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98 Gott Lob die unter unmittelbarer Aufsicht des Staates stehenden Lehr anstalten. Ist dagegen ein Prinzipal unvorsichtig genug, seine Lehr linge aus Dorf- oder Klippschulen zu rekrutiren, nun, dann schlimm genug für ihn selbst, für sein Geschäft und seine Zöglinge! Ein wis- se nsch östliches Examen ist aber auch außerdem bei einem seit meh reren Jahren dem praktischen Geschäftsleben einverleibtcn jungen Manne ein Unding. Wie mancher Examinand möchte da durch den pythago reischen Lehrsatz in Verlegenheit gesetzt werden, den er doch zu seiner Zeit schon in Quarta so herrlich inne hatte (denn wohl nur wenige junge Buchhändler möchten sich während und nach der Lehrzeit noch mit mathematischen Studien crlustigen!) Am passendsten dürfte von allen Disciplinen wohl die Sprach wissenschaft erscheinen. Nun, die wichtigsten lebenden Sprachen lernt ja heut zu Tage jeder Gebildete aus eigenem Antriebe und aus Einsicht ihrer Nothwendigkeit. Aber auch aus einem andern Grunde steigt dem Schreiber dieses ein Bedenken auf. Er kennt aus früherer Zeit her einen Gchülfen, der bei den herrlichsten Gaben dem Geschäfte lange Jahre hindurch eine treue, wahrhaftige Stütze im edelsten Sinne des Wortes gewesen, der Mittelpunkt gleichsam, um den sich Alles drehte, und doch sprach dieser seltene junge Mann nur seine Mutter sprache, und auch die nur in einer starken dialektischen Färbung. Trotz dem hat er dem Geschäfte hundertfach mehr genützt, als mancher An dere im Stande gewesen wäre, dem vielleicht sechs Sprachen zu Ge bote stehen. Als ein entgegengesetztes Beispiel möge ein dem Schreiber dieses gleichfalls persönlich bekanntes Individuum dienen, ein sogenannter rhätiger Buchhändler, der mit allen Sprachen Europens kokettirt und renommirt, dabei aber die einfachsten französischen Eigennamen, wenn sie gedruckt vor ihm stehen, in der Aussprache dergestalt verhunzt, daß ein halbwegs gebildetes Gehör davon zerrissen zu werden Gefahr läuft. Abgesehen davon, daß dem Zweiten, im schreiendsten Gegen satz zu dem Ersten, jede moralische Bürgschaft mangelt, die auch durch keine Eraminations-Eommission zu ermitteln, obwohl sie in jetzigerZcit bei den überaus schwankenden Handelsvcrhältnissen eine rein unerläß liche Nothwendigkeit ist, — ganz abgesehen davon stellen wir jetzt diese Zwei, in andrer Sphäre so tüchtig, vor ein Eollegium, das über ein dem heutigen Geschäftsmann so nothwendiges Hülfsmittel wie die be kanntesten lebenden Sprachen cs in der That sind, examinirt, müßten nicht Beide aufs Glänzendste durchfallen? Bei Beiden würde der buch- händlerische Theil des Collegiums vollkommen befriedigt, die gelehrte Hälfte dagegen bekäme von der Bildung Beider eine wenig vortheil- haftc Ansicht, obwohl sie praktisch als Buchhändler, wenn auch jeder in seiner Weise, Vorzügliches leisten. Das sind einzelne Bei spiele, höre ich hier vielleicht einwenden. Nicht doch, handelte es sich hier darum, noch mehr flüchtige Portraits zu entwerfen, es ständen wahrlich aus einer nicht zu reichen eigenen Bekanntschaft noch Origi nale genug zu Diensten. Aber es möchten auch nur einze lne In dividuen sein, die in der ersten Zeit zum Examen erscheinen würden, denn daß die buchhändlcrischc Jugend sich „zu den Uxaminibus drängen" werde, wie der Hr. Vers, so sehr hofft, ist wohl dem ge sunden Sinn der Mehrzahl nach kaum zu erwarten. Ebenso gewagt aber ist die Annahme, daß „der, welcher sich vor dem Examen scheut, seine Unfähigkeit in den meisten Fällen schon dadurch ei ngestehen wü r d e." Von der Wecthlosigkeit einer sol chen Einrichtung überzeugt werden Gehülfen, namentlich solche, die schon Jahre hindurch ihren Prinzipalen durch die Thal es bewiesen, was diese von ihnen zu erwarten haben, nichts