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humoristischen Roman erfunden. Aber der englisch, überlegen-spöttisch und trocken, und nur Shakesj Von Albert >e Humor ist cheare macht Humor rettet das Leben Was die Dichter und was die Aerzte dazu sagen . darin eine Ausnahme, denn sein Humor fließt aus den tiefsten Quellen der Volksweisheit. Er wirkt dadurch befreiend, daß er Komik aufdeckt, wo wir Tragik vermuten. Der Fran zose hat weniger Humor, dafür aber den „Esprit", das geist volle „bonmot", um dessentwiüen er immer in der Geschichte als guter Gesellschafter galt. Anders dagegen der deutsche Humor. Trotz seiner Wahrheit und bisweilen auch Bitter keit läßt er uns die Freude und das befreiende Lachen nicht schal werden. Wahrer Humor wird >a aus dem Schmerz ge boren. „Freude sind Flügel, Schmerzen aber die Sporen unserer Seele." Der Humor, die Heiterkeit der Seele, ist schöpferisch im Sinne der Lebcnsbejahung und wirkt be freiend auf Herz und Gemüi. Das haben am besten untere großen Humoristen bewiesen, wie Jean Paul und Wilhelm Raabe, Fritz Reuter und Wilhelm Busch. Der Humor Jean Pauls und Raabes ist das Lächeln, das zwischen Tränen auf blitzt. Reuters Humor quillt unmittelbar aus dem Leben selbst, und sein Inspektor Bräsig ist noch heute das Hausbuch der Familie, in dem man Rar in allen Aergernissen des All tags sucht. Busch selbst nimmt durchaus eine Sonderstellung ein. Kein anderer Humorist hat die Philisterwelt seinerzeit so treffend geschildert wie er selbst, und seine Wahrheiten, die er in klassische Form geprägt hat, haben noch volle Gültigkeit. Man sollte Witz nicht mit Humor verwechseln. Beide sehen zwar die Schwächen und Fehler der Menschen mit klarem Auge, der Witz aber als Feind, der Humor als Freund. Beim Witz überwiegt die betrachtende Sache, beim Humor die betrachtende Person. Der Witz reizt die Wunde nnd verhindert ihre Heilung, der Humor dagegen heilt. So wird denn der Humor zugleich einer unserer größten Wohltäter. Wunder an der Beresina Erzählung von Werner Ide Einem jungen Menschen Klar Blick voraus! Laß Sterne walten! Das Vaterhaus kann dich nicht halten. Vor dir liegt blank der reine Morgen, Sein kühler Trank löscht alle Sorgen. Dein Weg führt weit, darfst hier nicht weilen. Zu Werk und Streit sollst du nun eilen. Steh' auf! Bollbring's! Nimm keinen Schaden. Bald grüßen rings die Kameraden! Was immer mag im Herz dir beben — Den Ritterschlag gibt dir das Leben. Gustav Leuteritz Im Oktober des Jahres 1812, das den Namen des Korsen mit Blut und Tränen in den Herzen aller Nationen unvergeßlich machte, rückte die Große Armee aus Moskau ab und begann den verhängnisvollen Rückzug, den nur ein ge ringer Bruchteil der Truppenverbände überstehen sollte. Man war mit geschultertem Gewehr und im langsamen Schritt über das Schlachtfeld von Borodino marschiert, wo noch unzählige unbestattete Menschen- und Tierkadaver herumlagen. Am 5. November fiel der erste Schnee. In sernem Gefolge ritt der Hunger als Vorhut, dicht bedrängt von einem erbarmungslosen russischen Winter. Die Manneszucht schwand dahin: eine Masse todunglücklicher Menschen, dem Wahnsinn nahe, wälzte sich nach Smolensk: dort hoffte man auf Hilfe, auf Magazine, auf Ruhe, auf Erlösung. Aber alle Hoffnung war vergebens: Betrüger hatten sich selbst bereichert, zehn lausende braver Soldaten dafür dem Verderben ausgeliefert. Ein kleines Häuflein westfälischer Truppen unter dem General von Ochs schlug sich verzweifelt durch russische Regimenter und gelangte, wenn auch unter Verlust der ge- mmten Bagage, unter unsäglichen Schwierigkeiten nach Liady, einem Städtchen in der Nähe der Grenze von Alt- und Neu rußland. Zum ersten Male sand man dort wieder nach der unendlichen Wanderung in Gesellschaft des Todes geheizte Quartiere nnd Lebensmittel. Man schöpfte neue Hoffnung, und General von Ochs selbst faßte Zutrauen auf ein glückliches Entkommen. Seinen Sohn hatte er schon vor Wochen in Begleitung eines Arztes und mit allen Hilfsmitteln versehet, nach der Heimat zurückgeschickt, weil er in der Schlacht