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97 1848.^> angesehen werden können, da daraus, daß eine ganze Schrift wegen Ge meingefährlichkeit oder verbrecherischer Äußerungen verboten ist, noch nicht folgt, daß der Inhalt eines einzelnen Theiles derselben ein verbotener sei. So lange daher dieser einzelne Theil nicht auch mit Beschlag belegt oder verboten worden ist, kann der Ankündigung desselben Nichts im Wege ste hen. Die Verfügung des Censors mußte daher aufgehoben und, da eine Prüfung des Inhalts des Artikels nach den Vorschriften der Ccnsur-Jn- struktion noch nicht statt gefunden bat, dem Beschwerdeführer überlassen werden, den Artikel anderweit zur Censur vorzulcgen. Berlin, den 15. Januar 1848. Das Königliche Ober-Ccnsur-Gericht. Bode. Aus den Worten dieses Erkenntnisses glaube ich mit gutemFug zu folgern : 1) daß die preußischen Zensoren eine Bücher-Anzeige, wie überhaupt einen jeden ihnen vorgelegten Artikel, keineswegs „aus welchem Grunde es sei" streichen oder beanstanden dürfen — denn das Ober- zcnsurgericht erklärt das Verfahren des Zensors im vorliegenden Falle für ungerechtfertigt und annullirt dasselbe, 2) daß das Oberzensurgericht überhaupt nur zweierlei Gründe an erkennt, aus denen ein Zensor einer Anzeige das Imprimatur verwei gern könne, nämlich: r>) wenn der Inhalt der Anzeige zensurwidrig ist; — es heißt im Erkenntniß: — „da eine Prüfung des Inhalts des Artikels nach den Vorschriften der Zensurinstruction noch nicht stattgefunden har, so muß es dem Beschwerdeführer überlassen werden, den Artikel anderweit zur Zensur vorzulegen." Es versteht sich übrigens von selbst, daß, wenn in einer Anzeige selbst, ihrem Inhalte oder Wortlaute nach, Zensurwidrigkeiten Vorkom men, diese eben so gut wie in jedem andern Artikel gestrichen werden können. b) wenn die Schrift, die angezeigt werden soll, schon verboten ist, — nicht also, wenn der Zensor nur g laubt, daß sie verboten werden könne, werde oder müsse. — Es heißt: So lange daherdieser einzelne Theil (der „Gegen wart") nicht auch mitBeschlagbelegt oder verbo ten worden ist, kann der Ankündigung dessel ben nichtsim Wegestehen." Das scheint mir ganz deutlich zu sein und ich glaube, es kommt nur darauf an, daß die Herren College» jedesmal sofort Beschwerde führen, um ein ähnliches günstiges Resultat zu erzielen. Leipzig, d. 21. Jan. 1848. K. Biedermann. lieber Condnitcillisten inid Examina. In Nr. 4 des Börsenblattes kommt in dem Aufsatze: „lieber das Wesen, die Zwecke des Börsen Vereins re." unter an dern Vorschlägen auch ein schon vor Jahren mit wenig Glück angereg ter über Conduitenlisten und Prüfungen der Lehrlinge und Gehülfen aufs Neue zur Sprache. Obwohl schon damals namentlich die Süd deutsche Buchhändler-Zeitung mit der ihr eigenen gesunden Lebens- ansichl diesen Vorschlag zurückwies, so kann es nicht fehlen, daß bei dem erneuten Bestreben, einer solchen Einrichtung Geltung zu verschaf fen, auch wieder Stimmen von verschiedenen Seiten darüber laut werden. „Der Börsenverein hat nach Kräften des Heran wachsenden Bu chhän d ler ge sch l e chtes, der Lehrlinge und Gehülfen si ch anzunehmen, so daß sich diese als einen Theil des Ganzen fühlen." So lautet der 5. Abschnitt jenes Aufsatzes. Der Verfasser klagt, daß in Bezug auf die Ausbil dung der jungen Buchhändler vom Börsenverein aus noch gar nichts geschehen sei, obwohl er gleich im Eingang ausspricht, daß hierin „wie überhaupt in allen Dingen im in er die richtige Gesin nung der Einzelnen vielmehr zu thun im Stande ist, als die Allgemeinheit durch Gesetze und Vereinigungen thun kann." Aber dennoch ist es Schade, daß noch gar keine Ue- berwachung von Seiten des Börsenvereins, der