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Zweite Scilage zum Großenhainer Unterhaltungs-müAnM Nr. 13V. Sonnabend, den L. November 188L. 72. Jahrgang. §r. Hoheit leibkutschcr. Von Pr. v. S. (Schluß.) Am nächsten Morgen kehrte der Oberstallmeister Baron Selinoff mit einem äußerst schlauen und vergnügten Gesicht von dem Herzog zurück, bei welchem er sich in dringlichen Dienstsachen hatte anmelden lassen, und begab sich sofort zu seiner Tochter. Diese schickte bald darauf an Walter von Stein ein duftendes Billetchen, worauf derselbe sich seinerseits zum Lieutenant von Blackwitz begab, um ihm eine Einladung für den Abend zu bringen zu einem kleinen Familienfest im Palais Selinofs. Zur bestimmten Stunde fanden sich die beiden Herren dort ein und wurden von dem Kammerdiener in Empfang genommen. Die junge Baronesse ließ sich vorläufig entschul digen, sie würde später erscheinen. Die Herren wurden in einen kleinen Salon geführt, welcher an da- Arbeitszimmer des Oberstallmeisters stieß und die Bcrbindung zwischen dessen Gemächern und denen seiner Tochter bildete. Kaum waren sie eingetreten, so fuhr ein geschlossener Wagen in das Portal des kleinen Palais; zwei verschleierte Damen stiegen aus und begaben sich in die Wohnung der jungen Baronesse. Nach kurzem Warten erschien Gabriele in einer äußerst ge schmackvollen, doch einfachen Gesellschaftstoilette und begrüßte die beiden Herren; dann kam auch der Oberstallmeister aus seinem Arbeitszimmer. Er zeigte sich etwas eilig und bat, nach rascher Begrüßung seiner Gäste, ihn noch kurze Zeit ent- schuldigen zu wollen. Ihm sei eine ebenso dringliche wie peinliche Angelegenheit vorgelegt worden, die keinen Aufschub dulde und vielleicht noch erfordere, daß einer der Herren ihm als Zeuge dienrn müsse, da der Betreffende ihm als renitent und störrisch bekannt sei; auf Wunsch Sr. Hoheit jedoch müsse er diese Angelegenheit vorläufig auf dem Privatwege zu ordnen suchen. Nachdem die beiden Herren ihre Bereitwilligkeit erklärt, empfabl der alte Herr sich wieder und ließ die Portieren in seinem Arbeitszimmer hinter sich zufallen. Die jnnge Gesellschaft hatte sich kaum um den Kamin grupput, in dem ein munteres Feuer flackerte, als sie auch schon hörten, wie ein Diener nebenan dem Oberstallmeister eine Meldung machte. Dieser sagte barsch: „Soll herein- kommen!" Gleich darauf wurden nebenan leichte feste Schritte hörbar. „Näher!" befahl der Oberstallmeister, und die Schritte näherten sich. „Ich habe Sie kommen lassen", fuhr die strenge Stimme des alten Herrn fort, „um mir Ihrerseits einige Erklärungen auszubittcn, welche sie der Wahrheit gemäß geben wollen, wenn anders Sie darauf rechnen, Ihren Posten ferner zu behalten." „Herr Oberstallmeister!" Eine jugendliche etwas bedeckte Stimme sprach es leise und bittend. „Warten!" herrschte die Stimme des Vorgesetzten. „Sie haben Sich in neuester Zeit Unregelmäßigkeiten im Dienst zu Schulden kommen lassen — still! — Sie haben Abends mehr fach die reglementSmäßigen Stunden nicht eingehalten, Sie haben sogar Anlaß gegeben, zu vermuthen, daß ein unregel mäßiger Lebenswandel" — „Herr Oberstallmeister!" Diesmal unterbrach ihn die Stimme so laut und fast drohend, daß Blackwitz erschrocken den Kopf hob und Walter anblickte. Dieser nickte ihm be ruhigend zu. „Noch mehr", fuhr der alte Herr fort, man hat Ursache anzunehmen, daß noch Gravirenderes gegen Sie vorliegt — Wie nennen Sie sich doch?" „Werner, Herr Oberstallmeister!" war die in festem Tone gegebene Antwort. „Haben Sie ein Recht an diesen Namen?" „Ein gutes Recht!" „Führten Sie sonst keinen anderen?" Tiefe Stille auch im Salon . . . Blackwitz war aufge sprungen und verwandte keinen Blick mehr von der Portiere, welche das Arbeitszimmer abschloß. „Sie schweigen?" fuhr drinnen der Oberstallmeister