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X; IS», 18. August 1931. Sprechfaul Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. Sprecbsaal Bitte an den Verlag! Den Ausführungen »An Alle« des Herrn W. Herrmann, der namens der Bremer Buchhändler zum wiederholten Male seine Stimme erhebt, stimmen wir voll und ganz bei. Hier liegen die Ver hältnisse gleich ungünstig. Wiesbaden, früher eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands, ist heute verarmt und ausgepowert bis aufs Blut. Die lange Besatzungszeit benachteiligte die Kur und den Frem- öenbetrieb, den Lebensnerv Wiesbadens, auf das schwerste. Die Um sätze der meisten Firmen gingen deshalb immer mehr zurück, während sich die Spesen in Verbindung mit den Steuern dauernd erhöhten. Heute steht Wiesbaden finanziell vor dem Zusammenbruch! Mil- lionenüefizite (!) im städtischen Haushalt, leere Kassen der Stadt, völlige Auftragssperre seitens des Magistrats, der die Gehälter der Beamten und die Unterstützungen der Erwerbslosen kaum noch zu schaffen vermag, Zwangsetat mit neuen ungeheueren Be lastungen gerade für den Handel und das Gewerbe sowie für die Bürgerschaft sind die traurigen Ergebnisse der letzten Monate! Für Micher- und Zeitschriftenlieferungen wurden im Etat fast 20 000 Mk. gestrichen! Dazu kommen noch die Wirtschaftskatastrophe und die infolge der Notverordnungen unglaublich erhöhten Bankzinsen bzw. Diskont spesen mit ihren verheerenden Auswirkungen. Ein großer Teil unse rer Mitglieder, deren Vermögen restlos im Geschäft steckt, ist kaum noch in der Lage, in diesen Monaten die Mittel für die hohen, in keinem Verhältnis zu den derzeitigen Umsätzen stehenden Geschäfts spesen und für einen Lebensunterhalt bescheidenster Art auf zubringen. Alle Gelddispositionen, die nur noch auf Grund der tat sächlich zu erwartenden Einnahmen getroffen werden können, wur den und werden über den Haufen geworfen, weil die Bareinnahmen hinter denen des Vorjahres ganz erheblich, allein im Juli 50 bis 60A, zurückgeblieben sind. Wie sich der Zahlungsverkehr bei den in Mitleidenschaft gezogenen Firmen bis zum Herbst gestalten soll, bleibt zunächst ein noch zu lösendes Problem. Wir bitten deshalb dringend um weitgehende Rücksichtnahme hinsichtlich der Zahlung noch offenstehender, auch überfälliger Salden und der Prolongation von Akzepten. Eine Zielverlängerung bis zum Herbst würde, wenn keine weiteren Rückschläge eintreten, genügen, um die sonst gesunden Grundlagen unserer Geschäfte nicht zu erschüt tern und unsere Existenz zu erhalten. Wiesbadener Buchhändler-Verein. Die Krise des Buches. Entgegnung vom Sortimentsbuchhandel. Zu den Ratschlägen deutscher Autoren zur Krise des Buches in Nr. 30 der »Literarischen Welt« vom 34. Juli 1031 möchte ich von der Seite des Buchhändlers noch Einiges hinzufügen. Über die Notwendigkeit des billigen Buches sind wir uns klar. Daß mgn sich gegen das Uberhandnehmen der 2.85 RM-Bücher wehrte, war begreiflich. Es läßt sich leicht ausrechnen, daß bei gutem Papier und Leineneinband der Verdienst für Autoren, Verleger und Buch händler nur äußerst gering sein kann und für die Dauer eine solche Kalkulation undurchführbar ist. Aber das Publikum verlangte dar nach. Jetzt hört man oft, daß Kunden sagen: »Das Buch kann ich nicht verschenken, da weiß jeder, daß es nur 2.86 RM kostet«. Ebenso oft hört man — und das ist auch zu bedenken — bei einer Neu erscheinung (Preis von 7.— RM aufwärts): »Nein, das ist zu teuer, da warte ich lieber, bis es 2.86 RM kostet«. Der Vorschlag von Herrn Josef Ponten, das ungebundene Buch durchzusetzen, ist schon zum Teil erfolgreich probiert worden. Weshalb sollen wir uns gegen den Verkauf ungebundener Bücher wehren? Angeblich wegen der geringeren Provision. Es ist doch eigentlich klar, daß man lieber ein billiges Buch verkauft als gar keins. Wenn wir das billige Buch nicht führen, können wir mit einiger Sicherheit damit rechnen, daß uns das Publikum ins Warenhaus abwandert und mit Recht. Kriegs bücher und politische Bücher haben sich in der steif kartonierten Aus gabe gut eingefllhrt. Mit dem Roman ist es deshalb schwieriger, weil er meistens zu GeschenkLwecken gekauft wird, und der Kunde beim Anbieten des broschierten Buches meistens sagt, daß er es nur gebunden verschenken kann. Außerdem sind die meisten Romankäufer Frauen, die sagen, sie möchten lieber ein gebundenes Buch in ihrer Bibliothek zu stehen haben — und wegwerfen werden sie es wohl nur in den seltensten Fällen. Es besteht eben noch das alte Vorurteil, daß ungebundene Bücher nicht so wertvoll sind. Trotzdem möchte ich nochmals sagen, daß wir neben dem gebundenen Buch immer das ungebundene in der Auslage haben und auch immer mit anbieten. Herr Stefan Zweig will uns mahnen, den Kaufwilligen mög lichst entgegenzukommen. Wie ist das gemeint? Was den Kredit anbetrifft, so werden wohl die meisten Buchhändler bezeugen kön nen, daß er in der großzügigsten Weise gewährt wird. (Wir müssen allerdings meist in kürzerer Zeit an den Verleger zahlen.) Es wer den auch sehr viele Ansichtssendungen verschickt (welches Geschäft tut das heute noch?), die von manchen Kunden als die billigste Leih bibliothek angesehen werden. Zu den Ausführungen des Herrn Lion Feuchtwanger schlage ich folgendes vor: 1. Man schicke ein Rundschreiben an die verschiede nen Verleger mit der Frage, wann ein erfolgversprechendes Buch wirklich erfolgreich war. (Ich glaube, ein Erfolg läßt sich nicht vor her bestimmen, sonst würde es manchem Verleger besser gehen.) 2. Man fordere den Verleger auf, von jedem neuen, erfolgverspre chenden Buch 50—200 000 Exemplare zu je 2.86 NM zu drucken. (Wieviel Verleger werden da wohl nach einem Jahr am Ende ihrer Kräfte sein, da sie doch nicht gut darauf warten können, bis ihre Ur enkel das letzte Exemplar vielleicht verkauft haben.) 3. Wieviel Verleger erklären sich bereit, ein Drittel ihrer wesentlichen Autoren — wer ist dann nicht wesentlich? — über den Ankauf eines Manu skriptes bestimmen zu lassen. (Ob das nicht eine herrliche Katzbal gerei geben wird?) Daß von jetzt ab nur noch gute Bücher geschrie ben werden sollen, kann man nicht begeistert genug begrüßen. Leider sollen hierüber die Meinungen auch verschieden sein. Zu dem, was Herr Friedrich Sieburg schreibt, kann ich mich nicht näher äußern, da ich befangen bin. Ich bin absolut seiner Meinung und möchte ihm versichern, daß in unserer Buchhandlung auch in diesem Sinne gearbeitet wird. Es ist ja eine alte Tatsache, daß die meistgelesenen Bücher noch lange nicht die besten sind. Zu dem, was Herr Franz Blei vorschlägt, müßte sich ein Verleger äußern. — Warum, Herr Frank Thieß, brauchen wir noch erregende, beun ruhigende Bücher? Ist unsere Zeit mit ihrer Existenzunsicherheit, von der doch fast jeder betroffen ist, nicht erregend und beunruhigend genug? Die Buchkritik ist ja nun ein Kapitel für sich, man könnte noch Endloses darüber schreiben. Wie wäre es, wenn die Herren Autoren einmal vier Wochen in einer Buchhandlung Mitarbeiten, vielmehr das Publikum beobachten wollten? Sie würden auf einem kurzen Wege viel Aufschlußreiches über die Wünsche und Neigungen der Kunden erfahren. Stettin. Margarete Garduhn. Postkarten-Automat. Eine Fa. »Graphische Verlagsanstalt Karl Schmitt in Frankfurt a. M.« bietet bei Gratislieferung eines großen Postkartenautomaten die Anfertigung von Ansichtspostkarten zu mir reichlich hoch erscheinenden Preisen an. Ich wäre allen Kol legen, die mit der Firma zu tun hatten, für freundl. Auskunft sehr dankbar, 1. welche Erfahrung sie mit dem betr. Automaten und 2. mit der Firma überhaupt gemacht haben. Bibera ch-Niß. Fr. Kühl es i. Fa. Dorn'sche Buchhandlung. Inhaltsverzeichnis. Bekanntmachung : Kreisverein Ost- u. Westpreuß. Buchhändler. S. 745. Artikel: Deutsche Bücher in fremdem Gewände. Von vr. Charlotte Bauschinger. S. 745. Schulbttcher-Bestell-Kartothek. Von H. Weißer. S. 747. Nationalisierung im Schulbüchergeschäft. S. 747. Besprechung: Handbuch der Bibliothekswissenschaft. Von Kl. Löffler. S. 748. Für die buchhändlerische Fachbibliothek. S. 749. Kleine Mitteilungen. S. 760/51: Eine Rundfrage über die Broschürenverkaufsstände an katholischen Kirchen / Neue Biblio theken, Institute, Museen usw. / Die italienischen Geschenke an die deutschen Minister / Aus Polen / Aus den Vereinigten Staaten. Verkehrsnachrichten. S. 751: Wieder Postanweisungen nach dem Auslande. Personalnachrichten S. 761: Gestorben Karl Schultze, Berlin. Sp r e ch s a a l S. 752: Bitte an den Verlag / Die Krise des Buches / Postkarten-Automat. Verantwort!. Schriftleiter: Franz Wagner. — Verlag: Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches BuchhändlerhauS. Druck: E. Hedrtch Nachf. Sämtl. iu Leipzig. — Anschrift d. Schriftleituug u. Expedition: Leipzig, Gerichtswegs lBuchhändlerhauS), Postschliebsach274/7V- 752