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Großenhayner wöchentliches Unterhaltungs-»md Herausgegeben lyteö Jntelligenzblatt. fürs Jahr r8lZ. Stück. —-o Sonnabends, den 8. May. . NMMU ' > I 'M«»» . . - - - ' Edmund und Rosalie. übertrugt, nie de» Gemahl Rosaliens t» ^.in Bannerherr, stolz auf seine Geburt Md auf sein Vermögen, hatte eine einzige Tochter, Rosalia, welcher die Natur reichlich ihre Ga ben verliehen halte. Zhr Haar war weicher und schöner als vaS der Berenice; ihre Auge« glichen dem Morgen - und Abendstern, um die sich sanft die Augenbraunen wölbten ; kurz Pa ris würde ihr in züchtiger Hülle den berüchtig ten Apfel gegeben habe». Bey solchen Reizen "war cs natürlich, daß eine Meng« von Freyern uni ihre Hand warben. Rosalie war nicht fühllss, Edmund, ein junger Ritter der Nachbarschaft, hatte ihr zu gefallen gewußt. Bcyoc liebten sich mit der zärtlichste» und hef tigsten Leidenschaft; allein der junge Mann ver barg seine Liebe vor aller Augen. Er war ohne Gjückegüter und zu jeder Zeit war Interesse ge wiß der Hauptzweck der Hcirathen. Der Vater Rosaliens sah nur dir wenigen Güter deS Jüng lings; aber de» glücklichen Gaben d«r Natnr war sein Auge verschlossen. Edmund war werben; aber überlegt wohl die Liebe? — Die Zärtlichkeit der beyden Unglücklichen vermehrtt sich nur; nichts übersteigt ja di« Leichtgläubig keit der Liebenden: fle glauben, sie umarme» alles, was sie wünschen. — Der Vater wird endlich von der Leidenschaft feiner Tochter un terrichtet, er überrascht sie mit ihrem Geliebten, Die ersten Bewegungen feines Herzens sind, ihn einer Rache aufzuopfern, welche gesättigt zu seyn brennt. Rosalie, bald glühend wie die Morgenrötbe, bald bleich wie Alabaster, wirft sich zu den Füßen ihres Vaters, umklammert seine Knie, benetzt sie mtt Thränen, fleht um Gnade für ihren Edmund und schwört, sich bas Lebe» zu nehmen, wenn er es dem Gelieb ten raubt. Dee Vater vergißt seine Wüth, zeigt auf einen Hügel, der nahe an feinem Schlosse liegt, und wendet sich mit diese» Wor ten zum jungen Mann: „Du warst kühn ge nug, deine Augen auf meine Tochter zu erheben, wohl! sey ihr Gemahl, doch mit der Bedin gung, daß du, ohne auszuruhen, Rosalie» >9