bei Borodino schwer verwundet worden war. Dem General lag an seinem eigenen Geschick weniger, aber Freude erfüllte ihn doch bei dem Gedanken, seinen Sohn einmal wieder in die Arme schließen zu können. So gelangte dann der General mit seinen Getreuen nach Orsza und lenkte seine Schritte sofort nach dem Hause des Bürgermeisters Berk, der ihm ein freundliches Quartier auf dem Marsche nach Moskau geboten hatte. Er wurde dort auch freundlich empfangen und bat um ein kleines Zimmer, das er noch in Erinnerung hatte. Der Hausherr zuckte aber bedauernd mit den Schultern und erklärte, im Augenblick sei das zwar nicht möglich, aber im Laufe des Tages würde es sich wohl machen. Auf dem Zimmer liege ein kranker westfälischer Offizier, der wohl nur noch wenige Stunden zu leben habe: nach seinem Tode würde alles nach den Wünschen des Generals geregelt toerden können. Francesco Redi, Leibarzt des Großherzogs von Toskana und ein berühmter Naturforscher, litt viel an Kopfschmerzen. Eines Tages kam sein Freund Morera aus Indien heim und erklärte, er besitze ein unfehlbares Mittel dagegen. In Indien lege sich jedermann in solchem Falle einen Stein an die Stirn. Allerdings keinen gewöhnlichen, sondern man finde diese Wundersteine im Magen von Vögeln, und zum Glück habe er einen mitgebracht. — Redi mochte seinen Freund nicht be leidigen, hat auch zu starkes Kopfweh, um zu widersprechen, und hält sich deshalb den Stein geduldig an die Stirn. Aber wunderbar: die Kopfschmerzen gehen nicht weg! Morera meint, sie müßten weggehen, und zitiert zum Beweis Plinius, Solinus und Galenus De Jncantatione. Aber auch das hilft nicht, und so kommt Morera zu dem Schlüsse, Redis Kopfweh müsse von anderer Art sein als das in Asien vor kommende, denn — so schließt er messerscharf — wozu sollte die Vorsehung Steine in den Vogelmägen erzeugen, wenn sie sie nicht mit besonderen Wunderkräften ausgestattet hätte?! Vermutlich stützte Redi, als er dies hörte, den schmer zenden Kopf in die Hand und dachte etwas sehr Ketzerisches, etwa daß die Vorsehung es bequemer gehabt haben würde. Sie kauen mit dem Magen Von vr. G. v. Frankenberg Eulenspiegel läßt einmal den alten Bauern sagen: „Mein böses Weib ist tot, aber zum Henker, sie fehlt mir an allen Ecken!" Und in der Tat ergeht es zahlreichen Menschen wie diesem Bauern, daß sie den Wert mancher Dinge erst dann schätzen lernen, wenn sie sie verloren haben. Wer sich dann mit Humor tröstet, ist vergleichsweise noch am besten daran. Aber was ist überhaupt Humor? Schopenhauer unter schied zwischen Scherz, Ironie und Humor. „Einen Witz machen und über zu lachen, ist noch lange kein Humor!" Das Gebier des Lächerlichen ist weit und vielgestaltig. Zwei handfeste Leute führten einen Dieb auf die Wache. Um sich die Langeweile zu vertreiben, spielten sie mit ihm Karten. Aber der Kerl war ein so unverschämter Mogler, daß sie ihn wut entbrannt hinauswarfen, worauf er selbstverständlich davon lief, berichtet Schopenhauer in seiner Betrachtung über das Lächerliche. Dieser Witz macht uns zwar lachen, beweist aber keines wegs, daß die beiden Handfesten Humor besaßen. Oft genug wird Witz mit Humor verwechselt, werden Komiker als Humoristen bezeichnet und Witzblätter als humoristische Blätter. Der Witz zeigt uns tue Dinge in greller und ver zerrter Beleuchtung, er entzündet sich am Gegenstand und lebt von ihm. Der Humor dagegen ist keine Aeußerung, sondern eine Eigenschaft. Am treffendsten Hai einmal ein Autor gesagt: „Humor ist keine Gabe des Verstandes, sondern des Herzens." Der Humor verträgt sich nicht nur mit den tiefen und ernsten Lebensauffassungen, sondern setzt sie geradezu voraus. Das Lächeln des Humors taucht tief unter die Ober fläche des bloßen Witzes in die Gründe tragischer Erkenntnis. Als den Spartanern bei Thermopylä gesagt wurde, der Feinde seien so viele, daß ihre Pfeile die Sonne verfinstern würden, meinte einer von ihnen: „Desto besser! So werden wir im Schatten kämpfen." Humor besaß auch jener Marquis, der während der großen französischen Revolution in einer