlen erforderlich. Die bezügliche Wahl findet Sonnabend, den LR. December dieses Jahres, Vor mittags in der Zeit von 11—12 Uhr im Cassenzimmer der Amtshauptmannschaft Großenhain statt. Die Liste der stimmberechtigten, beziehentlich wählbaren Höchstbesteuerten ist revidirt worden und liegt für die bei der Wahl Jnteressirten in der Canzlei der Königlichen Amts hauptmannschaft vom 26. October dieses Jahres an 4 Wochen lang zur Einsicht aus. Einsprüche gegen diese Liste sind bei deren Verlust längstens 14 Tage vor dem ob- gedachten Wahltage, also spätestens im Laufe des 26. November dieses Jahres, bei der Amtshanptmannschaft schriftlich oder mündlich anznbriugen. Die Amtshauptmannschaft ist überdies bereit, auch schriftliche Anfragen der entfernter Wohnenden wegen ihrer Aufnahme in die Liste zu beantworten. Gemäß § 7 Absatz 1 des Gesetzes vom 21. April 1873, die Bildung von Bezirks verbänden pp. betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 284), wird dies mit der, an die betreffenden Wahlberechtigten (vergleiche Punkt 11 des Gesetzes vom 2. Juli 1878 — Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 211 —) gerichteten Aufforderung öffentlich bekannt gemacht, in dem anberanmten Wahltermine persönlich zu erscheinen und ihre Stimmen abzugeben. Nack Schluß der Wählerliste wird den betreffenden Stimmberechtigten je ein Exemplar derselben durch die Post zugesendet werden. Großenhain, am 15. October 1886. Städtische Feuerwehr. Die der Arb-it-rabth-iliu>g oder Reserve I zugelheillm Mannschaften haben sich Montag den 18. Oetober, sowie die Absperrmannschafteu, Alarmbläser und La ternen- resp. Standartenträger Dienstag den 1S. Oetober Abends Vs 8 Uhr im kleinen Saale des Gasthofs „zur goldenen Krone" pünktlich einzufinden. Großenhain, den 15. October 1886. IV»Knsr, Branddirector. Die Gemeindebehörde« im Steuerbefirke Großevhai« werden in Gemäßheit der Bestimmung in Z 16 Absatz 2 der zum Einkommensteuergesetze Dienstag, den 21». October Woß-, WieH- und WretermcrE zu Großenhain. Der Stadtrath daselbst. Inserate sür die am Abend vorher auSzugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Medübren für solche von auswartS, w - Ar Einsender nicht anders bestimmt, durch P st Nachnahme erhoben. terzeichneten bis spätestens . » den 23. November dfs. Js. GrOnhMer WMNWMWMM. sür äie kömg^en unä ^eköräm zu Ew ^ullam. anzuzeigen ist. , 1 os« Großenhain, am 13. October 1886. . - Der Königliche BeMs-Muennspector. Gröstel. - Bekanntmachung. Die den 1. Oetober n. e. fälligen Brandversicherungsbeitrage find nach 1 Pf. von jeder Beitragseinheit längstens bis zum 23. Dctober a. 6. an die Stadthauptkasse zu bezahlen. Großenhain, am 27. September 1886. Der Itabtraty. Herrmann. Vie Wahlen M Ssbranje. Die Vertreter des Czaren in Sofia haben nichts verabsäumt, um die von der bulgarischen Regentschaft angeordneten Wahlen zur Nationalversammlung zu hintertreiben, den Wahlact zu stören und Unordnungen hervorzurufen, welche den Vorwand zu einer russischen Occupation liefern könnten. Alle diese Versuche sind vergebens gewesen, da die Wahlen im ganzen Lande in ziemlicher Ordnung vollzogen wurden und über wiegend regierungsfreundlich ausgefallen sind. Wahlbeein- slusfungen kamen an einigen Orten vor, wo sich russische Consulate befinden, und eine blutige That wird allerdings aus Dubnitza gemeldet, welche keiner weiteren Commentare bedarf; dort wurden nämlich der Unter-Präfect und die beiden Candidaten der Regierung von früheren Räuberanführern ermordet. In Widdin soll der russische Consul Karzow der Menge zugerufen haben, daß sie der Polizei nicht zu gehorchen brauche, da es in Bulgarien keine