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kerung an den Wahlversammlungen Nordböhmens hervor. So sprach Henlein am Mittwochnachmittag vor 6000 Perso nen in Schluckenau. In Nixdorf wohnten nicht weniger als über 20000 Personen auf dem Schützenplatz der Wahlkund gebung bei, und Henlein wurde dort mit tosendem Beifall empfangen. Die Riesenversammlung verlief in vollkommener Ruhe und Ordnung. Oberhaus uns Unterhaus huldigen dem englischen König König Georg, von der Königin begleitet, nahm am Donnerstag in der 500 Jahre alten Westminsterhall die Jubiläumsglückwünsche der beiden Häuser des Parlaments entgegen. Die Feier wurde über den Rundfunk in alle Teile des englischen Weltreiches und viele andere Länder übertra gen. 464 Lords und 455 Unterhausabgeordnete, sämtiche Kabinettsminister, die Ministerpräsidenten der englischen Do minions, indische Fürsten und hohe englische Würdenträger waren in der historischen Halle versammelt, in der vor etwa 300 Jahren König Karl I. von den Richtern Cromwells zum Tode verurteilt worden war. Als das Königspaar auf dem erhöhten Thronstuhl Platz genommen hatte, wurde die Adresse des Parlaments von dem Lordkanzler als dem Ver treter des Oberhauses und dem Sprecher des Unterhauses verlesen. In der Unterhausadresse heißt es u. a.: „Unsere Ver fassung hat sich als stark genug erwiesen, um der Erschütte rung eines großen Krieges zu widerstehen, und biegsam ge nug, um sich den wechselnden Umständen im Weltreich und der Welt anzupassen. Die Regierungszeit Eurer Majestät hat tiefschürfende Änderungen im Zustande der Welt und in folgedessen das Auftauchen verwickelter und ungewöhnter Pro bleme gesehen. Wir erheben ehrerbietig darauf Anspruch, daß sich unsere historischen Regierungsformen als angemessen erwiesen haben, um jeder herankommenden Krise standzuhal ten. Unsere überlieferte Politik hat ihre Methoden geändert, um ihre Hauptzüge zu bewahren. Britannien bleibt wie immer eine freie und wohlgeordnete Nation. Ihr seid heute mehr als ein Souverän. Aus einem Staat und einem Welt reich habt Ihr eine Familie gemacht, und Ihr seid das Haupt der Familie!" König Georg sagte in seinen Dankesworten, die vollkom mene Harmonie des englischen Parlamentssystems habe mit der konstitutionellen Monarchie alle Stürme überlebt. Eng land werde weiterhin die Sache der Freiheit und des Fort schritts in einem Geiste des Friedens, der Duldung und der Verständigung verfechten. Unter den Klängen der National hymne und vom lauten Beifall der Abgeordneten beider Häu ser begleitet, verließ das Königspaar das Parlament. Berliner KaLMttZ geschlossen wegen staatsverneinender und zersetzender Tätigkeit Auf Veranlassung des Reichsministers für Volksaus- klärung und Propaganda wurden die beiden Berliner ..Ka baretts ..Katakombe' und „Tingeltangel" in kg'er Zeit mehrfachen Beobachtungen seitens parteilicher und behörd licher Stellen unterzogen. Dabei stellte sich heraus, daß die anfängliche Tendenz dieser Unternehmen, die darauf hin auslief, durch wenn auch scharfen Witz dem Empfinden des Lölkes zuwiderlaufende Zeiterscheinungen zu geißeln und damit in gewisser Weise auch dem neuen Aufbau dienlich zu sein, unter dem Druck der meist staatsfeindlichen Besu cherschaft nach und nach genau ins Gegenteil umgeschlagen ist. So wurde z. B. eine Dirne in Verbindung mit der Sammeltätigkeit für das Winterhilfswerk gebracht und allge mein gegen das Sammeln Stimmung gemacht; Militär- und Parteiuniformen wurden verunglimpft, die Organisation der Partei ins lächerliche und die Wehrpflicht in den Schmutz gezogen. Ein reinrassiger Jude, der als solcher in Deutsch land nur Gastrecht besitzt, wagte es, über politische Vor gänge in Deutschland seine herabsetzenden Glossen zu machen. Demzufolge setzte sich auch die Besucherschaft in der Haupt sache aus Juden und anderen staatsverneinenden Elementen zusammen. Da das weitere Treiben dieser Unternehmen im In teresse des Ansehens des nationalsozialistischen Staates nicht