düsteren Pariser Gasse einem Pöbelhaufen in die Arme lief und sofort am nächsten Laternenpfahl aufgehängt werden sollte: „Nur zu", jagte er kaltblütig, „ihr werdet deswegen doch nicht Heller sehen!" Dieser humorvolle Ausspruch reitete ihm das Leben, denn das Pariser Volk hatte Verständnis für gesunden Humor. Und wieviel Humor bekundet der arme Sünder, der von seinem Wagen aus, den ein müder Gaul langsam dahinzieht, einem Weibe zuruft, das in höchster Eile zur Richtstätte zieht und dabei einen Pantoffel verliert: „Nicht so überstürzt, Madame, eh' ich nicht da bin, fängt's doch nicht an!" In all dem glänzt irgendwo verborgen eine Träne, und das gerade ist kennzeichnend für den wahren Humor, wie denn auch die bedeutendsten Humoristen nicht selten im täglichen Leben sehr ernsthafte Menschen waren, die keineswegs jeden Morgen mit Gelächter aufstandcn, sondern die nach Erkenntnis der Dinge strebten. Einst kam Wilhelm Busch zu einem Arzt, der ihn nicht kannte und klagte über einen unüberwindlichen Mißmut und eine an Schwermut grenzende Hypochondrie. Da her Arzt sonst nichts Krankhaftes an ihm finden konnte, empfahl er ihm heitere Lektüre und ganz besonders „Die fromme Helene". An Die Engländer bemühen sich, den Humor zu .gen: sie besitzen gewiß gute Karikaturisten; sie haben auch den wenn sie die Menschen ganz mit Kopfschmerzen verschont hätte. Dann aber ging er, als echter Forscher, sofort an eine Unter suchung, welchem Zwecke jene Steine im Vogelmagen denn Wohl in Wirklichkeit dienen möchten. Und es steht zu hoffen, daß er dabei am ersten über seine Kopfschmerzen hinweg gekommen ist... Man braucht nicht nach Indien zu reisen, um Steine in den Bogelmägen zu finden. Es genügt, der Köchin zuzusehen, wenn sie ein Huhn ausnimmt. Der Huhnermagen har eine überaus dicke Muskelwand und ist innen mit hornähnlichen Platten ausgekleidet. Und regelmäßig enthält er glatte Steine von verschiedener Größe. Diese Steine sind, wie wir heute wissen, keine Wundersteine, sondern sie lagen aus der Gasse, und das Huhn hat sie verschluckt. Es muß aber Steine ver schlucken, weil das Schicksal ihm die Zähne genommen hat. So hat es nun sozusagen ein künstliches Gebiß im Magen! Mit Hülfe der muskulösen, durch die Hornplatten geschützten Magcnwand werden die aufgepickten Körner zwischen den Steinen zermahlen wie m einer Mühle. Nur dadurch kann ihr Inhalt, wie man heute lagt, „ausgewertet" werden. Ohne seinen Kaumagen dagegen wüßte der Vogel trotz reichlicher Nahrung verhungern. Mit ihm aber knackt er die härtesten Samenkörner aus und zerreibt die sonstige Nahrung aufs feinste. Der große Reaumur, der sich nicht etwa nur auf Thermometer verstand, machte die Feststellung, daß im Magen eines Puters ein eisernes Rohr plattgedrückt wurde. Um die gleiche Wirkung durch Belastung zu erzielen, waren 437 Pfund nötig! Bei den Raubvögeln fehlen die Steine, und die Magen wand ist dünn; ihre Beute hat so hohen Nährwert, daß sie höchstens zerrissen, nicht zerkaut zu werden braucht. Wir sagten, das Schicksal habe die Vögel der Zähne be raubt — hatten sie denn jemals welche? Das ist ganz sicher, denn sie stammen von Kriechtieren ab. Auch der im Solnhofener Schiefer gefundene „Urvogel" hatte Zähne, und eine ganze Reihe ausgestorbener Vögel aus der Kreidezeit be saß ebenfalls welche. Und warum konnten sie sie nicht behalten? Sehr ein fach! Dann wäre es nichts mit dem Fliegen geworden. Zu Zähnen gehören nämlich feste Kieferknochen und starke Kaumuskeln. Dadurch aber wäre der Kopf so schwer ge worden, daß er das Uebergewicht bekommen hätte. Aus flugtechnischen Gründen muß der Schwerpunkt des liegenden Körpers etwa zwischen den Ansatzstellen der Flug- muskeln liegen. So kam die experimentierende Natur, der es offenbar sehr un Herzen lag, gute Flieger zu schaffen, dazu, das Gebiß der Högel in den Magen zu verlagern. Die Bögel sind indes nicht die einzigen Tiere, die Zähne m Magen haben. Auch die Krokodile besitzen einen Kau magen, und auch sie verschlucken Steine. Unter diesen Umständen ist — was auch der weitgereiste Herr Morera