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.1? IS, 25. Januar 1910. Amtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 1031 Verbotene Druckschriften. Durch Urteil der 2. Strafkammer des Königlichen Land gerichts Hierselbst vom 9. Dezember 1909 ist auf Unbrauchbar machung aller Exemplare der Bilder mit nachfolgender Dar stellung erkannt: 1. Christus sitzt unter einem Kreuze und hält in seinen Armen eine vor ihm knieende schwarz gekleidete und gefesselte Frauengestalt, auf deren Gewände die Jahreszahlen 1863 1848, 1830, 1794 geschrieben stehen Auf Christi Knieen liegt ein aufgeschlagenes Buch und zu Christi Füßen eine rot-weiß-blaue Fahne mit den Jahreszahlen 1772, 1793, 1795. Auf dem Querbalken des Kreuzes stehen die Jahreszahlen 1791 und 1891, zwischen beiden ein mit Dornenkranz umgebenes Hell und zeigt die Inschrift: ».7682o?6 nie naZon/la ell^viia vo^r/ekrionia«. Mitten auf dem senkrechten Kreuzbalken befindet sich ein Anker, im Hintergründe eine Wasserfläche, jeuseits deren die Häuser und Türme einer Stadt zu sehen sind. Darüber in den Wolken sieht man die Sonnenscheibe mit der Inschrift: »3. Mai«. Unter dem Bilde stehen die Worte: »krrsä oltn.r/6 deutsch: »Vor deine Altäre bringen wir unser Flehen, das Vater land, die Freiheit gib uns wieder, o Herr«. Die Rückseite weist auf das Gebet: »6020 ck/.iecü «, deutsch: »Gott Vater, Deine Kinder - - - - -«, und bezüglich des Heraus- 1. 20«, deutsch: »I. Angrabajtis in Krakau, St. Thomasstraße Nr. 20«. 2. In einer gebirgigen Gegend, auf einem Felsen sitzt ein Mönch mit erhobener Linken und ist einer vor ihm angesammelten Vogelschar zugewendet. Neben ihm steht ein Schubkarren, an den er geschmiedet ist. Hinter ihm steht der russische Grenzpfahl. Rechts oben von hellstrahlender Wolke umhüllt, schwebt das Czenstochauer Muttergottesbild. Unter dem Bilde befindet sich die Aufschrift: »kl-r^sckr! Krolpnt.vo ll^oje«, deutsch: »Zu uns komme dein Reich«. Auf der Rückseite befindet sich eine polnische Hymne von Wladislaus Belza mit der Überschrift: »8^mn Uol8iri«, .lalianL Lui-Iriowieag, ll>g,1co^vie/Ng.1)» Uvriok«, deutsch: »Nachahmung Vorbehalten. Verlag von Julius Kurkiewicz in Krakau, Kleiner Ring«. Beuthen (O.-Schl.), 13. Januar 1910. (gez.) Der Erste Staatsanwalt. (Deutsches Fahndungsblatt Stück 3297 vom 22. Januar 1910.) Nichtamtlicher Teil. Darniederliegeno-sbelletristischenBuchhandels und seine Ursachen. Seit Jahren vernimmt man in Buchhändlerkreisen die immer wiederkehrende Klage von der Überproduktion an Büchern, dadurch hervorgerufen. daß die Produktion nicht Schritt hält mit der Steigerung der Leselust, bzw. der Zu nahme der lesenden Bevölkerung. Wohl kaum aber dürfte ein anderer Zweig des Buchhandels an Überproduktion derart leiden wie die Belletristik. Die Gründe für diese Überproduktion waren ja schon häufig Gegenstand näherer Untersuchung. Mich dünkt es nach den von mir im verflossenen Jahre gemachten Be obachtungen indes, als wenn am Darniederliegen des belle tristischen Buchhandels nicht allein die so viel beklagte Über produktion schuld wäre, sondern auch noch andere Ursachen. Ein Hauptübel dürfte darin liegen, daß die Autorenhonorare für belletristische Bücher in den letzten Jahren ganz er schreckend gestiegen sind und daß dis Bellctristikverleger es bisher versäumt haben, sich zusammenzuschließen, um ihre elementarsten Interessen in dieser Hinsicht wahrzunehmen. Spricht man mit einem Belletristikverleger über den Absatz belletristischer