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115, 20. Mai 1896. Nichtamtlicher Teil. 3001 das Vorgehen des Verbandsvorstandes, um dem Zeitungs buchhandel zu begegnen. Er erwähnt namentlich, daß es dem Buchhündlerverband für das Königreich Sachsen gelungen sei, sich eine Partie der durch die Zeitungen vertriebenen Werke zu beschaffen, die dann schnell von der Auslieferungs stelle aus eine Ankündigung im Börsenblatt hin von Kollegen aus ganz Deutschland bezogen worden seien. So habe man die Kollegen instand gesetzt, die Artikel des Zeitungsbuch handels entweder zu gleichen Preisen oder sogar billiger zu liefern. Er befürworte sehr, diese Schutzmaßregel im gegebe nen Falle wieder zu betreiben und die hierzu vom Verband aufzuwendeuden, vielleicht erheblichen, Mittel nicht zu scheuen. Herr Gecks-Wiesbaden meint, daß dies doch auf eine Verwendung für jene Bücher herauskomme, die durch eine maßlose Reklame vertrieben würden, welche der legale Verleger nicht mitmachen könne. Das Aufkäufen solcher Vorräte ge schehe daher auf Kosten des soliden Verlagsbuchhandels und sei auf jeden Fall zu vermeiden. Herr Berger-Leipzig kann sich dieser Anschauung nicht anschließen. Der Sortimenter müsse gerade auch diese Bücher liefern können, wenn bei ihm darnach gefragt würde, statt die Frager an die Zeitschriften zu verweisen und sie so daran zu gewöhnen, das, was sie an Büchern suchen, aus ander» Quellen als der des gewöhnlichen Buchhandels zu beziehen. Auch der Leipziger Sortimenterverein habe eine Anzahl der betreffenden Bücher angekauft und sie um 50 H billiger an seine Mitglieder weitergegeben. In die Zwangslage, auch solche Bücher zu liefern, werde jeder einmal kommen können. Herr Bonz - Stuttgart hält die Maßregel, solche Bücher auzukaufen und an das Sortiment zu liefern, für sehr bedenk lich, es werde der Verleger dieser Artikel dadurch nur unter stützt. Erst zeige die Zeitung, die den Vertrieb übernommen habe, das Buch an, dann komme noch der Sortimenter und kündige es zu einem noch billigeren Preise an, das erwecke bei dem Publikum den Gedanken, daß es sich hier um ein gediegenes Buch handeln müsse, das so große Reklame ver trage. Wenn die Besorgung eines solchen Buches durchaus nicht abzuweisen sei, so könne man es, wenn nötig, zum Ladenpreis einkaufen. Man könne auf andere Weise gegen die Zeitungsverleger vorgehen, indem die Sortimenter einzelner Städte der Zeitung, die sich zum Zeitungsbuchhandel herbei lasse, erklärten, daß sie keine Inserate von ihnen mehr zu er warten hätte. Er empfiehlt noch, die Hilfe der doch gewiß in vielen Städten bestehenden Handelsvereine anzurufen, die gewiß dem unlegalen Handel des Zeitungsbuchhandels gegen über ihre Hilfe nicht versagen würden. Herr Woywod - Breslau bestätigt aus seinem Verein, dem Provinzialverein schlesischer Buchhändler, daß man auch die Empfindung gehabt habe, daß die vorgeschlagenen und von seinem Verein ziemlich umfangreich betriebenen Mittel auf die Dauer nicht anzuwenden sein dürften. Man habe be fürchtet, den Zeitungsbuchhandel, statt ihn zu bekämpfen, zu befördern. Man sei ferner zu der Ansicht gekommen, daß es sich empfehlen würde, bei den Zeitungsbesitzern vorstellig zu werden, eine wie große Schädigung sie durch den Zeitungs buchhandel dem Buchhandel bereiteten. In Breslau seien die bekannten Artikel einmal durch eine Privatbriefbeförderungs- Anstalt, dann durch eine große Zeitung vertrieben worden. Die erstere habe sich gegen alle Vorstellungen des Vereins vorstandes unzugänglich gezeigt, die Zeitung aber habe, nach dem sie erfahren habe, wie großen Unwillen dieses Geschäft bei dem Buchhandel erregt, und als sie durch ihren Reisenden wahrnahm, daß man ihr keine Inserate mehr zuweisen wollte, von selbst erklärt, daß sie keine Ahnung gehabt hätte von dem Nachteil, der mit ihrem