Regierung gäbe. Die am Sonntag während des Wahlactes in Sofia stattgefundenen Unruhen, welche von dem ministeriellen „Journal de St. Petersbourg" bereits benutzt werden, um die von Rußland geforderte Verschiebung der Wahlen zu rechtfertigen, haben den General von Kaulbars zu einem geharnischten Protest veranlaßt, dürften aber der russischen Sache mehr schaden als der bulgarischen. Die Entrüstung über das Verhalten der Russen bei der offenbar von diesen selbst angezettelten Bauern-Demonstration war bei den in Sofia sich aufhaltenden Ausländern nicht minder groß als bei den Bulgaren und veranlaßte den deutschen Generalconsul von Thielemann am Montag zu so ernsten Vorstellungen bei dem russischen Consul Nekludow, daß sich dieser sehr erschrocken eifrigst entschuldigte. Damit dürfte die Sache um so weniger abgethan sein, als die vorgekommenen Bedrohungen der deutschen und englischen Consulate durch den von russischer Seite mit Brot, Wein und Branntwein regalirten Pöbel die Geduld der fremden Regierungen mit den sich als Herren des Landes geberdenden Mitgliedern des russischen Consulats in Sofia erschöpft haben dürften. Dadurch, daß der Versuch der Russen, die Wahl in Sofia zu stören, kläglich scheiterte, sahen sich dieselben veranlaßt, auf ähnliche Ruhestörungen in anderen bulgarischen Ort schaften mit wenigen Ausnahmen zu verzichten. In Rustschuk hatten am Abend vorher zwei Deputationen den sich dort auf haltenden General von Kaulbars besucht, der ihnen die gegen wärtige Politik Rußlands in bündigster Weise darlegte, ohne einen besonderen Eindruck zu erzielen. Am Sonntag Morgen überreichte eine Abordnung von 250 bulgarischen Notablen dem russischen General eine schriftliche Erklärung, welche bei aller Achtung und Dankbarkeit für Rußland der bulgarischen Regierung volles Vertrauen bekundete. Zu dem ihn besuchenden Berichterstatter des Pariser Blattes „Matin" äußerte General von Kaulbars am Sonntag Folgendes: „Ich konnte das Land bereisen und feststellen, daß die Idee, Rußland sei der Be schützer Bulgariens, und die Achtung vor dem Czaren lebendig im Volke ist. Ich gestehe, in Rustschuk war die Bevölkerung nicht zu unseren Gunsten. Ich wollte mit den Offizieren sprechen, allein der Chef der Brigade, Oberst Filow, der mir erst versprach, mich zu begleiten, verständigte auf Befehl der Regierung die Offiziere, daß sie sofort abgesetzt würden, wenn sie die Schwelle meines Zimmers überschreiten sollten. Filow entschuldigte sich dann, nicht Wort halten zu können. Mözen die Bulgaren nur die Wahlen vornehmen; sie spannen den Bogen aber zu sehr, so daß er brechen wird. Ich reise weiter, ohne meinen Weg zu ändern. Morgen gehe ich nach Schumla." Dort erwartete ihn aber ein noch größeres Fiasko. Vor seiner Wohnung sammelte sich eine große Menschenmenge an, die unausgesetzt Hochrufe auf ein unabhängiges Bulgarien ausbrachte. Wohl machte ein kleines Häuflein von Zankowisten dem Vertreter des Czaren ihre Aufwartung, gleichzeitig sprach sich aber eine sehr zahlreiche Volksversammlung in Schumla begeistert für die bulgarische Regentschaft aus. In Barna war vor dem russischen Consulate eine Volksmenge versammelt, welche bei der Ankunft Kaulbars' rief: „Es lebe das unab hängige Bulgarien, es lebe der Held von Slivnitza!" Eine Deputation der Bevölkerung unterbreitete dem General die Wünsche des Volkes, worauf letzterer die bulgarische Regierung einer scharfen Kritik unterzog. Die Deputation erwiderte, die Regierung verfahre gesetzlich und genieße das Vertrauen des Volkes. Durch diesen Ausgang der Mission des Generals, sowie durch den glänzenden Wahlsieg der Regierung ist die Krisis zu einem Punkte