dagegen sagen mochte — bei Kopfschmerz ein Brausepulver doch wohl wirksamer als Steine aus einem Bogelmagen... Schweitzer dieser drastischen Komik lachten sich die Gesunden krank und die Kranken wieder gesund. „Ach, Herr Doktor", meinte da der Patient, „das kann mir nichts nützen, denn das dumme Zeug habe ich ja selbst geschrieben!" Das ist Humor, ein „Sichnecken mit dem Ernst des Ledens". Jean Paul hat einmal geäußert: „Der Humor als das umgekehrt Erhabene vernichtet nicht das Einzelne, sondern das Endliche durch den Kontrast mit der Idee." Bei aller Un klarheit liegt darin doch der richtige Gedanke, daß die Wirkung dieser Waffe darin besteht, den Gegner zu entwaffnen. Durch ein einziges treffendes Wort vermag der Humor den Gegner kampfunfähig zu machen. Da ist der englische Richter Sir Howard mit seiner Schwägerin auf einem Ausflug ins Innere Marokkos in die Gewalt des Piratenkapitäns Braßbound geraten, dessen Mutter von Sir Howard vor Jahren auf das tiefste beleidigt worden war. Braßbound ist noch immer entflammt von seinem Haß. Das Leben der beiden Gefangenen hängt nur noch an einem Faden. Aber während sich Braßbound mit wilden Worten im Vorgeschmack seiner Rache berauscht, bemächtigt sich die liebenswürdige und menschlich kluge Schwägerin seiner Jacke und beginnt still und eifrig ihm die Knöpfe an zunähen, da sie es nicht mitansehen kann, wie ein so stattlicher Mann so zerrissen herumläuft. Dadurch aber wird der blut rünstige Kapitän völlig aus der Fassung gebracht und ver gißt seine Rache. Ein paar Nadelstiche, ein mütterliches Lächeln und die Situation war gerettet. General von Ochs war ein Mensch, in dessen Brust ein warmes Herz schlug. So nahm er auch gleich Anteil an dem Geschicke seines Kameraden und beschloß, ihn zu besuchen und alles zu tun, was einem sterbenden Kameraden den Tod erleichtern kann: sich nach den Wünschen zu erkundigen, die letzten Grüße für die Heimat in Empfang zu nehmen und schließlich die brechenden Augen zuzudrücken. So schritt der wackere Soldat die knarrende Trepp, hinauf, schon etwas gebeugt von der schier untragbaren Härte des Feldzuges und der bitteren Not. Er öffnete die Tür des Zimmers und stand einen Augenblick still, um seine Augen an das Halbdunkel zu gewöhnen. Hn einer Ecke des Zimmers lag auf seinem Schmerzensbette ern Mensch in wiwen Fieber träumen. Verworrene Worte drangen an das Ohr des Generals, dem bei dem Klange dieser Stimme das Herz sür einige Schläge stillstand. Dann aber schoß ihm das Blut in die Schläfen, und mit einem wilden Sprunge stürzte er sich an das Bett, neigte sich über den todkranken Offizier, und die Knie zitterten ihm: vor ihm lag sein eigener Sohn, den er längst in Sicherheit glaubte. Nur die Menschenliebe der Wirts leute hatte den Unglücklichen, den Chirurgus und Diener schmählich in Stiche ließen, vor dem Tode bewahrt. Ein schweres Nervenfieber machte jede Rettung fast unmöglich. Hart jedoch riß den Soldaten die Kriegsfanfare wieder empor: sofortiger Abmarsch wurde befohlen, und ein Solda: hat zu gehorchen! Aber die Vaterliebe fand doch noch einen Ausweg. Dies Wiedersehen hatte auch die Kameraden er schüttert, die nun alles zur Rettung des Unglücklichen opferten. Man findet noch einen kleinen Wagen, auf den man den Sterbenden bettet und ihn so mit der Truppe der Heimat entgegenführl. Es geschah ein Wunder. Der Sohn starb nicht: die rührende Sorgfalt des Vaters, dessen Kräfte bei dieser neuen Not ins Riesenhafte gewachsen waren, entrissen ihn den knochigen Fingern des Todes. So gelangte der General bis an die Beresina. Dort wurde noch einmal seine Standhaftigkeit auf die Probe gestellt: in dem fürchterlichen Gedränge wurde er von seinem Sohne ab- qedrängt und gelangte glücklich an das jenseitige Ufer, verzehrt jedoch von der Sorge um das kaum wiedergeschenkte Leben des Kindes. Achtundvierzig Stunden suchte er verzweifelnd nach dem wohlbekannten Gefährt, bis er den Sohn schließlich wohlbehalten wiederfand. General von Ochs konnte der Mutter das geliebte Kind im freien Vaterland m die Arme legen.