Vorgehen dem Buchhandel zugefügt würde. Sie verpflichtete sich sogar, fernerhin keine solche Ge schäfte mehr zu machen. Diese Erfahrung habe den Provinzial- Dreluudiechztgll-r Jahrgang. verein schlesischer Buchhändler bestimmt, an den Vcrbands- vorstand die Aufforderung zu richten, namens der von ihm ver tretenen Vereine eine größere Kundgebung an die Zeitungs besitzer zu erlassen. Es sei zu hoffen, daß, wenn auch bei manchen Zeitungen ein solcher Versuch vergeblich sein werde, ein großer Teil wohl das richtige Einsehen und Verständnis für eine wohlbegründete Vorstellung zeigen werde. Dem Verbandsvorstand hätten die hiermit verbundenen großen Kosten Bedenken erregt; er könne dies Bedenken nicht teilen. Herr Thienemann - Gotha kann im allgemeinen Herrn Wopwod zustimmen. Der Schwerpunkt aber, wie der Zei tungsbuchhandel möglichst einzuschränken sei, bestehe doch darin, daß der Sortimenter, wolle er nicht sich selbst und den ganzen Sortimentsbuchhandel in seinem Ansehen schädigen, jedes buch händlerische Werk liefern könne. Wenn also in einem be stimmten Kreise oder einer bestimmten Stadt eine Zeitung den Vertrieb von Büchern übernehme, müsse es jeder Sorti menter für klug und richtig halten, selbst auf das Risiko, bei dem Verkaufe etwas zuzusetzen, sich die angezeigten Werke zu beschaffen. Hierauf sollte in erster Linie von den Vorständen der Vereine hingewirkt werden. In einer derartigen Mani pulation liege keine Beförderung des Absatzes dieser reklame haft angezeigten Sachen. Die Käufer gerade dieser Bücher ständen meist der Litteratur sonst fern; umsomehr sei es ge boten, sie nicht in die Zeitungsexpeditionen laufen zu lassen, sondern in die Buchhandlungen zu ziehen, wo sie oft, statt das erst gesuchte Zcitungsbuch zu kaufen, veranlaßt werden könnten, an seiner Stelle ein wirklich empfehlenswertes Buch zu kaufen. Wenn nun der Sortimenter sich bei dem Zeitungsbuch handel seines Ortes dadurch helfen könne, daß er sich ein oder einige Exemplare der durch die Lokalblätter angebotenen Werke verschaffe, so würde doch auch Zeitungsbuchhandel von großen Zeitungen Berlins oder sonst woher betrieben, und hier könnten allerdings Umstände eintreten, die es wünschenswert machten, daß der Vorstand des Verbandes sich die Möglichkeit sichere, solche Artikel zu beschaffen, um sie schnell an das Pro vinzialsortiment zu liefern. Herr Abendroth - Frankfurt a/M. schließt sich den Ausführungen der Herren Bonz und Woywod an, stimmt dessen Vorschlag zum Erlaß eines Rundschreibens an die Zeitungsverleger bei, betont aber vor allem die persönliche Einwirkung bei den Redaktionen. Herr Bergstraeßer erwähnt, daß auch der Vorstand des Börsenvereins aus eigener Initiative sich mit dem Schaden des Zeitungsbuchhandels befaßt habe. Zu einem direkten Eingreifen habe sich für den Börsenverein keine Handhabe geboten. Es müsse den zahlreichen persönlichen und intimen Beziehungen der Kreis- und Ortsvereine zu den Zeitschriften ihrer Bezirke überlassen werden, durch geeignete Vorstellungen den Zeitungsbuchhandel zu verhindern. Herr Meißner erblickt auch in dem Ankauf solcher Werke eine Beförderung ihres Absatzes und empfiehlt die Versendung einer Kundgebung durch den Verband. Herr Thienemann-Gotha berichtet, wie sich die Sorti- mentssirmen in seiner Stadt geholfen hätten. Sie hätten durch die angedrohte Entziehung der Inserate die Lokalblätter veranlaßt, vom Büchervertrieb abzusehen. Herr Berger-Leipzig glaubt, daß ein allgemeiner Appell an die Zeitungsverleger nur geringen Erfolg haben werde. Man könne sich doch nur an die Zeitungen wenden, deren Herausgeber gleichzeitig als Buchverleger mit dem Sortiment in Verbindung ständen. Wenn so in Leipzig der persönliche Einfluß mehrerer angesehener Verleger von Erfolg gewesen wäre, so gebe es doch eine große Anzahl von Zei- 410