Volltext Seite (XML)
frühzeitiger als sie geglaubt, ihres Kindes imter nahmenlosen Schmerzen während des erschrecklichsten Gewitters genesen sey, und sie ihr und des Kindes Leben allein dem edlen jungen Manne verdanken müsse, welcher sich ihrer, als ei« Abgesandter deS Heiligen, den sie inbrünstig angerufen, mit rettender Hand angenommen habe. Während dieses Verhör unter einigen Pausen zur Schonung der Wöchnerin fortgesetzt wurde, stürzte ein jun ger Mann mit wildem verstörten Gesicht, und mit ihm eine Weibsperson in blasser Ver zweiflung herein, und ein hallendes Geschrey r „ mein gutes, unschuldiges Weib! meine ar me, gekränkte, beschimpfte Tochter ! daß Gott den Unmenschen, deinen Richtern verzeihe!" schallte fürchterlich durch daS Zimmer. In wüthender Zärtlichkeit fiel die Mutter ihrer Tochter um den Hals, und bey dieser Bewe gung entdeckte der Gerichtsverwalter an dem Busen der ersterm ein kleines Mahl, und zu gleich an dem Halsbande den in Gold gefaß ten Nahmen r Z. G. In stummer Um armung lag er an ihrer Brust, drückte mit wechselnden Küssen bald Mutter, bald Toch ter! und: o meine theure, verlaßne, wieder- gefundne Sophie! mein geliebtes, verstoß- nes Kind! o kommt, nehmt euren treulosen Gatten, euren grausamen Vater, in eure Arme! Bringt mir den Enkel, daß ich ihn küsse, den Arzt, daß ich mich ihm zu Füßen lege! scholl es von seine» Lippen mit einer Herzlichkeit, die alle Anwesende in Erstaunen fetzte. Fast könnte nun der Leser alles Uebri- ge so ziemlich rathen; allein ein Geschicht ¬ schreiber soll sich der Pünktlichkeit befleißigen, und eben so umständlich und gewissenhaft er zählen, wie ein — Zeitungsschreiber. Ich behalte mir daher Fortsetzung und Schluß noch vor — und lasse den getrösteten Haus vater , Gerichtsverwalter, Minna und Wil helm, Mutter und Schwiegersohn bey froher Abendmahlzeit ihres Glücks und ihrer Hoff nungen sich freuen. Horazens ?te Ode des 4ten Buchs. An T » r q u a t u s. Nun ist entschwunden der Schnee; aufs Neue begrünt sich die Flur, und sproßt der erwachende Hain; Erde verwandelt ihr Kleid; mit niedergelas senen Wellen küsset die Ufer der Strom; und Pafithea') beginnt, im Bunde der Schwestern und Nymphen, wieder gewaudlos den Reih'n. Hoffe nichts Ewiges hier! warnt Jahres'veräuderung, warnt die Flüchtigkeit wonnigen Tags. Zephyr verhauchet den Frost; den Frühling verdränget der Sommer, welchen der Untergang trift, ob der beladene Herbst auSschüttet das Frucht- Horn; auch stürzt bald starrender Winter zurück. Monden beeilen indeß sich zum Wiederersgtze der Tage : Aber w i r, sind wir gesellt zum Altvater Aeneas und Tull und begüter ten Ankus, 2) harren alS Schatten und Staub.