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4948 Amtlicher Teil. ov l20, 25. Mai 1»05. Herr Robert Doigtländer-Leipzig erklärt, daß er dem Vorstand das vom Verein der Buchhändler zu Leipzig gesammelte Material überweisen werde in der Hoffnung, daß es endlich einmal gelingen möge, die Frage der Ostermeß-Abrechnung einer befriedigenden Lösung zuzuführen. Herrn vr. Vollert könne er nicht zustimmen, daß die Schwierigkeiten bei Festlegung des Schuljahres so groß seien, da sich auch in Lehrerkreisen Stimmung dafür gezeigt habe. Sonst wünscht niemand mehr das Wort zum Antrag. Derselbe wird einstimmig angenommen. Herr Albert Brockhaus teilt darauf das Resultat der Abstimmung über den Ausschluß des Herrn Eugen Bruchmann-Lübbenau mit. Danach ist Herr Bruchmann in geheimer Abstimmung mit 887 Stimmen aus dem Börsen verein ausgeschlossen worden, also mit mehr als Majorität; diese beträgt 642 Stimmen. Punkt 6 der Tagesordnung: Antrag des Herrn Karl Cludius-Berlin. Herr Karl Cludius-Berlin erhält das Wort und begründet seinen Antrag, nachdem dieser von Herrn Brockhaus verlesen worden war. Er führt aus, daß es ihm fern gelegen habe, dem Vorstand einen Vorwurf zu machen, er habe nur für die hochbedeutsame Frage Interesse erwecken zu müssen geglaubt. Herr Cludius gibt einen historischen Überblick über die Ent wicklung der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung. Er weist darauf hin, daß die Gesellschaft nicht bloß armen, sondern allen Bibliotheken liefere. Er selbst habe eine Volksbibliothek an die Gesellschaft verloren, die sür 600 von ihm bezogen habe. Die Gesellschaft sei aber auch eine Gefahr für die Verleger, sie würde schließlich diesen die Lieferungsbedingungen vorschreiben. Die Gesellschaft habe die Grundsätze des Akademischen Schutzvereins in die Praxis übersetzt, indem sie ihren Mitgliedern zum Nettopreise liefere. Andere Vereine würden das Beispiel der Gesell schaft nachmachen, und schließlich sei das Sortiment überhaupt überflüssig gemacht. Er habe indessen Vertrauen, daß durch den Vorstand des Börsenvereins Wandel geschafft werde. Er habe eingesehen, daß dies nicht so leicht geschehen könne, und habe deshalb auch die Klage zurückgezogen, wie er jetzt seinen Antrag zurückziehe. Die Hauptversammlung stimmt lebhaft zu. Herr vr. Ernst Vollert-Berlin erklärt namens des Vorstandes, daß, nachdem einmal der Antrag gestellt gewesen der Vorstand veranlaßt sei, den in dem Antrag enthaltenen Vorwurf zu widerlegen. Der Vorstand begrüße die heutige Erklärung des Herrn Cludius, daß er dem Vorstand voll vertraue. Der Vorstand stimme mit Herrn Cludius überein, daß etwas getan werden müsse, nur sei der Vorstand über die sich dazu bietenden Wege anderer Meinung als Herr Cludius gewesen. Herr vr. Vollert weist darauf hin, daß die zweifellos segensreiche Tätigkeit der Gesellschaft mit in Erwägung gezogen werden müsse. Die Gesellschaft werde von den Sympathien des ganzen Volkes getragen. Der Vorstand habe außerdem nicht nur das Interesse eines einzelnen Mitglieds, sondern das des Gesamtbuchhandels zu wahren. Um den Vorwurf, daß der Vorstand überhaupt nichts getan habe, zu entkräften, berichtet Herr vr. Vollert an der Hand der Aktenvorgänge über die einzelnen Handlungen des Börsenvereins in dieser Angelegenheit. Bei der Wichtigkeit der Sache sei in den meisten Fällen Gesamtabstimmung und mündliche Besprechung in den Vorstandssitzungen not wendig geworden. Dieses Verfahren habe naturgemäß die Erledigung verlangsamen müssen. Herr vr. Vollert teilt dann die wichtigsten Vorgänge selbst mit, insbesondere die Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Verlegern und die an diese gerichteten Zuschriften. Es hätten auch persönliche Verhandlungen mit den Organen der Gesellschaft statt gefunden, doch zu keinem Erfolg geführt. Ini Januar l905 sei die Klage von Herrn Cludius gegen den Börsenverein angestrengt worden, die ja Herr Cludius nunmehr zurückgezogen habe. Der Vorstand habe auch weiterhin die Gesellschaft ersucht, die Forderungen des Buchhandels anzuerkennen, doch sei dies von ihr erneut abgelehnt worden. Dies habe den Vorstand veranlaßt, die Angelegenheit bei ihrer Wichtigkeit dem Vereinsausschuß zur Begutachtung vorzulegen. Der Vereinsausschuß habe dieses Gutachten erstattet. Nunmehr sei der Vorstand zu der Ansicht gekommen, daß es empfehlenswert sei, die Gesellschaft nicht ohne weiteres zu sperren, sondern zuvor erst die bei den Lieferungen an die Gesellschaft beteiligten Verleger vom Sachstand zu unterrichten und ihre Zu stimmung zu erbitten. Dieses Schreiben an die Verleger wird verlesen. Herr vr. Vollert berichtet über den Erfolg des Schreibens. Es seien bis jetzt schon 63 zustimmende Antworten eingegangen. Das sei weitaus die Mehrheit. Es sei sonach zu hoffen, daß ein befriedigender Erfolg in dieser Angelegenheit erzielt werde. Dagegen könne der Vorstand die Gesell schaft nicht hindern, Buchhandel überhaupt zu betreiben, wenn sie sich den Verkaufsbestimmungen unterwerfe. Durch ein Mitglied des Zentralausschusses der Gesellschaft, das zugleich Buchhändler sei, habe die Gesellschaft Kenntnis von dem Schreiben an die Verleger erhalten. Der Geschäftsführer der Gesellschaft habe deshalb an den Vor stand ein ausführliches Schreiben gerichtet, in welchem die Gesellschaft zu dem Anschreiben an die Verleger Stellung nimmt. Da die Gesellschaft ausdrücklich den Wunsch ausgesprochen hat, daß ihr Brief in der heutigen Hauptversammlung verlesen werde, so habe der Vorstand die Verlesung beschlossen. Das Schreiben der Gesellschaft wird deshalb von Herrn vr. Vollert verlesen Herr vr. Vollert hofft, daß die Hauptversammlung überzeugt sei, daß der Vorstand alles getan habe, was geschehen konnte. Er werde dies auch weiter tun, trotz dieses letzten Briefes der Gesellschaft. Da der Antrag bereits zurückgezogen ist, ist eine Diskussion darüber ausgeschlossen.