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Freitag, Inserate werden in der Verlang - Srpedi- tion. Neustadt-Dres den Markt Nr. 2 angenommen. Nr. 40. 7. October 1853. Der Dampfwagen. MB Ein Peiblatt zur Sächßschen Worfzeitung. Redacteur: Friedrich Walther. — Verlag von Heinrich und Walther. Literatur. Das Thierlebri» der Alpenwelt. Raturansichten und Lhierzeich- nungen aus dem schweizerischen Gebirge. Von Friedrich von Tschudi, Mitglied der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft. Leipzig, Verlag von I. I. Weber 1853. Der Einfluß der Naturwissenschaften auf den Culturprozeß der Gegenwart ist besonders auch deshalb ein so überwiegender und allge meiner geworden, weil eS hier mehr als auf irgend einem anderen Gebiete des menschlichen Wissens gelungen ist, die ernsten Arbeiten der Naturforscher von Fach in einer gemeinverständlichen und anziehenden Form der Darstellung dem größeren Publikum zugänglich zu machen. Leugnen läßt es sich zwar nicht, daß unter den Schriften dieser Art man ches Seichte, Oberflächliche und nur auf den Geldgewinn Berechnete sich befindet, aber es sind auch Bücher darunter, welche, eine Zierde der deutschen Literatur an sich, außerdem noch für die Verbreitung einer wahren Erkenntniß der Natur von unbestreitbarem Nutzen gewesen sind und noch sind. Lschudi'S „Thierleben der Alpenwelt" nimmt unter den für das allgemeine Vcrständniß berechneten naturgeschichtlichen Darstellungen einen hohen Platz ein. Es ist zwar kein Werk, das in wissenschaftlicher Beziehung Neues bietet, sondern es sind darin nur die Resultate der schweizerischen Naturforscher, welche von jeher mit Vorliebe die wunderbare und mannichfaltige Natur ihrer Heimath beob achtet und auf diesem Specialfelde der Forschung Außerordentliches geleistet haben, benutzt und in einer höchst glücklichen Weise gleichsam zu naturgeschichtlichen Schweizerlandschaften und Alpenbildern umge- schaffen worden, welche überaus anziehend und lehrreicher sind, als zehn gelehrte Werke, mit einer Uebermasse von Schulweisheit angefüllt, wo man nur zu oft, so zu sagen, den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Das Charakteristische der wunderbaren Bergregion wird in dem Tschudi'schen Werke mit lebendigen Farben geschildert; wir hören gleichsam den wilden Fön aus den Schluchten Hervorbrechen, wir sehen die Vernichtung des Winters und das Mächtigwerden der Natur im Frühlinge hervortreten. Wir bewundern den Reichthum der Blüthen- pflanzen in den montanen Regionen, lauschen dem Picken der Meisen und Finken in den Ahornwäldern, sehen den Wander-, Tauben- und Thurmfalken, den Schreiadler und den Geier über ihrer Beute kreisen — wir steigen alsdann mit dem Alpenjäger in die höhere Bergregion, nehmen an den Gefahren der Gemsenjagd Theil und schreiten über die glänzenden Gletscher an der Grenze des animalischen und vegetabilischen Lebens dahin. Es weht einem aus dem Buche eine so frische und herz stärkende Alpenluft entgegen, daß man unwillkürlich an seine Lectüre um so mehr gefesselt wird, als die Darstellung durch die mannichfach eingewebten Alpenabenteuer auch ein spannendes dramatisches Element erhält. Wir halten „Tschudi'S Alpenwelt" für ein höchst passendes Weihnachtsgeschenk für die reifere Jugend. Als eine Probe der anziehenden Darstellungsweise des Verfassers theilen wir folgende Stellen aus dem überaus reichhaltigen Buche selbst mit: „bauliche und wärmere Luftzüge verkünden den Frühling und helfen emsig der lang samen Sonne, das alte Linnen zu zerstücken und zerpflücken, eia müh selig Werk. Halb gelungen, überschüttet es ein trauriger Lag wieder mit hohem Gestöber. Aber nicht für lange; wo nur einmal die alte, zähe Rinde weggefreffen ist, hält die letzte Lieferung nicht mehr vor. Die Wälder und Büsche schütteln unwillig die unbequeme Last ab; dar Grüne arbeitet sich immer mehr hervor und stickt sich rasch mit wei ßen, gelben und blauen Blüthen, wo eS nur ein wenig Herr gewordem Die ganze Gebirgslandschaft fängt an zu tönen und zu rauschen iw Wind und Wasser. Erst ein Stündchen oder zweie im höchsten Mit tag, dann auch des Nachmittags, bald