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Großenhainer Unterhaltungs- L Anzeigeblall. Rmig^ait äer Römgl Rintsflauximalmschaß, äes Römgl Amiggenclüs uilä äes Kinätmi^s zu Ero^enkain. Erscheinen: DienStag, Donner-tag, Sonnabend. Vierteljährliches Abonnement: am Schalter l M., durch den Boten in» Hau» 1 M. 25 Pf., durch die Post l M. 25 Pf., durch die Post inS Hau» l M. 50 Pf. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Veramwortl. Redacteur: Herrmann Starke sen. Inserate für die am Abend auszugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nicht anders bestimmt, durch Postnachnahme erhoben. Nr. 47. Sonnabend, den 19. April 1884. 72. Jahrgang. Behufs Beschaffung einer Anleitung zur Aufstellung von Kassenstatuten nach dem Gesetze über die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 sind die Entwürfe von Statuten I. für eine Ortskrankenkasse, II. für eine Betriebs- (Fabrik-) Krankenkasse nebst Vorbemerkungen und Erläuterungen im Nachtrag zu Nr. 12 des Centralblattes für das deutsche Reich veröffentlicht worden. Von diesen Entwürfen sind auch Ausgaben im Verlage von Fr. Kort kampf in Berlin >V. Lützowstraße 61 zum Preise von — M. 75 Pf. für das geheftete und 1 M. — Pf. für das gebundene Exemplar, sowie bei Carl Heymann daselbst zum Preise von ca. 1 M. — Pf. für die gewöhnliche Ausgabe und 1 M. 20 Pf. für die mit dauer haftem Pappband versehene Ausgabe erschienen. Ebenso ist in Bezug auf die gemeinsame Gemeindekrankenversicherung von O. Schilling in Dresden ein Statutenentwurf nebst 10 Formularen zur Einrichtung der Buchführung bei derselben und ein Statutenentwurf für eine gemeinsame Dienstboten krankenkasse aufgestellt worden und in der Buchhandlung von Warnetz L Lehmann daselbst käuflich zu haben. Indem die selbstständigen Gutsbezirke und die Gemeinden des hiesigen amtshaupt mannschaftlichen Bezirkes, sowie die Stadtgemeinde zu Radeburg hiervon in Kenntniß gesetzt werden, unterläßt die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft nicht, darauf hinzuweisen, daß die Anschaffung ter obgedachten Ausgaben die zur Durchführung des Versicherungszwanges und insbesondere die zur Einrichtung der gemeinsamen Gemeinde krankenversicherung zu treffenden Anordnungen wesentlich fördern würde. Großenhain, am 10. April 1884. Die Königliche Amlshauplmannschast. von Weissenbach. L. Bekanntmachung. Bei der am 10. dieses Monats vorgenommenen Prüfung der von Reservisten pp. angebrachten Gesuche um Zurückstellung für den Fall der Einberufung hat die verstärkte Ersatz-Kommission des hiesigen Aushebungsbezirks beschlossen: den Landwehrmann Friedrich Hermann Haase in Weißig b. Sk., „ „ Carl Heinrich Schulze in Folbern, „ Reservisten Ernst Otto Müller in Gävernitz, „ „ Carl Emil Zocher in Großenhain, den Ersatzreservisten I. Klasse Carl Max Klöditz in Großenhain wegen ihrer häuslichen re^p. gewerblichen Verhältnisse auf ein Jahr hinter den letzten Jahrgang der Landwehr resp. Ersatz-Reserve I. Klasse zurückzustellen. Königliche Amtshauplmannschast Großenhain, am 15. April 1884. von Weissenbach. Tn. Bekanntmachung. Die den 1. April s. c. fälligen Brandversicherungsbeiträge sind nach 1 Pf. von jeder Beitragseinheit längstens bis zum 22. April tt. v. an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 31. März 1884. Der StLdtrath. Bogel, Stdtr. Zur Derer des Keöurlstages Sr. Majestät des Königs Atöert findet Mittwoch, den 23. Aprit d. I., Mittags 1 Uhr im Saale des Kotel de Sare ein. Jestessen statt. Urers des Gedeckes 2 K. 50 Bf. Die Einwohnerschaft von Großenhain und Umgegend wird hierzu mit dem ergeöenen Bemerken eingeladen, daß Zeichnungen zu dem erwähnten Men Kerr Kotelöefitzer Hunger entgegennimmt. Großenhain, am 16. Uprit 1884. Kerrmann, Schröder, Schultze, von Weissenbach, Bürgermeister. Hberamtsrichler. Major und Regimentsführer. Umtshauptmann. Mehrbietungstermin. Auf das