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Der Bote vom Ming Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstags, Donnerstags nnd Sonnabends mittags Wöchentliche Beilage: „Bilderbote vom Geising- Monatsbeilage: „Rund um den Gcisingberg- MiiMtalMuno - Bezugspreis für den Monat 1,15 RM. einschließlich Zutragen > - Anzeigen: Die sechsgespaltene 46 mm breite Millimcterzeile oder - «> deren Raum 4 Pfg., die Zgespalt. Te;t-mm-Zeile oder deren „ - Naum 12 Pfg. — Nachlaß nach Preis!. Nr. 3. — Nachlaßstaffel - » Bei Konkurs u. Zwangsvergl. erlischt Anspruch auf Nachlaß. » Dezirksanzeiger für Altenberg, Geising, Lauenstein, Bärenstein unö Sie umliegenden Ortschaften Dieses Blatt ist sür die Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein behördlicherseits bestimmt Druck und Verlag: F. A. Kuntzsch, Altenberg, Boffestratze 3 — Fernrus Lauenstein Nr. 427 — Postscheckkonto Dresden Nr. II811 — Girokonto Altenberg Nr. II — Postschließfach Nr. IS Nr. 43 Donnerstag, den 9. April 1936 71. Jahrgang Bor MMörMatur in der Mechel Vornehmlich gegen -ie Su-eten-eutschen gerichtet Die „Dresdner Nachrichten" melden aus Prag: Im Prager Parlament wird gegenwärtig das soge nannte „Staatsverteidigungsgesetz" beraten, das insbesondere für die von den Sudetendeutschen bewohnten Grenzgebiete äußerst scharfe Maßnahmen vorsieht. So dürfen in den „für die Staatsvertei digung wichtigen Unternehmen" nur „staatlich Zuverlässige" beschäftigt werden, was einer Aus schaltung der Deutschen gleichkommt. Der Indu striespionage wird Tür und Tor geöffnet, um die Konkurrenz der deutschen Unternehmen endgültig zu beseitigen. Ausländische Reisende in den Grenz gebieten unterstehen einer scharfen Überwachung, die ebenfalls unter Oberaufsicht der Militärbehörden ausgeübt wird. Das von der tschechischen Regierung ausgearbeitete Gesetz umfaßt 200 Paragraphen. Der wesentlichste Paragraph sieht für das Gebiet der Tschechoslowakei die Bildung eines Obersten Verteidigungsrates vor, der entsprechend seiner Bezeichnung in der tschechi schen Sprache abgekürzt „NROS" heißt. Dieser Oberste Verteidigungsrat, an dessen Spitze der Mi nisterpräsident steht, bedeutet nichts anderes als die Militarisierung der gesamten tschechischen Staatsver waltung. Aufhebung aller bisherigen Rechte Dem Verteidigungsrat werden so weitgehende Be fugnisse eingeräumt, daß sie praktisch die Aufhebung aller der Rechte bedeuten, die die tschechische Verfas sung den Bürgern des tschechischen Staates bisher gab. Wie weit das geht, zeigt die Tatsache, daß in den Beratungen des tschechischen Parlaments das Wort von der „Diktatur der Bajonette" geprägt wurde. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Be stimmung, daß der Oberste Verteidigungsrat von seinen weitgehenden Rechten schon dann Gebrauch machen kann, wenn innerpolitische Ereignisse den Staat bedrohen. Ein „Enlnationalisierungsgesetz" Das Gesetz hat besonderen Widerstand bei den Vertretern des Sudetendeutschtums gefunden, weil man mit Recht in ihm einen neuen, großangelegten Versuch der Tschechisierung sieht. Die „für die Staatsverteidigung wichtigen Unternehmen" dürfen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes nur Personen beschäftigen, die „staatlich zuverlässig" sind. Wie die Vertreter der Sudetendeutschen Partei erklärten, könne man diesen Gesetzentwurf nur als ein „Ent nationalisierungsgesetz" bezeichnen; denn die bedenk lichen Bestimmungen seien in erster Linie für das Grenzgebiet und damit für das Sudetendeutschtum vorgesehen. Nunmehr sei es möglich, ohne jede Nach prüfung und ohne dem Beschuldigten eine Möglich keit der Rechtfertigung zu geben, ihn als „staatlich unzuverlässig" zu bezeichnen und von seiner Arbeits stätte zu entfernen. Die Befürchtung, daß man die Bestimmungen dazu benutzen wird, die Arbeitslosig keit des tschechischen Bevölkerungsteiles zu