fort, „Sie geben zu, daß Sie sich unter angenommenem Namen in den Dienst Sr. Hoheit haben aufnehmen lassen? — Ihr Be nehmen hat schon länger Verdacht erweckt — Sie scheuen den Umgang von Ihresgleichen, Sie färben Ihr ursprünglich Helles Haar schwarz — warum geschieht das? Wer sind Sie?" Die Stimme des alten Herrn war immer schärfer und drohender geworden, wie Ulrichs Züge immer gespannter und erregter, doch eine Antwort erfolgte nicht. Gabriele hatte Lie Gelegenheit benutzt, die entgegengesetzte Thür zu öffnen und eine weibliche Gestalt hercinzulasscn. Jetzt legte sie ihren Arm zärtlich um dieselbe und führte sie auf dem dicken Teppich lautlos näher. „Sie beharren auf Ihrer Verstocktheit?" fuhr der Ober stallmeister fort, „gut, so wird man Zeugen stellen müssen, welche statt Ihrer angeben, wer Sie sind . . . hier!" — Er riß die Portwrcn auseinander und vor der Gesellschaft im Salon stand hochaufgerichtet, doch todtenblcich in seiner blauwcißcn Dienstkleidung Sr. Hoheit Leibkutschcr — „Nun!" rief der alte Herr laut, „kennt einer der hier anwesenden Herrschaften diesen jungen Mann?" „Winnigroden!" schrie Ulrich auf und stürzte ihm ent- gegen. „Benno, so bist Du cs dennoch?" Aber zugleich flog die weibliche Gestalt, welche Gabriele hercingcführt, auf den wie erstarrt dastehenden Lcibkutscher zu und warf sich weinend und lachend in seine Arme. „Benno, Benno, wie freue ich mich!" rief sie, „nun mußt Du es gestehen, sie wissen cs ja doch schon Alle!" Der junge Mann schaute um sich und strich mit der Hand über seine feuchte Stirn, als träumte er. Dann umfaßte er seine Schwester mit cinem Arm, während er Ulrich die freie Hand bot, welcher mit entzückten Blicken auf das junge Mädchen schaute, das sein Antlitz an der Schulter des Bruders barg. „Gott sei Dank!" seufzte Benno, „daß die Comödie ein Ende hat;, ich glaubte mich verloren! Se. Hoheit —" „Se. Hoheit weiß Alles!" sagte der Oberstallmeister lachend, „aber Strafe muß sein! Man schleicht sich nicht unter fremdem Namen in fürstliche Dienste! — Und wie Sic sehen, hat es doch auch seine Schattenseiten, schönen Schwestern ähnlich zu sehen." „So verliere ich meinen Posten nicht", rief Benno erleichtert. „Gewiß nicht", sagte der alte Herr ganz ernsthaft, „wenn anders der künftige Majoratshcrr zu und auf Roda noch ge willt sein sollte, denselben ferner zu behalten." Bestürzt sah Benno sich um; da trat Walter vor und überreichte ihm ein Schreiben. „Von dem Rechtsanwalt Ihres Oheims, des jetzigen Majoratsherrn. Derselbe übergab cs mir für Len Fall, Laß Sr. Hoheit Leibkutscher wirklich der Gesuchte sei." Mit zitternder Hand griff Benno nach Lem Papier; La winkte der alte Herr seinem Neffen, ihm in sein Arbeitszimmer zu folgen. — Gabriele hatte bereits unbemerkt den Salon verlassen — und die Portiere schloß sich über drei Glückliche. Gabriele hatte sich in ihr Schlafzimmer geflüchtet und weinte, den Kopf in Lie Kissen ihres Divans gevrückt — wie lange, wußte sie nicht. Da legte sich ein weicher Arm um ihren Nacken und Hedwigs schönes Antlitz neigte sich zu ihr: „Willst Du nicht kommen, Gabriele, Dich mit uns zu freuen?" Als das MäLchen ängstlich widerstrebte, flüsterte sie dicht an ihrem Ohr: „Mein Bruder weiß jetzt Alles — der arme Leibkutschcr durfte seine Augen nicht mehr zu Dir erheben, doch Ler Erbe von Roda fragt Dich durch mich, ob er wieder hoffen darf — Was soll ich ihm entgegnen?" Gabriele hob das thränennasse Gesicht zu ihr auf und ein glückseliges Lächeln erklärte ihre Züge: „Was hast Du zu Blackwitz gesagt?" fragte sie schelmisch. „Komm und sieh' selber!" antwortete das freudestrahlende Mädchen. An diesem Abend schimmerten die Fenster Les kleinen Palais noch lange im hellsten Licht, Loch Heller noch leuchtete Lie Freude aus den Augen Ler Glücklichen. Und so viele heitere und crnste Toaste auch noch ausgcbracht wurden, bei keinem derselben klangen die überschäumendcn Krystallgläser so melodisch aneinander, als bei dem ersten von allen, mit welchem der Oberstallmeister die festliche Tafel eröffnete: „Auf das Wohl des Majoratserben Benno von Winnigroden Sr. Hoheit Leibkutscher!" 