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wöchentliches Unterhaltung^ und Herausgegeben sostes Jntelligenzblatt. fürs Jahr i8lZ» Stück. Sonnabends, den r A. M a y. Ueber den Geschmack an Blume«. Ich glaube mich nicht sehr zu täuschen, wenn ich Personen, die au Blumen ein besonderes Vergnügen finden, «in menschenfreundlich S, gmcs Her, znkraue. Die Blnmenliebhabcrey arut freyl ch auch bisweilen in ein-ahenteuer- iiche Leideuschafl auS; indeß bleibt fie doch meist ein unschuldiges, unschädliches Steckenpferd. Man kann nicht leicht ohne frommen Sinn für die Schönheiten der Natur an den reizende» Gebilden der Pflanzenwelt sLergnngeu finden. Dieses Vergnügen ist kein grobsinnlicher Genuß, leine Freude, die mit Neid und Haß verbunden ist r vielmehr ist Vie Dlumenliebhaberey eine sehr gesellige Unterhaltung. Der Blumenfreund be weist seiner Pflanzenkultur eine zärtliche Sorg, falt. ES gehört schon ein sanftes stilles Ge- müth dazu, an dieser Pflege Vergnügen zu fin de», cin Gemnth, das sich gern mittheilt, daS Wachsthum uno Gedeihen gern sieht, die Zer störung haßt, imd di« Vervollkommnung liebt. Ein feiner Smn nur kau» daS ummichfallig« F arbenfpiel, di« zarten tausendfachen Züge und Schattirungen, den verschiedenen lieblichen Duft «mpfinden, womit Pflanzey und Blumen dir Sinn« ergötzen. ES giebt auch keine schöner« Sinnbilder der klebe, der Freude, der Herzlich keit, der Eintracht, des holden Gedeihens, der Dankbarkeit, als Blumen, Kränze, Sträußer. Daher schmückte man gern die festlichen Tafel» mit Blumen ; zierte theur« Personen mit Blu- mensträußern und Kränzen; wählt« Blumen z« Geschenken der Freundschaft, Liebe und Ver ehrung, streuet« Blumen und Zweige umher, wo ma« die Kommenden feyerlich und ehrenvoll empfangen wollte, oder bedeckte die Grabes- Hügel geliebter Personen mit diesen schönen Zei chen des zärtlichen Andenkens. Blumen könne« uns in der Kindheit und noch im spaten Akter Freude machen: aber eS gehört zu dieser Freu de ein kindlicher zarter Sinn, ein Charakter, der nicht um Gewinn, nicht am groben Genuß hängt, sondern uneigennützig daS Schöne uni» VoiikommtNt anzuerkennen und zu lieben weiß.