beheben, indem man Sudetendeutsche wegen staatlicher Unzu verlässigkeit entläßt und durch Tschechen ersetzt, ist nur zu sehr gerechtfertigt. Industriespionage auf staatlichen Befehl Für das Grenzgebiet ist die Durchführung aller Bauten an die Zustimmung der Militärbehörden ge bunden. Eine weitere wesentliche Bestimmung sieht eine unbegrenzte Auskunstspflicht für die Leiter aller Industriebetriebe vor. Das macht es möglich, die Konkurrenz der nichttschechischen Industriebetriebe für die tsche- chischen zu beseitigen, denn auf Grund der Auskunftspflicht, die das Gesetz vorsieht, können natürlich Kontrollkommissio nen sich ohne weiteres über die Verhältnisse aller nichttsche- chischen Betriebe aufs eingehendste unterrichten. Mit den Be stimmungen, die im Grenzgebiet sogar die Umwandlung von Waldboden in Ackerland an die Genehmigung der Militär behörden knüpfen, ist es natürlich auch möglich, den Grund besitz, der bisher nicht in tschechische Hände gebracht werden konnte, zugrunde zu richten. Vorsicht beim Photographieren! Besonders hart sind die Bestimmungen über die Spionage, die sich namentlich für harmlose Besucher des tschechischen Grenzgebietes verhee rend auswirken können. Wer in Unkenntnis der Be stimmungen dieses Gesetzes im Grenzgebiet photographiert, kann sofort wegen Spionageverdachtes vor eines der für die Spionagefälle zuständigen Kreisgerichte gestellt werden, an denen besondere Senate, zu denen ein die Entscheidung der Richter beeinflussender Offizier gehört, gebildet werden. Mit Recht haben die Vertreter der Sudetendeutschen Partei betont, daß alle die Bestimmungen, die sich nicht auf die Verteidi gung des Staates im Kriegsfälle erstrecken, den Minderheiten schutzverträgen ins Gesicht schlagen, weil durch die Kontrolle, die über alles zivile Leben ausgeübt werden kann, gerade die Angehörigen der Minderheiten besonders schwer bedroht sind. Die trüben Erfahrungen, die das Sudetendeutschtum seit dem Bestehen des tschechischen Staates schon machen mußte, lassen die Befürchtungen, die man an den Erlaß dieses Ge setzes knüpft, als nur zu berechtigt erscheinen. so« Todesopfer des Wirbelsturms Das amerikanische Rote Kreuz nimmt an, daß bei dem Wirbelsturm in den sechs Südstaaten am Montag über 500 Personen getötet und 1727 schwer verletzt worden find. Die Zahl der zerstörten Häuser wird auf 3200 geschätzt. Bisher wurden 429 Leichen geborgen. Der Orkan richtete in den Staaten Alabama, Mississippi und Tenessee schwere Verwüstungen an. Die Stadt Tupelo im Staate Mississippi wurde zu einem erheblichen Teile zer stört, wozu Grobfeuer und Explosionen im Anschluß an den Orkan beitrugen. Der Sachschaden dürfte in die Millionen gehen. Nach Berichten von Augenzeugen wich beim Heran brausen des Sturmes der Helle Vormittag stockdunkler Nacht. In 400 Meter Breite hat der Sturm in den genannten Staaten alles dem Erdboden gleichgemacht. Ban-itenanschlas auf Aus in Mexiko Von einer Räuberbande wurde auf einen Erpreßzug der Linie Vera Cruz—Mexiko-Stadt ein Bombenanschlag verübt, der eine über eine zehn Meter tiefe Schlucht führende Brücke beschädigte. Me bekannt wird, reiste in dem Unglücks zug auch ein deutsches Ehepaar, das seine Tochter, die nach Deutschland unterwegs ist, nach Veracruz gebracht hatte und nun nach Mexiko-Stadt zurückkehren wollte. Ferner befand sich in dem Zug auch ein amerikanisches Ehepaar; beide Ehepaare sind unverletzt geblieben. Eine spätere Mit teilung sagt, daß von der Zugbesatzung fünf Personen getö tet und drei verletzt wurden. Zwei in den Abgrund gestürzte Schlafwagen sind ver brannt, desgleichen ein Schlafwagen und zwei Personen wagen. Der Brand ist auf die Explosion der Loko motive zurückzuführen. Der Unglücksort befindet sich vor der Station Paso del Macho. Lettlands Kamps gegen das Deutschtum Das Dom-Museum in Riga mit fragwürdiger Begrün dung enteignet Völlig