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V 15S, 7. Juli ISIS. Redaktioneller Teil. und Wien blühte schon im 18. Jahrhundert das Geschäft, damals vorwiegend Musik- und Kunstverlag pflegend, Beethoven und Schubert unter sein« Autoren zählend. Hier wurden die berühmten Wien- und Rhein-Ansichten von Zicgler-Janscha in Farbstichen, die gegenwärtig so begehrt sind, verlegt. Das Geschäft umfaßt heute noch Verlag, Kunst-Sortiment und -Antiquariat im eigenen Hause am Kohlmarkt. Der Vertreter des letzteren, des Kunst-Anii- guariats, ist D o mi n i k A r t ar i a. Ihn beauftragen die öster reichischen Sammler mit ihren Wünschen, und seiner liebenswür digen österreichischen Persönlichkeit begegnet man auf allen be deutenden Kunstauktionen des In- und Auslandes. In seiner gemächlichen, vornehmen Ruhe Pflegt er sehr latkrästig bei den Geboten sich zu beteiligen, und meist geht er als Sieger für die Nummern hervor, die er zu kaufen wünscht. Dann sei noch er wähnt I. I. Wawra , ein ebensalls altes Wiener Haus auf dem Kunstgeblete, dessen Namen ich nur hersetzen kann, da mir per sönliche Beziehungen zu den Besitzern fehlen; der alte Wawra soll eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten gewesen sein. Zum Schlüsse kehre ich zu der mir zur Heimat gewordenen alten Krönungsstadt Frankfurt a. M. zurück, um noch des jüngsten Kunst-Antignars zu gedenken, der das alte, schon 1874 gegründete Prestelsche Geschäft erworben hat, Albert Voigtländer« Tctzner. Die Versteigerungen des alten Ferdinand Prestel waren in den sechziger und siebziger Jahren sehr bedeutend. Nach Prestels Tode übernahm sein Partner, Ferdinand Günther, das Geschäft am Roßmarkt. Seine lokal gefärbten Auktionen, Nach lässe Frankfurter Künstler und Sammler, hatten stets entsprechen den Erfolg, da Günther mit den Frankfurter Verhältnissen und Persönlichkeiten eng verknüpft war und mit schauspielerischer Be gabung ein« persönliche Note in seine Versteigerungen zu brin gen wußte. Auch hier bestätigt sich meine Anschauung über den innigen Zusammenhang zwischen Kunst-Antiquar und Wein kennerschaft, welche Verbindung wieder zur Folge hatte, daß z. B. Günther, angeregt, zu den unterhaltendsten Gesellschaftern zu zählen war. Seinen »Stoltze« (Frankfurter Dialekt-Dichter) kannte er auswendig. Nach seinem Tode hat Boigtländer das Geschäft erworben und es in einen Flügel des Bethmannschen Bankhauses in der Altstadt verlegt. Die reizenden Rokoko-Räume hat er entsprechend ausgestattet. Verschiedene Auktionen hat der neue Besitzer bereits abgehaltcn, und sein Bestreben geht dahin, jür Frankfurt den Platz als geeigneten Versteigerungsort wieder zu erobern. Da er aus der Schule Meder-Boerner hervorge gangen ist, Mittel und so etwas vom Hans im Glück an sich hat, so wird es ihm nicht fehlen — vorausgesetzt, detz er bei der Stange bleibt. Neuerdings hat Voiglländer in Gemeinschaft mit Richard Gutekunst auch das berühmte Stuttgarter Geschäft dieses Namens nach Gaisers Tode erworben und nach Frankfurt überge- sührt; ein Vorgang von Belang, der in erhöhtem Maße das Inter esse der Kunstwelt auf den für die Zukunft noch viel versprechen den Besitzer zweier so hervorragender, altberühmter Firmen hin lenkt. Zur Vervollständigung der Galerie gehörte Wohl nach man cher; der Schalten des seligen Nergert, eines rheinischen Antiquars, steigt vor mir auf. Er kaufte auf den Versteigerungen nur Darstellungen von Heiligen, eine Zeitlang auch alle Löwen und vermied es, freie Blätter zu betrachten, die ihm aber absicht lich gern in die Hände gespielt wurden und die er dann mit ab wehrender Handbewegung von sich stieß, sein« gefurchten, einge- trockncten Züge, die über dem wäschelosen, mit schwarzseidencr Binde zugenschnürten Halse heraussahen, abwendend. — Welche Eharakterköpf« gibt es unter den Liebhabern und Sammlern, un ter den Museumsdirektoren und ihren Damen, die alle zum Bilde der Kunst-Auktionen gehören! Auch die deutschen im Auslande lebenden Kunstantiquare, wie Kempner in Rom, Godefroy Mäher, die famose Gestalt Bihns in Paris, der Deutsch- Amerikaner Ederheimer (New Jork) kann ich hier nicht wei ter berühren, es liegt dies alles außerhalb des Zweckes dieser Zeilen. Wohl aber möchte ich noch hervorheben, wie abgesehen von den materiellen Werten, die oft weit in die Hunderttausende gehen, alle drei Zweige, das Buch-, Autographen- und Kunst- Antiquariat, Hüter und Vermittler der alten überkommenen köst lichen Schätze sind, und daß hierin der ethische Wert der Arbeit von uns Antiquaren ruht. Ganz zuletzt Hab« ich noch die Bitte an die »Schattenge- rissenen« zu stellen, mir