weiter geduldet werden konnte, hat der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ihre Schließung durch das Geheime Staatspolizeiamt veranlaßt. Einige Hauptmitwir kende wurden gestellt und einer polizeilichen Vernehmung unterzogen. In diesem Zusammenhang fand auch eine Reihe von polizeilichen Haussuchungen statt. Ls wird bei dieser Gelegenheit nochmals betont, daß der neue Staat es nicht dulden kann, daß seine Einrichtun gen, die nur dem Volk dienen, seitens einer kleinen, aber um so frecheren anmaßenden Clique einer ätzenden und zer setzenden sowie böswilligen Kritik unterzogen werden. Der Nationalsozialismus wird nicht die Fehler des Vorkrieas- deutschland wiederholen, das der Verhöhnung seiner großen tragenden Einrichtungen, wie Armee, Schule, Staat usw., nicht Einhalt gebieten konnte und deshalb auch in der Stunde der Gefahr zufammenbrach. Vor allem erachtet er es für gänzlich unerträglich, daß deutsche Angelegenheiten von Juden oder vor Juden lächerlich gemacht werden. Die „Scharnhorst", das neueste Schiff im Ostasien- schuelldienst des Norddeutschen Lloyds, ist am Freitag um 17 Uhr von Bremerhaven aus zu seiner ersten Ausreise nach Ostasien in See gegangen. Das Schiff ist voll besetzt. Eine große Menschenmenge hatte sich auf der Columbus- Kaje angesammelt, die an der Ausreise des neuesten Schif fes der deutschen Handelsflotte und an der Abfahrt des Lloydschnelldampfers „Europa", der am gleichen Tag nach Amerika in See ging, lebhaften Anteil nahm. Politische Umschau Der Paragraph nicht mehr die einzige Rechtsquelle. Reichsjustizminister Dr. Gürtner erläu terte in einem Vortrag an Beispielen den grundlegenden Wandel, den das neue Strafrecht gegenüber dem alten darin bringe, daß es durch seine lockere Fassung der ge setzlichen Tatbestände die strafrechtliche Erfassung auch sol cher strafwürdigen Taten ermögliche, die im alten Straf gesetzbuch noch nicht definiert gewesen sind. Auch das neue Strafrecht verzichte nicht auf die Festlegung solcher Tatbe stände, aber der gesetzliche Tatbestand solle in Zukunft nicht die einzige Rechtsquelle sein. Wenn auf eine Tat der buchstäbliche Inhalt des im Gesetz aufgeführten Tatbestan des nicht zutreffe, dann solle der Richter doch bestrafen können, wenn nämlich die gesunde Volksanschauung die Bestrafung verlange und wenn ferner der durch die Tat verletzte Rechtsgedanke irgendwo in der Rechtsordnung sei nen Ausdruck gefunden habe. Beamtenstellen für alte Kämpfer. Der Füh rer und Reichskanzler hat angeordnet, daß im Rechnungs jahr 1935 von den im Dienste des Reichs, der Länder und Gemeinden sowie der Körperschaften des öffentlichen Rechts frei werdenden planmäßigen Beamtenstellen des unteren und einfachen mittleren Dienstes zehn vom Hun dert mit solchen für die betreffende Laufbahn geeigneten Nationalsozialisten zu besetzen sind, die bis zum 14. Sep tember 1930 ihren Eintritt in die Partei erklärt Haden. Hitlergeist und Pestalozzigeist. In Pasing vor München fand am Mittwoch die feierliche Eröffnung der Hans-Schemm-Hochschule für Lehrerbildung statt. Reichserziehungsminister Rust betonte, daß die deutsche Schule ihre Aufgabe nur ableiten kann aus den großen Lehren des deutschen Schicksalsweges. Eine Bewegung, die aus den Tiefen des Volkes aufgestiegen und auf seinen breiten Schichten aufgebaut ist, wird das neue Erziehungs werk nicht bei der höheren Schule beginnen, sondern bei der Volksschule. Der Typ des neuen Dozenten muß ein Stück SA.