überraschend trafen am Dienstag Beamte der lettländischen Denkmalsverwaltung in Begleitung von Po lizei im Rigaer Dom-Museum ein und versiegelten sämt liche Eingänge des Museums. Das Museum ist Eigentum der deutschen „Gesellschaft für Geschichte und Altertums kunde zu Riga". Die Beamten wiesen dem Museumsvor stand ein Schreiben des stattlichen Denkmalamtes vor. In diesem Schreiben wird mitgeteilt, daß Kultusminister Ten- tclis vom 6. April den vom lettländischen Denkmalsamt bereits am 14. Oktober vorigen Jahres gefaßten Beschluß bestätige, das Dom-Museum mit allen dazugehörigen Samm lungen der Gesellschaft einschließlich der Leihgaben in staat liche Verwaltung zu übernehmen. Das vom lettländischen Professor für Vorgeschichte, Franz Balodis, unterzeichnete Schreiben wurde mit dem Artikel 20 des Denkmalschutzgesetzes (!) begründet, demzufolge bei schlechter Verwaltung oder ordnungswidri ger Behandlung historisch wertvoller Gegenstände diese in besonderen Fällen mit Zustimmung des Kultusministers in staatliche Verwaltung genommen werden können. Diese ohne Ankündigung erfolgte Maßnahme des lettländischen staat lichen Denkmalamtes erinnert an das gleiche Vorgehen des selben Amtes am 5. Dezember vorigen Jahres. Damals wurden unter Hinzuziehung eines Polizeiaufgebotes die wertvollen Bestände der Urkunden- und Handschriftensamm lung der Bibliothek der „Gesellschaft für Geschichte und Al tertumskunde" geschlossen, um später in das lettische Staats archiv übergeführt zu werden. Ein von der Gesellschaft an hängig gemachter Prozeß gegen das Denkmalamt ist bis heute nicht zur Verhandlung gekommen. SpauieNs Staatspräsident Zum Rücktritt gezwungen Das spanische Parlament zwang in den späten Abend stunden des Dienstag mit 238 gegen 5 Stimmen den Prä sidenten der Republik zum Rücktritt. Der Landkagspräsi- oent Martinez Darrio übernimmt sofort interimistisch die Geschäfte des Staatspräsidenten. Aufruf des Negus an das Boll Der Kaiser von Abessinien erließ einen Aufruf an das ganze abessinische Volk, in dem sämtliche kriegsfä higen Männer aufgefordert werden, sich sofort an dieFrontzu begeben, um die Soldaten im Abwehrkampf zu unterstützen. In dem Erlaß wird gesagt, Abessinien werde dank der Unterstützung aller Mächte in den Stand gesetzt, sich gegen den Angreifer zu verteidigen, der in der ganzen Welt durch das Urteil des Völkerbundes als im Unrecht befindlich gekennzeichnet worden sei. Auf dem Rückflug In den ersten Morgenstunden des Dienstag trat das Luftschiff „Hindenburg", das uns getreulich über den Ozean nach de.-:r fernen Wunderland Brasilien brachte, seinen Rück flug über die große blaue Wasserwüste an. Gegen 11 Uhr MEZ erreichten wir die brasilianische Sträflingsinsel Fer nando de Noronha. Das Wetter ist unverändert herrlich. Leider ist Gegenwind aufgekommen, so daß wir nur etwa hundert Kilometer Fahrt machen. Um der beträchtlichen Hitze zu entgehen, ging das Luftschiff vorübergehend aus 550 Meter Höhe hinauf, wo der Gegenwind aber noch stär ker war. Um 16 Uhr MEZ überquerten wir zum zweiten mal den Aequator; wieder gab es das übliche „Aequa- tor"-Essen. Dreizehn neue Täuflinge mußten sich dem hoch notpeinlichen Verfahren einer Taufe durch den Windgott Aeolus unterziehen. Die Stimmung ist unverändert groß artig. Die neuen Fahrgäste sind genau so wie wir erfüllt von der Großartigkeit unseres Märchenschiffes und wir erleben ihre Eindrücke nochmals mit. Der zauberhaft ruhige Flug durch den blauen Aether und die tropische Hitze prägt dem Bordleben deutlich den Stempel einer aus gesprochenen „Bewegungsträgheit", besser gesagt „paradie sischen Faulheit", auf. Bei 27 Grad im Schatten sitzen wir „hingegossen" in den bequemen Stühlen und hören den Er zählungen der neuen Fahrgäste, der Farmer, Kaufleute und Techniker zu, die fesselnd über das Leben in den brasilia nischen Südstaaten zu berichten wissen.