8Lkn--seIegrspken-6ureLUX für das reisende ?ublicum xeüft'net von 7 U. krük bis 9 U. Abends. Literarisches. Deutsches Dichterheim, Organ für Dichtkunst und Kritik. Herausgtgeben von Pani Heinze in Dresden-Striesen. Die soeben erschienene Nr. 8 vom V. Jahrgänge dieser Zeitschrift enthält eine reiche Fülle sorgsam gewählter und mannigfaltiger Beiträge, und zwar: Gedichte von Robert Hamerling, Johannes Schlaf, Konrad Telmann, Otto Weddigen, Liddy Richter, Wilhelm Reuter, Conrad von Prittwitz - Gaffron, Gerhard von Amyntor, Ludwig Sendach, Julius vom Hag, Frida Schanz und Adalbert Rudolf. — Eine Edle von Geist und Geburt. (Schluß.) Skizze von Elisabeth Klee. — Im Dionysostheater zu Athen. Ein Dialog von Mar Schlierbach. — Bemerkungen zu den Werken deutscher Classiker. " Don Adalbert Rudolf. — Correspondenz. Ein fröhlich „Glückauf" rufen auch wir dem neuen Jahrgang der „Deutschen Romaubibliothek" (Stuttgart, Deutsche Verlags- Anstalt, vorm. Eduard Hallberger) zu. Fängt sie doch diesmal wieder im höchsten Grade interessant an und hat sie uns doch in zwölf Jahren reichlich den Beweis geliefert, daß sie immer mehr hält, als sie verspricht, daß sie die besten Romanschriftsteller an sich zu fesseln weiß und durch die Fülle des Gebotenen — durchschnittlich zwölf Romane — wie durch den Reiz der Abwechselung uns zu fesseln versteht. Zehn Romane brillanter Erzähler sind bereits ange kündigt, und die beiden, mit denen begonnen war, erwecken die größten Erwartungen. Ist Hieronymus Lorm's „Schöne Wienerin" ein farbenreiches Bild des alten guten Wien der vormärzlichen Zeit, ein ebenso pikant als spannend beginnender Roman mit den inter essantesten Figuren aus der Aristokratie, Plutokralie und Kunstwelt, aus denen die vielumworbene Heldin anziehend hervorragt, so führt uns Gregor Samarow in dem „Adjutanten der Kaiserin" an den prachtstrotzenden intriguenreichen Hof der Semiramis des Nordens, deren berühmter Günstling Potemkin der Held der mit dem ganzen Zauber seiner auf dem Parket des Hoslebens so bewanderten Feder ge schriebenen, romantischen und ebenso figuren- als handlungsreichen Geschichte ist. Diesen beiden gleich von Anfang an so lebhaft fesseln- den Romanen folgen: „Die tolle Braut" von Eugen Salinger; „Die Lebensjungser" von Emilie Erhard; „Der Erlachhof" von Ossip Schubin; „Zu spät geliebt" von Gräfin M. Keyserling; „Daniela" von B. Oulot; „Am Berge Urta" von Frh. v. Suttner; „Der Weg zum Glück" von Karl Frenzel; „Camoes" von Adolf Stern u. A. Auch das Feuilleton läßt sich besonders hübsch an und verspricht viele Unterhaltung. Und so muß sich die „ Deutsche Romanbibliothek" in der alten Gunst erhalten, und wird sicher viele neue Freunde ge- Winnen. Des Lahrer Hinkenden Boten neuer historischer Kalen der für den Bürger und Landmann ans das Jahr 1885 ist soeben im Verlage von I. H. Geiger (Moritz Schauenburg) in Lahr erschienen. Auch in dieser neuen Ausgabe finden wir köstliche Beiträge namhafter Dolksschriststeller, die von Künstlerband vortrep- lich und reich illustrirt worden sind. In jener bekannten kernigen, volkstbümlichen und gemütblichen Sprache, die eben nur dem „Hin kenden" eigen ist, versteht es das vorzügliche Büchlein, wie kein anderer Kalender, auf die Hebung und Läuterung des sittlichen Ge fühls in ernster und heiterer Weise zu wirken. Sei der alte liebe Hausfreund in seinem neuen Rocke daher allen Familien aufs wärmste empfohlen. 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