zum Nachlasse der Frau Wilhelmine Therese verw. Müller geb. Hentschel gehörige Gasthofsgrundstück mit Brauerei und die dazu gehörigen walzenden Grundstücke — Fol. 23, 29, 36 des Gävernitzer und 90 des Baßlitzer Hypothekenbuchs — nebst lebendem und todtem Wirthschafts-, Schank- und Brauereiinventar, Vorräthen und Außenständen ist ein Höchstgebot von SS,000 Mark - Pf. gethan worden. Da die sofortige Annahme dieses Gebots wegen eines beim Verkauf be- theiligten Unmündigen bedenklich fällt, so werden diejenigen, welche für obiges Kaufs object eine höhere Kaufsumme als obgedachte zu geben gemeint sind, hierdurch aufgefordert, am 6. Mai ds. Js. vor Mittags 12 Uhr hier zu erscheinen und weiterer Verhandlung gewärtig zu sein. Großenhain, am 16. April 1884. Das Königliche Amtsgericht. Estler. Bornemann, Ass. Bekanntmachung. Die nachstehende anher gelangte Mittheilung wird hierdurch zur öffentlichen Kennt niß gebracht. Stadtrath zu Großenhain, am 16. April 1884. Vogel, Stdtr. Waarenbörfe zur Leipziger Ostermeffe. Mit der bevorstehenden Ostermeffe soll wiederum eine Waarenbörfe verbunden werden, und zwar wird dieselbe den 21«, 22. und 23. April dieses Jahres Nachmittags von Ä bis S Uhr in den Räumen der Börsenhalle, Brühl 17, welche zu diesem Behufe jedesmal von 3 Uhr an den geehrten Meßbesuchern gegen Einzeichnung ihres Namens unentgeltlich geöffnet sein wird, unter Theilnahme von Mitgliedern der unter zeichneten Handelskammer abgehalten werden. Leipzig, den 8. April 1884. Die Handelskammer. A. Thieme, stellv. Vorsitzender. Ur. Gensel, S. Bürgerschule. Die Aufnahme der schulpflichtig gewordenen Kinder erfolgt Montag den 21. April I. und II. Bürgerschule vormittags 9 Uhr, III. Bürgerschule mittags 1 Uhr. Großenhain, den 15. April 1884. L. Hardtmann, Direktor. LröeLlseinstetlungen. In Dresden, Leipzig und mehreren anderen Orten un seres Vaterlandes sind gegenwärtig wieder Arbeitseinstellungen an der Tagesordnung. Die Geschäftslage ist aber durchaus noch nicht eine so günstige, daß die deutsche Industrie, die sich mühsam einen Platz auf dem Weltmärkte erkämpfte, schon jetzt in der Lage wäre, wesentlich höhere Löhne zu zahlen. Es dürfte dies um so schwerer fallen, als die im Werden begriffene Socialreform ihr sehr bedeutende Opfer für die Invaliden der Arbeit zumuthet. Für die Gegenwart und die Zukunft der zahlreichen deutschen Arbeiterschaft gleich zeitig in glänzender Weise zu sorgen, ist die deutsche In dustrie aber um so weniger im Stande, als ihre Kapital kraft nur als eine verhältnißmäßig bescheidene angesehen werden kann. Die Schutzzölle haben zwar den deutschen Fabrikanten die ausländische Concurrenz ferngehalten, aber auch den Export erschwert und die Einfuhr unentbehrlicher Halbfabrikate vertheuert. Gegen maßlose Ansprüche der durch die Centralisation der freien Hilfskassen und durch kluge Führer stramm organisirten deutschen Arbeiterschaft sind die deutschen Industriellen beinahe schutzlos und um so ungünstiger gestellt, als unter ihnen infolge der geschäftlichen Concurrenz eine gemeinsame Förderung ihrer Interessen selten und stets nur vorübergehend ermöglicht wiro. Es kann den deutschen Regierungen die Thatsache kaum ent gangen sein, daß der jüngste Aufschwung ter deutschen Fabrikation in erster Linie dem Niedergang der französischen Industrie zu danken war. Ist aber das Hcrabziehen der Letzteren, wie fast allseitig behauptet wird, dadurch verur sacht worden, daß die Arbeiter des französischen Freistaates von allen politischen Parteien umworben, gehätschelt und geschmeichelt, sich vielfach abmüßiglen, um eine politische Wirksamkeit zu entfalten und für die geschmälerte Arbeits zeit immer höhere Lohnansprüche stellten, so haben wir in listeugesetzeS ernsthaft an sich selbst gearbeitet und der po- Hat das Socialistengesetz dem demagogischen Treiben in , den Arbeiterkreisen ein Ziel gesetzt, so wird