darauf auch Abends und Nachts und endlich Tag und Nacht durch bleiben die rieselnden, plätschernden, rauschenden, brausenden Wasser lebendig. Die Felsen tropfen, die Bäche haben sich durch die Schneebrücken und Eistrümmer gefressen; neue Zuflüsse rinnen von jeder Terrasse, von jedem Schneelager nach; an den jähen Wänden krachen die Eissäulen des Wasserfalls, von fri schen Güssen überströmt, und stürzen mit donnerähnltchem Gepolter zusammen in das tief ausgewühlte Bett der Cascade. .Eisblöcke, vom frischen Wasser untersägt, raffeln ihnen über die Felswand herunter ' nach und verpflanzen mit ihren Eissplittern tausend knackernde Töne durch die Luft. Dazu die donnernden Höhen mit ihren dumpf hinrol lenden Lawinen und krachenden Gletschern; die polternden Steine, die der Frost in den Fugen ded Felswand gehoben und die Feuchte gelöst hat, das Zusammenbrechen der unterhöhlten Schneebänke, — gewiV der Frühling küllbet den Eingang seiner jungen Lebensmächte tausend- tönig schon durch die leblose Natur an. Es poltert und kracht und zischt und plätschert und donnert und rieselt ringsum durch die ganze Landschaft hin wie von Geisterunfug." — Aus dem Gemsenjägerlebea wird u. A. folgende Episode mitgetheilt: „Ein Savoyarde hatte eine Gemse geschossen und zwei Walliser erlegten sie völlig. Dem Thiere näher und durch den ersten Schuß dazu berechtigt, nahm der Erstere es zu Händen und trug es fort. Die walliser Jäger, die tiefer stan den, riefen ihm zu, er solle das Thier liegen lassen, was ihn aber nicht hinderte, seinen Weg sortzusetzen. Nun flogen zwei Kugeln dicht an seinem Kopfe vorbei. Ec konnte wegen der steilen Wege nicht schnell fliehen, noch sich vertheidigen, weil er seine Munition verschossen hatte. Darum ließ er die Gemse liegen und zog sich voller Rachegedanken zurück, lauerte aber genau auf, bis er entdeckte, in welcher der (von den Hirten bereits verlassenen) Alpenyütten die Walliser übernachten wollten. Dann lief er zwei Stunden weit nach Hause, lud dort seine Aweischloßbüchse mit zwei Schüssen und kehrte des Nachts zur Hütte zurück. Durch eine Ritze sah er seine Feinde am Feuer sitzen, steckte das Rohr sachte durch, um beide mit einem Male niederzuschießen und war im Begriff, loSzudrücken, als ihm beifiel, die Männer hätten ja, seit sie auf chn geschossen, nicht mehr beichten können und würden, also mit einer Todsünde sterben und ewig verdammt werden. Dies erschütterte ihn tief. Er zog das Rohr zurück, trat in die Hütte und gestand den Jägern, in welcher Gefahr sie gewesen. Diese dankten ihm gerührt und überließen ihm die verhängnißvolle Gemse — zur Hälfte." Bekanntmachung. Seiten deS unterzeichneten Gerichts soll den 13. Oetober 1853 mit notbwendiger Subbastation des mit einem NaturalauSzuge behafteten, Ernst Heinrich Fischer gehörigen, im Helfen berger Grunde unter Nr. 14 des Brand-CatasterS gelegenen, im Grund- und Hypothekenbuche für den Helfenberger Grund Folium 9 eingetragenen, unterm 29. Juni d. I., ohne Berücksichtigung der Oblasten und deS Auszuges, jedoch mit Einschluß deS gehenden und treibenden MühlzeugeS auf 2127 Thlr. 28 Ngr. — Pf. gewürderten Mühlenr grundstückeS sammt Zubehör, namentlich auch mit dem gedachten Mühlzeuge, verfahren werden. Es haben daher alle diejenigen, welche dieses Grundstück an sich zu bringen gesonnen sein sollten, in gedachtem Termine, Vormittags vor 12 Uhr, widrigenfalls sie zum Licitiren nicht zu lassen, an hiesiger Gerichtsstelle sich zu melden, ein gewisses Gebot zu thun, nach Befinden wegen Erlegung des zehnten Theile- deS Eaution zu bestellen Mßb dann zu erwarten, daß nach dem Schlage Zwölf nach AuctionSgebrauch werde verfahren, und daS besagte GrundMck dem Meistbietenden, welcher fich der Erl. Proc.« Ordnung sä Ut. 39, h. 16 und dem Mandat vom 16. August 1732 gemäß zu erklären hat, werde zugeschlagen werden. Eine nähere Beschreibung deS Grundstückes, nebst einem Verzeichnisse der darauf haftenden Abgaben, ist dem an hiesiger Gerichtsstelle und in der Schänke zu Rockau au-hängenden Anschläge beigefügt. Helfenberg, den 20. Juli 1853. - m Das Herrlich Winkler'fche Gericht. Otto, Ger.-Dir.