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Unterhaltungs-Md Hcrausgegeben Jntelligenzblatt. fürs Jahr 18N. Stück. Sonnabends, den Juny. Der Bart im Morgenlande. ^)n unsern Tagen hat der Bart auch bey uns rin bedeutendes Ansehen gewonnen Die Mode heischt es, Backenbärte zu tragen, die nm so schöner seyn sollen, je größer sie sind. Mii- tairS lassen ihn oft um das ganze Kinn herum wachsen; und ein polnischer Jude, dein der ei serne Drang der Umstande jetzt an der Wilia die Muskete aufdrangt, hat gleich beym Ein tritt in die neue Laufbahn den Vortheil, wenig stens darin gewiegten Helden gleist) zu kom men. — Das Sprichwort: „ErhatHaa- re ans den Zähnen!" erhielt in den Zei ten seinen Ursprung, wo bey uns keiner ein Held seyn konnte, ohne es durch einen stattlichen Bart zu beweisen, der sich, öffnete er den Mund, selbst furchtbar in die Reihe« seiner ZaHne eindrängte; und bald wird es wieder, in seine alten Rechte eingetreten, nicht figürlich, sondern wörtlich zu deuten seyn. Mit einem Worte: der so lan ge abgeschorne Bart will wieder eine glanzende Rolle spielen, und ungefähr den Rang einneh msn, den er — im Morgenland« behauptet. Denn dort ist es, wo noch stets der Bart et was galt. — Dort, wo kein Wechsel der Mo de waltet, ist der Mann ohne Bart nichts, mit Bart alles. Man könnte der bravste Mann seyn und wäre verachtet, wenn man kei nen Bare hatte. Ze größer dieser ist, desto größer ist die Ehrfurcht, die man emflößt. „Welch ein Glück für Vater, sagt der Araber, wenn er einenDickbart sieht; die so schöne Bärte erzeugt haben, der Segen Gottes muß wie ein Strom über sie kommen!" Sieht er einen europäische» Greis mit rastrtem Gesichte, dann ruft er: „Wehe über das Gesicht des alten Affen, deS alten Sünders, den die Sünde nicht verlaßt." Der Morgenländer kann sich gar keinen großen Mann ohne einen großen Bart denken. Einst unterhielt sich der Pascha von Saide mit dem französischen Konsul über Ludwigs XIV. Ruhm und Größe. „Wie groß iß denn fein Bart >" fragte er endlich.