sich auch ein ! Mittel finden lassen, den maßlosen materiellen Ansprüchen i der Arbeiter, besonders aber der Form entgegenzutreten, in der diese Anforderungen geltend gemacht werden. Die Arbeitseinstellungen berühren durchaus nicht nur die Arbeit geber, sondern auch alle Personen, die mit der betroffenen ! Fabrik in Geschäftsverbindung stehen. Außerdem führen die strikendcn Arbeiter von den Unterstützungen ihrer Ge- werbsgenossen ein müßiges Leben, das sie vielen Ver suchungen aussttzt und andere Arbeiter dazu an eifert, im Vertrauen auf die Gegenleistung ihrer Mitarbeiter unbillige Forderungen an ihre Arbeitgeber zu stellen oder sich deren billigen Forderungen zu entziehen. Ein Slrike stellt ferner einen praktischen Einzelfall der die Gesammtheit berührenden socialen Reform dar; was aber über denselben verlautet, ist stets nur geeignet, die öffentliche Meinung zu verwirren, weil die Gründe der Arbeitseinstellung gewöhnlich von den Lage gerichtet. Die Zahl der Arbeiter-Fachvereine wächst und diese entwickeln eine Thätigkeit, die der Verwirklichung der Hirngespinste der socialdemokratischen Revolutionäre gänzlich fernsteht und nur der Existenzfrage gilt. Wer die Arbeiterversammlungen vor zehn Jahren besucht hat und die heutigen sieht, wird sie kaum wiedererkennen und zweifel haft sein, waö ihn mehr in Erstaunen versetzt, die Wirkung des Socialistengesetzes oder die Selbstzucht der deutschen Arbeiter. Die tumultuarischen Scenen haben ganz aufge hört; Scandalmacher werden sofort entfernt und die ge schäftlichen Angelegenheiten stets mit Ruhe und Ordnungs liebe glatt erledigt. Ein Aufhlreu des Socialistengesetzes, das von vielen Principienreitern der früheren Fortschritts Deutschland alle Ursache, uns von diesem Beispiel warnen zu lassen. Die deutsche Landwirthschaft bedarf einer Er leichterung der Lasten; um aber diese zu ermöglichen, muß vor Allem die deutsche Industrie steuerkräftig erhalten werden, nicht etwa auf Kosten der Arbeiter, sondern zum Nutzen der Arbeiter, die sich auf dem Wege des Strikeö nur vorüber gehende Vortheile verschaffen, aber dadurch kurzsichtig das Geschäft ruiniren und die Arbeitsgelegenheit künftiger Jahre in mißlichster Weise verringern. Atan muß den deutschen Arbeitern die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie seit der Einführung des Socia- gelangt, daß es für sie besser sei, als Deutsche ihr belegtes Brot zu essen, als unter der Herrschaft der Internationale am Hungertuche zu nagen. Hier und da werden die Ar beiter noch von revolutionären Phrasenmachern am Seil ge führt und ihre stramme Organisation und Disciplin, die der Verbesserung ihrer materiellen Lage sich so günstig er wies, hat zuweilen den Nachtheil, daß eine brave und loyale ' Arbeiterschaft bei politischen Wahlen Mann für Mann für einen Vertreter stimmt, der weniger ihr Interesse als das der Umsturzmänner wahrmmmt. Die Massen werden immer einen Führer brauchen, der für sie denkt und spricht; sie . - thäten aber gut, solchen Männern zu mißtrauen, die ihnen litischeu Phrase standhaft entsagt haben. Scheinbar sind die ausschließliche Wahrung ihrer StandeSinteressen Ver dis Agitatoren ganz von ihnen verdrängt und ihre Bestre- , sprechen, denn diese Interessen können nicht wahrhaft und bungen ausschließlich auf Verbesserung ihrer materiellen dauernd auf Kosten anderer Stände gefördert werden. Partei und des ultramontauen EentrumS gerade jetzt wieder- energisch angestrebt wird, dürfte vielen Arbeitern kaum er wünscht sein, weil mit dem Socialistengesetze sehr leicht wieder viele geistige und materielle Errungenschaften des Arbeiterstandes in der wilden Fluth des demagogischen Trubels untergehen könnten. Erst unter dem Socialisten- Arbeitgeber» und von den Arbeitern in widersprechender gesetz sino die meisten Arbeiter zu der ruhigen Erkenntniß - Weise abgegeben werden. Der Staat kann und soll sich