gelangt, wo eine Katastrophe unver meidlich scheint. Für die russische Regierung giebt es jetzt nur noch die Wahl zwischen der nach Abberufung des Generals Kaulbars leichten Verständigung mit der bulgarischen Regentschaft und dem offenen Kampf mit der letzteren, wozu alle Vorbereitungen bereits getroffen find. Die Gleichgiltigkeit, mit welcher die deutsche Reichsregierung die bulgarische Angelegenheit noch immer behandelt, kann Rußland unter Umständen zu dem Versuch einer Occupation Bulgariens ermuthigen. Dabei dürfte^ die russische Politik jedoch gründlich scheitern. Der deutsche Reichskanzler hat den inzwischen über Prag in Wien eingetroffenen englischen Schatzkanzler Lord Churchill ab sichtlich nicht zu einem Besuche in Varzin ermuntert, aber auch nichts gethan, um die österreichische Regierung von einer Vereinbarung mit England für den Fall einer russischen Occupation Bulgariens zurückzuhalten. Der ungarische Minister Tisza gab seiner Zeit im vollen Einverständniß mit dem österreichisch-ungarischen Minister Grafen Kalnoky Er klärungen ab, welche eS unzweifelhaft ließen, was geschehen wird, wenn Rußland die Interessensphäre Oesterreich-Ungarns verletzt. Der letztgenannte Staat kann seine Orientinteressen um so energischer wahren, als das mit ihm verbündete deutsche Reich ihm in der Stunde der Noth seine Hilfe niemals ver sagen würde. Für Bulgarien soll kein deutsches Blut fließen, wohl aber würde es bereitwillig verspritzt werden, wenn Oester reich-Ungarn bei der Vertheidigung seiner Erwerbungen auf der Balkanhalbinsel der Hilse Deutschlands bedürfte. Tagrsnachrichten. Deutsches Reich. Als Termin für die Einberufung des Reichstages war in letzter Zeit mehrfach der 18. November bezeichnet worden; eine officiöse Bestätigung dieser Meldung liegt indessen noch nicht vor und wird sie auch von unter richteter Seite als verfrüht bezeichnet mit dem Bemerken, daß vor der Wiederaufnahme der Arbeiten des Bundesrathes sich überhaupt noch kein Termin für die Eröffnung der Reichstags- Session bestimmen lasse. Höchst wahrscheinlich wird Anfang kommender Woche der Bundesrath mit den nöthigen Vor arbeiten für die Reichstagssession beginnen und alsdann dürfte man wohl auch etwas Näheres über die signalifirten Vorlagen bezüglich der Veränderungen im Reichsheere, über die weitere Ausdehnung der Unfallversicherung rc. erfahren. Die Ersatzwahl in dem durch den Tod des Abg. Ludwig Löwe erledigten ersten Berliner Landtagöwahlbezirke ist auf den 11. November d. I. festgesetzt. Der Schluß der Berliner Jubiläumsausstellung ist, da der Besuch in den letzten Wochen noch immer außerordentlich stark gewesen, bis zum 31. October hinausgeschoben worden. Der Besitzer der Standesherrschaft Neuschloß, Rittmeister a. D. Graf Bolko v. Hochberg, jüngerer Bruder des Fürsten Pleß, ist zum Generalintendanten der königl. Schauspiele in Berlin ernannt worden. Derselbe, 44 Jahre alt, ist ein großer Musikfreund und hat eigene Compositionen veröffentlicht. Im ganzen Bereiche des Weltpostvereins sollte in den ^.agen vom 13. bis mit 15. October eine Zählung aller vorkommenden Eilsendungen, Postkarten mit Antwort und Sendungen mit Rückschein, sowie für das Jahr 1886 eine Feststellung aller im Postwege bezogenen Zeitungen und Zeit schriften nach Exemplar- und Nummerzahl bewirkt werden. Das Gesammtergebniß der bezüglichen Erhebungen wird von dem Weltpostbureau in Bern später zusammengestellt. Der Eröffnung des canalisirten Mains und der Einweihung des rn Verbindung mit diesem Unternehmen von der Stadt Frankfurt a. M. angelegten großen Verkehrshafens wird sich voraussichtlich m naher Zeit der feierliche Act anschließen, mit