das Unterfangen, sie hier silhouetliert zu haben, nicht übelzunehmen; es ist immer eine heikle Sache, Lebende zu porträtieren, noch dazu, wenn man Freunde darunter hat, mit denen man Schach gespielt hat, deren Gast in ihren Fa milien man gewesen ist, die einem vielfache Freundlichkeiten er wiesen haben. Hier hilft nur das Bewußtsein darüber hinweg, di« Kollegen werden es vielleicht richtig auffassen und sich schließ lich an manchem Zug erfreuen. — Das will ich hoffen. Schuld an der Niederschrift ist ein dreiwöchiger Aufenthalt in dem idyllischen Schwefelbad Sebastiansweiler ( das der Stuttgarter »Sebaschtians Langweiler« nennt) ohne Frau, also auch hier hat Eva die Schuld, wie am Anfang der Welt. Dafür hat sie aber das ganze Manuskript abgeschrieben, eine aufopfernde Tat, werden diejenigen sagen, di« mein« Handschrift kennen. Eine Ausstellung neuzeitlicher Lehrmittel. Die reichhaltigen Bestände des Schulmuseums der Stadt Berlin sind in den Besitz des Zentral-Jnstituis für Erziehung und Unterricht zu Berlin übergegangen, das vor einigen Tagen eine ständige Unter richts-Ausstellung eröffnet hat. Die augenblicklich zur Schau gestellten Gegenstände umfassen die Abteilungell Schreiben, Lesen, Rechnen, vorgeschichtliche Heimatkunde, Erdkunde, naturwissenschaftlicher Unter richt, alte Geschichte, Zeichnen und Handfertigkeit. Borwiegend dient die Ausstellung dem Interesse der Lehrer, denen sie in anschaulicher Weise den Stoff für den neuzeitlichen Unterricht vor Augen führen will. Ganz konnte natürlich von der Ausstellung der ins Hach schlagenden Literatur nicht abgesehen werden, die vornehmlich mit einigen größeren Werken zur Alten Geschichte vertreten ist. Das Hanptgewicht ist jedoch auf das Anschauungsmaterial gelegt, das dem Lehrer die besten Hilfsmittel zum Unterricht in die Hand gibt. Für Schreiben, Lesen, Rechnen und Grundzüge der Musiklchre kom men die allgemein bekannten und zum großen Teil überall eingeführten Apparate in Frage (Rechenmaschinen, Lesepulte, einzelne, zusammensetzbare Buchstaben), die jedoch im Ver hältnis zu der Fülle der in den Katalogen unserer Lehr mittel-Handlungen aufgeführten Lehrmittel für den Elementar unterricht nur eine beschränkte Auswahl daraus zu bieten vermögen. Es ist aber jede dieser Unterabteilungen mit einem besonders charakteristischen Gegenstände vertreten, so daß dem Laien eine Über sicht iiber die Fülle der verschiedenen Lehrmittel ohne weiteres geboten ist. Empfehlenswert würde es sein, Kataloge usw. auszulegen, die dem Besucher kostenlos znm Mitnehmen zur Verfügung stehen müßten, denn der Endzweck einer jeden Ansstcllnng ist es doch, Bestellungen herbeizu führen. Vielleicht geben die Lehrmittelhandlungcn dieser Anregung statt und setzen das Zcntral-Jnstitut in die Lage, diesem sicher em pfundenen Mangel abzuhelfen. Weit zahlreicher sind die Karten zur Geographie, Wirtschaft-, Han dels- und Vcrkehrskunde vertreten, aus deren Fülle u.a. die bekannten der Verlage Earl Chun, Dietrich Reimer, G. Westermann usw. zu nennen sind, die dem Beschauer sofort auffallen. Fhre Anbringung ist in einem besonderen Raume in vorbildlicher Weise kulissenartig erfolgt, so daß jeweils die gewünschte hernntergelassen werden kann. Er wähnenswert ist hier eine kleine Darstellung von Kolonialprodnkten. In engem Zusammenhänge damit steht das bisher wenig be ackerte Gebiet der engeren Heimatkunde, für das die Ausstellung neue Wege weist. Hervorragende Reliefs aus der näheren und weiteren Umgebung Berlins, z. B. dem Seengebiet der Lbersprec, aus dem Rieseugebirge, insbesondere der Schncekoppe, und weiter solche Deutsch lands, der Alpcnländer, des Aletschgletschers, bis zur nördlichen Halb kugel bringen in den erdkundlichen Unterricht neue Gesichtspunkte. Das Märkische Museum hat eine größere Sammlung zur Ver fügung gestellt, die über die Vorgeschichte der Mark Brandenburg unterrichtet. An Fundstücken aus der Steinzeit, Bronzezeit nnd Eisen zeit sind Waffen, Schmuckstücke und Hausgeräte vertreten, wie sie im heimatlichen Boden ausgegrabe» worden sind. Beachtenswert ist die ge treue Nachbildung eines in Buch gefundenen Bauernhauses aus der Bronzezeit, das seine Ergänzung in einem altgermanischen Kornquetscher findet, der von dem damaligen Stande des Ackerbaues Zeugnis ablegt. Die Wände schmücken die bekannten Steinzeichnnngen von Tenbner, Boigtländer usw., die außerdem noch in großen Sammclkästen vor handen sind. Das Fehlen von Katalogen und Verzeichnissen macht sich auch hier bemerkbar. Globcn von allen Größen für die verschiedensten Zwecke, Apparate, die die Bewegung der Erde um die Sonne vcran- 8S5