Bücher und die Rentabilität des Ver lags. so hört man immer wieder dis Klage, daß das Geschäft infolge der unerschwinglichen Autorenhonorare unlohnend geworden sei. und es muß auch etwas Wahres hieran sein, standen oder stehen doch noch verschiedene rein-belletristische Verlagsfirmen vor der Frage, die Belletristik aufzugeben oder das Geschäft zu liquidieren. Wieso sind nun die von den Verlegern beklagten uner schwinglichen Autorenhonorare an diesen Zuständen schuld? In buchhändlerischen Kreisen wird es ja bekannt sein, daß die meisten namhaften Belletristik-Autoren mit ihren Verlegern Verträge abschließen, nach denen sie durch eine bestimmte Honorarquote auf den Ladenpreis am Absätze des Buches beteiligt bleiben. Diese Honorierung würde die idealste Verteilung des Risikos auf beide Schultern, nämlich aus die des Verlegers und des Autors gemeinsam, darstellen, wenn nicht unter den Autoren sich die Gepflogenheit und Unsitte herausgebildet hätte, daß sie vom Verleger den Erfolg eines belletristischen Buches bzw. den Honorargewinn aus demselben in den allermeisten Fällen schon im voraus diskontiert verlangen, und hierin liegt die Gefahr für den Belletristikverlag. Ist der Autor als Idealist und Künstler in den meisten Fällen an sich schon kein objektiv denkender Geschäftsmann, so wird er. wenn es sich um die Absatzmöglichkeit des in Ver lag gegebenen Buches handelt, immer Optimist sein und die Verkaufsmöglichkeit seines Buches bis in ungeahnte Weiten überschätzen. Für Bücher, die trotz zielbewußter (wenn auch normaler) Provaaanda des Verlegers bestenfalls einen Absatz von 800 bis 1200 Exemplaren pro Jahr erzielen, verlangt der Autor eine Voraushonoriernng (als eine Diskontierung des zukünftigen Honorargewinns) auf 3000, 5000 auch 10 000 Exemplare. Der Autor fordert dies, einmal in der Hoffnung, daß der tüchtige Verleger seinem Buche unter Aufwendung großer Reklamemittel zu diesem Absätze ver- hilst. andrerseits in dem Bewußtsein: Zahlt dies der eine Verleger nicht, gehst du zum anderen! Dem Verleger bleibt nichts anderes übrig, als auf die Verbindung mit dem Autor zu verzichten oder aber die maß lose Forderung zu akzeptieren. Und. nun zeigt sich der erste Krebsschaden des belletristischen Buchhandels! Der Verleger, der dem Autor ein großes Quantum Bücher im voraus honorieren mußte, ein Quantum, das eben mit Rücksicht auf die beklagte Überproduktion nie und nimmer auf normalem Wege abgcsetzt werden kann, druckt nun eine Auflage, die zumeist dem honorierten Quantum entsprechen wird, denn er ist schließlich gezwungen, den im voraus honorierten Posten in seine Geschäftsbücher einzu stellen und in seiner Inventur für diese Honorarausgabe ein Aktivum nachzuweisen. Nun ist es aber trotz aller gegenteiligen Annahmen eine bekannte Tatsache, daß ein belletristisches Buch infolge der Überproduktion und des täglichen Auftauchens neuer Werke veraltet ist. wenn es länger als vier bis sechs Monate den buchhändlerischen Markt geziert hat. (Selbstredend gibt es wenige Ausnahmen, worunter ich einige Schlager und die sogenannten Standard-Werke verstehe.) Die Konsequenz hiervon ist die, daß der Verleger, der beispielsweise seinem Autor 5000 Exemplare eines Werkes im voraus honorieren mußte, während der Aktualität des Buches 500 oder 600 Exemplars, vielleicht auch 1000 bar verkauft, und dann ist der Erfolg vorüber. Kleine Pöstchen eines solchen Buches, die der Verleger alljährlich weiter verkauft und die zwischen 134»