weiter darin sehen als einen ganz unpassend angebrachten Hang zur Schulmeistere!. Zum Schluß erwähnt der Hr. Vers, noch der bereits jetzt schon bestehenden Prüfungen von Seiten des Staats. In Bezug auf den Preußischen Staat ist gesetzlich keine Prüfung vorgeschriebcn. Nur als 7 eine Anmerkung ist dem betreffenden Paragraphen beigefügt, daß, im Fall die vorliegenden Zeugnisse keine Bürgschaft für die allgemeine Bildung leisten, die Behörde eine Prüfung verlangen könne. Faktisch ist aber schon seit Jahren kein Buchhändler in Berlin mehr geprüft worden, und das jedenfalls nur aus dem Grunde, weil die Behörde, in richtigem Erkennen unseres Standes, von der Ueberflüssigkeit eines gelehrten Examens vollkommen überzeugt ist, und die nothwendig bei- zubringcnden resp. Abgangszeugnisse ihr Bürgschaft genug für die all gemeine Bildung sind, die übrigens dem Wortlaut nach nur so weit zu reichen braucht, als zur richtigen Auffassung der betreffenden Gesetze erforderlich ist. Daß ein Polizei-Commissacius die Prüfung vornimmt, ist dem sonst mit Ueberlegung schreibenden Hrn. Verf. wohl nur so entschlüpft, ein Polizei-Commissarius ist noch nie als wissen schaftlicher Examinator aufgetreten. Es folgen nun allerdings noch einige Punkte, als Ehrenpreis, Studienjahr, Jnstructionsreise —alle trefflich geschaffen, um näher beleuchtet zu werden, doch gebieten hier lciderZeit und Raum inne zu halten. Auch sind dies alles erst Folgen der Examina und stehen daher an sich schon als solche noch zu fern, um sie für jetzt in den Kreis einer speciellcn Besprechung zu ziehen. Möchten wir doch nur der von allen Seiten so rüstig angestrebten freiem Entwicklung des Einzelnen wie der Gesammtheit folgen *) und dergleichen mittelalterliche Zunft- und Jnnungsversuche, die jede Selbstständigkeit des Geistes tödten, für immer bei Seile legen. ' H. K. *) Der Herr Verfasser spricht selbst in Nr. 3 d. B.-Bl. von dem Un ka u fm än ni sch c n unsers Verkehrs und möchte doch trotzdem gern gelehrte Examina cinführcn! Ehrenbezeigung. Se. Maj. der König von Preußen haben dem Verlagsbuchhändler Bernh. Tauchnitz sim. zu Leipzig den rothen Adler-Orden 4. Kl. verliehen. Berichtigung cineS geographischen Fehlers. Der Flecken Mücken berg, im südöstlichen Winkel des Rcg.-Bez. Merseburg liegend, ist inSticler's Deutschland, in den neuern Charten von Weiland, in Wörl's Cbarte von Deutschland, sowie in Vol- ger's Handbuch der Geographie fälschlich unter dem Namen Mücken- burg eingetragen. Die Schuld hiervon trägt unstreitig Engel - bards Charte von Preußen, in der dieser Fehler zuerst bemerkbar wird, und aus ihr, da diese Charte als halbofficicll gilt, sorglos copirt, in jene übergcgangen ist. In allen frühem Charten und geo graphischen Werken, soweit ich Gelegenheit hatte sie nachzuschen, ist der richtige Name Mückenberg zu finden. — Ich bitte die Verleger geographi scher Werke, ihre gcogr. Autoren und Chartenzeichner auf diesen Fehler auf merksam machen zu wollen, damit er, so unbedeutend er immer ist, doch beseitigt werde. Halle, den 28. Decbr. 1847. Eduard Anton. Neuigkeiten der ausländischen Literatur. (Mitgethcilt von Wfg. Gerhard.) Französische Literatur. , <lu commerce <le Daris, lies clepartements <Ie la Dräne« et lies principales villes <ln moncle, cnntenant, etc., 600,000 aclresses ou renseignements; par Ilottin. 1848. In-8. Daris, 20, rue I.-I.-Nousseau. 12 Ir. Ocr^nonun «Dune Collection tres-consiileralils <le livres imprimss par les Dlrevirs, cle formst in-tolio, in 4. et in-8., recneillis par un bibliophile pencisnt ces vingt liernieres snnees, en Drance et tlsns les pa^s etrangers; accompagne cle curienses Notes bibliograpki- gues, et pouvant servir ä l'stuclo cle la bibliograpkie elrevirienne. In-8. Daris, Dcrnckoucke. 10 fr.