-Mann in sich verkörpern, er muß aber auch den Trieb zur Erforschung der wissenschaftlichen Wahrheit in sich tragen, er muß sein Fach hochschulmätzig vertreten können. Da gibt es keine Vergleichspunkte, denn es muß Neues geschaffen werden. Das ist die Aufgabe der Hoch schule für Lehrerbildung. Der Rektor der neuen Hoch schule, Dr. Abb, schilderte, wie er seine Aufgabe auffasse. Hitlergeist müsse sich mit Pestalozzigeist verbinden. Die neue Hochschule wolle körperlich, charakterlich und geistig gesunde deutsche Männer und Frauen für den Volksschul lehrerberuf und damit für Führer und Vaterland erziehen. Jugendertüchtigung statt Fürsorge. Der Reichs- und preußische Minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung hat einen längeren Erlaß herausgegeben, der die staatliche Jugendführung auf eine neue Grundlage stellt. Die bisherige staatliche Jugendpflege erblickte ihre Aufgabe darin, die vorhandenen zahllosen Vereine pflege risch zu betreuen. Nachdem durch den nationalsozialistischen Umbruch die zahlreichen verschiedenen Jugendvereine durch die Hitler-Jugend abgelöst und ihre Mitglieder nun der Hitler-Jugend einverleibt waren, mußte die vom Fürsorge gedanken der früheren Wohlfahrt ausgehende staatliche Jugendpflege auf eine völlig neue Grundlage gestellt werden. In den dem Erlaß beigegebenen Grundsätzen wird als die Hauptaufgabe der staatlichen Jugendpvli- tik die Förderung der Hitler-Jugend und ihrer Glie ¬ derungen bezeichnet. Da aber die Hitler-Jugend aus na tionalsozialistischen Erwägungen heraus den Grundsatz des freiwilligen Beitritts nicht aufgeben kann, muß der Staat seine vornehmste Aufgabe darin erblicken, die von der Hitler-Jugend nicht erfaßte Jugend im Sinne des Natio nalsozialismus zu erziehen. Im Staatsjugendtag ist die Grundlage für eine derartige Erziehung gegeben. Der organisatorische Ausbau des Staatsjugendtages wird daher den Regierungspräsidenten zur besonderen Pflicht gemacht. Starkes Gewicht wird dabei auf die körperliche Erzie hung gelegt und die gemeinschaftsbildende Kraft, die im Geländesport und in den Leibesübungen liegt, aufs ein dringlichste gefordert. Die Juden sind die Feinde aller ihrer Gastvölker. In neun Sälen von Nürnberg und Fürth fand am Donnerstag die erste große deutsche Kundgebung der Antijüdischen Weltliga statt. Julius Streicher bezeich nete in seiner Rede als wahren Feind den ewigen Juden, der kein Vaterland, der das Geld zum Gott habe; er schloß mit dem Bekenntnis zum Frieden. Stürmisch begrüßt, trat dann der französische Frontkämpfer Jean Boissei an das Rednerpult und klagte leidenschaftlich die wirklichen Schuldigen am Weltkrieg an: die Freimaurer und die Juden. Baisse! bezeichnete den Frontkämpfer Adolf Hitler im Hinblick auf sein Ringen um die deutsche Seele als einen Titanen und schloß mit dem Wunsche nach deutsch- französischer Verständigung im Interesse des Friedens. Die tschechisch-russischen Paktverhandlungen schreiten, dem Prager Blatt „Lidove Novini" zufolge rasch vorwärts. Der Vertrag werde die gleiche Grundlage wie das französisch-russische Abkommen haben, von dem es sich jedoch in gewissen Teilen unterscheiden werde. Unter anderen werde das Abkommen von Locarno in dem Pakt nicht erwähnt werden. Man erwarte, dem Blatt zufolge, daß der Vertrag vielleicht schon nächste Woche fertiggestellt und unterzeichnet werde. Neuwahl des Memelländischen Landtages am 29. September. Wie die Litauische Telegraphen agentur aus Memel meldet, hat der Gouverneur des Me melgebietes zwei Erlasse herausgegeben, von denen einer die Legislaturperiode des bestehenden Landtages für been det erklärt, während der andere die Neuwahl für den 29. September festsetzt. Zur Festsetzung dieses Wahltermins erklärt die Litauische Telegraphenagentur, daß dieser Zeit punkt mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft gewählt worden sei. Neue Verhandlungen Österreich Italien. Der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg ist Donners tag nachmittag in Florenz eingetroffen. Die italienische Presse unterstreicht zunächst den privaten Charakter dieses Besuches. Es besteht aber kein Zweifel mehr, daß eine Begegnung zwischen Schuschnigg und Mussolini bevor steht, die wahrscheinlich am Sonnabend in Florenz statt finden wird. Der „Times"-Berichterstatter in Rom drückt die Vermutung aus, daß auf der bevorstehenden Zusam menkunft zwischen Bundeskanzler Schuschnigg und Musso lini besonders die Frage einer österreichischen Wiederauf rüstung und der Zukunft der Habsburger erörtert