Allgemeinheit, statt- findet, und um dies zu erreichen, werden Conduitenlisten vorgeschlagen. Eonduitenlisten! Wem ist nicht bekannt, wie diese in einer andern Region mit allgemeiner und gerechter Entrüstung auch von Seiten der durch dieselben Nicht-Beobachteten ausgenommen wurden, so daß sie gar bald wieder verschwanden, nachdem man sich überzeugt hatte, daß durch sie einem ekelhaften Spionirwesen Raum gegeben war. Doch der Hr. Verfasser will sie ja eigentlich nur, „damit nichtdasau - genblickliche Mitleiden desPrinzipals oder etwa dessen Laune über die Zeugnisse entscheidet, die später an- dernPrinzipalenzurRichtsch nurdiene ns ollen." Pfui über jeden Gehülfen, der das augenblickliche Mitleiden (!) seines Prin zipals benutzen muß, um ein gutes Zeugniß zu erhaschen, und Pfui über jeden Prinzipal, der bei Ausstellung eines Zeugnisses sich von sei ner Laune leiten läßt! Beides verstößt gegen die Ehrenhaftigkeit der Prinzipale wie der Gehülfen, und wo diese von Hause aus fehlt, wer den keine Conduitenlisten sie ersetzen können. Der Meinung scheint indeß der Herr Verfasser nicht zu sein, ec glaubt vielmehr so elende Gesinnungen unter den deutschen Buchhändlern und ihren Gehülfen zu finden, denn er hält die halbjährlichen Conduitenlisten als morali sche Impulse für nolhwcndig, damit nicht ein Gehülfe regelmäßig alle halbe Jahre das Mitleids» von Neuem in Anspruch nimmt, und auch der Prinzipal sich nicht alle halbe Jahre wieder vom Zorn Hinreißen läßt!! Als Hauptbildungsmittel und Hauptgarantie für die Zukunft un sres Geschäfts schlägt der Hr. Vers, aber Examina der Lehrlinge und Gehülfen vor, die von einer Commission von Gelehrten und Buch händlern zu leiten wären. Gelehrte und Buchhändler! Was soll ein Gelehrter einem jungen Buchhändler für Fragen vorlegen? Etwa aus der Literaturgeschichte? — Man kann den ganzen Gervinus auswendig wissen und doch als praktischer Buchhändler sich sehr unbeholfen an stellen! Oder aus der Preßgesetzgebung? Man kann viel über Paßge setze sogar schon geschrieben haben und doch am Ende durch vorlaute Raisonnements in fatale Prozesse verwickelt werden! So wird die Phi lologie ein besseres Thema sein? O nein, wir haben manchen Land, pliilol. zum Buchhandel übergehen und schnell verschwinden sehen! Also müssen doch wohl die vortrefflichsten Kenntnisse in diesen Fächern für den praktischen Geschäftsmann nicht immer stichhaltig sein. Es könnte löscht scheinen, als wollten wir hiernach solchen Hülfs- kenntnissen allen Werth absprechen. Bewahre, Kennt» iß ist Macht! Zu keiner Zeit ist dieser wahre Spruch wohl so gerecht ge würdigt worden als eben jetzt, und jeder Denkende, er sei Geschäfts mann oder nicht, wird fühlen, daß heut zu Tage keinerlei Kennt nisse überflüssig sind. UeberHülfskenntnisse aber ist schwer ein Examen zu halten. Wo wäre da die richtige Grenze zu ziehen? Jede Fachwis senschaft dürfte ja nur ganz allgemein berührt werden, nur um sich etwa von der Bildungsstufe überhaupt zu unterrichten, aus der der Exami nand steht. Eine solche Operation ist aber wohl rein überflüssig. Ab gesehen davon, daß in andern Ländern solche wissenschaftliche Spiele reien mit den jungen Buchhändlern gar nicht durchzuführen wären, weil leider der dortige Schulunterricht keine solche Vorbildung ver schafft, so sind sie auch für Preußen, auf das es wohl zunächst abge sehen ist, schon aus dem Grunde nicht nöthig, weil wohl jeder Prin zipal nur solche junge Leute zu Lehrlingen wählt, die ei» Gymnasium bis Secunda, eine Realschule oder andere höhere Lehranstalt aber bis Prima durchgemacht haben. Bei diesen bedarf es dann wirklich keiner Sondirung der allgemeinen wissenschaftlichen Bildung, dafür sorgen