werden solle. Abessinien wird Widerstand leisten. Der Korrespondent der Londoner Zeitung „Daily Telegraph" berichtet über eine Unterredung mit dem Kaiser Halle Se- lassie von Abessinien, in der dieser für den Fall, daß Ita lien seine kriegerischen Vorbereitungen fortsetze, die allge meine Mobilmachung ankündigte. Aus aller Wett Die Parteien im Schallplatten-Prozetz. Im Rechtsstreit zwischen der deutschen Schallplattenindustrie und der Reichsrundfunkgesellschast begründete der Rechtsvertreter der sieben klagenden Firmen, unter denen an erster Stelle die Karl Lindström AG. steht, in längeren Ausführungen den Klageantrag. Es liege nicht im Sinne des Klägers, daß dem Rundfunk die Sendung schlechthin untersagt wer den solle. Die Schallplattenindustrie verlange lediglich eine angemessene Entschädigung. Als Folge der Rundfunksen dung habe sich ergeben, daß das Publikum mit Schall platten übersättigt worden sei. Ein sehr starker Absatz- schwund bei der Schallplattenindustrie habe daher in den letzten Jahren eingesetzt. Der Rechtsvertreter der Reichs rundfunkgesellschaft widersprach diesen Ausführungen. Es sei zwar zuzugeben, daß ein Absatzrückgang bei der Schall- Plattenindustrie stattgefunden habe. Diese Entwicklung sei aber in erster Linie auf die Weltwirtschaftskrise zurückzu führen, die die in ihren Produktionsanlagen übermäßig aufgeblähte Schallplattenindustrie besonders scharf getroffen habe. Man habe nun nach einem Weg gesucht, um den geschäftlichen Ausfall durch Subventionen auszugleichen, und sei dabei auf den Rundfunk als Ausbeutungsobjekt verfallen. Der Prozeßkrieg gegen den Rundfunk sei inter national angezsttelt worden von dem früher in Deutsch land tätigen, jetzt im Ausland lebenden Rechtsanwalt Dr. Baum. Für wie wichtig die Industrie den Rundfunk als Propagandamittcl für ihre Erzeugnisse gehalten habe, gehe aus zahlreichen Beschwerden hervor, mit denen einzelne Firmen darüber Klage geführt hätten, daß sie gegenüber anderen Wettbewerbern im Spielplan des Rundfunks be nachteiligt worden seien. Niesenunterschlagungen im Moskauer Post amt. Der Staatsanwalt des Moskauer Strafgerichtes hat gegen den ehemaligen Direktor und acht Angestellte des Moskauer Hauptpost-, Telegraphen- und Telephonam tes wegen dauernder Unterschlagungen und anderer schwe rer Verbrechen Strafantrag gestellt. Die Angeklagten ha ben im Laufe mehrerer Jahre Materialien der Städtischen Telephonverwaltung auf eigene Rechnung verkauft und damit wesentlich zur Verschärfung der Telephonkrise in der Hauptstadt beigetragen; während ein harter Mangel an Telephonapparaten, Leitungsdraht, Kupfer, Blei usw. be stand, so daß selbst den von zahlreichen Behörden gestell ten Anträgen auf Legung telephonischer Anschlüsse nicht entsprochen werden konnte, haben der Direktor des Post- und Telephonamtes und acht seiner Angestellten aus den Lagern der Post alles verkauft, was nicht niet- und nagel fest war. Ihre Tätigkeit hat sich aber nicht nur auf die Abteilung Telephonverwaltung beschränkt. Auf dem Haupt postamt häuften sich im Laufe der Zeit die Pakete und Päckchen an, die an Private adressiert waren, von diesen aber nicht abgeholt worden waren. Das Konsortium schuf einen festen Verknufsplan für dieses unbestellbare Gut, und der Erlös dafür floß in die Taschen der Teilnehmer. Auf diese Weise sind von ihnen insgesamt 3493 Postpakete ver kauft worden. Furtwängler Bayreuther Festspieldirigent. Die Leitung der Bayreuther Bühnenfestspiele gibt bekannt, daß bei den Festspielen 1936 Wilhelm Furtwängler als Hauptdirigent mitwirkt. Mit der Verpflichtung Furtwäng- lers nach Bayreuth ist wieder ein Dirigent von Weltgel tung in den Dienst der Bayreuther Festspiele gestellt worden. Hauptschristleiter: Werner Kuntzsch« Attenberg. Stellvertreter: Felix Iehne, Dippoldiswalde. Verantwortlich für den gesamte« Textteil: Werner Kuntzsch, Altenberg. Verantwortlicher An- zeigeuleiter: Werner Kuntzsch. Druck und Verlag F. A.Kuntzsch, Altenberg. DA. IV. 35 1220.