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x° 190, 18. August 1931. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn.Buchho bcl. In Hamburg wirb im Völkerkunde-Museum die Anthropo logische Bibliothek aufgestellt, die Prof. vr. Franz Boas von der Columbia Universität New Pork gestiftet hat. Auf der Insel Hven (Südschweden) wurde ein Tycho de Brahe-Museum eröffnet. Auf der Insel Juist wurde der Hallenbau »Schule am Meer« im Auftrag preußischer Ministerien fertiggestellt. In München wurde das »Institut für Wünschelruten- und Pendelforschung« gegründet, dessen Vorsteher Graf Rainer von Gelöern-Egmont ist. In Noyon, der Geburtsstadt Calvins, wurde ein Calvin-Mu seum mit religionsgeschichtlicher Bibliothek gegründet. In Obernigk (Niederschlesien) wird ein Karl von Holtei- Museum als Heimatmuseum eröffnet. In Odense (Fünen) wurde im Geburtshaus des Dichters ein H. C. Andersen-Museum eingerichtet. In Paris wurde an der Universität ein Institut für ver gleichende Rechtswissenschaft ins Leben gerufen. In Peking wurde die »National Library of Peking« als Zusammenlegung der Metropolitan- und der National- Bibliothek eröffnet. In Remscheid-Lennep wird im Oelbermann-Haus ein Roentgen-Museum eingerichtet. In Schneidemühl wurde im Regierungsgebäude eine Staats- archivzweigstelle für Grenzmqrk Posen-Westpreußen er öffnet. In Stuttgart wurde ein Deutsches Luftfahrt-Mu seum gegründet, dessen Bestände vorläufig in der Böblinger Halle gezeigt werden. Die italienischen Geschenke an die deutschen Minister. — Wie berichtet wird, hat Mussolini dem Reichskanzler Brüning vor: der Abreise eine Reproduktion des Mediceer-Kodex, dem Außenminister Curtius ein Prachtexemplar von Majuris »1-a villa der misteri« überreicht. Bei dem Geschenk an den Kanzler handelt es sich um die Phototypie einer aus dem 15. Jahrhundert stammenden, in der kiblioteea lUecliesa Caurenriana in Florenz ausbewahrten Virgil- Handschrift. Das dem Außenminister geschenkte Werk stammt von dem Direktor des Nationalmuseums in Neapel und betrifft die so genannte Villa der Mysterien in Pompeji. Aus Polen. — Die polnischen Delegierten I. Mortkowicz, vr. Piatek und M. Arct aus Warschau hatten während des Internatio nalen Verlegerkongresses in Paris die erste Besprechung mit den tschechischen Delegierten vr. Leichter, N. Kivriäe und O. Storch-Marien aus Prag über den Kongreß der slawischen Buchhänd ler und Verleger, der im nächsten Jahr in Warschau tagen wird. Es wurde eine Reihe von Fragen erörtert, darunter die der Verhandlungssprache, und die Grundzüge des Kongreß-Programms vereinbart. Der südslavische Delegierte Markowitsch wurde vom Er gebnis dieser Besprechung in Kenntnis gesetzt. Berlin. vr. W. Christiani. Aus den Vereinigten Staaten. — Wenn bei uns Zahlen genannt werden, so aus wissenschaftlichen oder Vergleichsgründen. In Amerika nehmen Zahlen einen weit größeren Raum ein. So wollte man durchaus die Zahl der gebildeten Leser kennen. In Frankreich hatte man versucht, solche Zahlen zu nennen. Ein Fachmann schätzte die ständi gen Leser dort auf 40 000 Köpfe. In England gingen solche Schätzungen sehr weit auseinander; es soll dort zwischen 20 000 und 2 Millionen Leser geben. In Amerika suchte man genaue Unterlagen, um die Leserzahl daraus zu gewinnen. Man begann mit den Frauen-Maga- zinen, diese bringen es zusammen auf eine Auflage von 14 Millionen Stück, die volksttimlichen Magazine auf 4^, die sonstigen Monats und Wochenschriften ftir gebildetere Kreise werden mit >6 Million Nummern angegeben, und die Wochenschriften an sich mit 7)H Mil lionen. Die Leihbüchereien rechnen mit 5 Millionen Lesern und die öffentlichen Büchereien gar mit 20 Millionen. So kommt der ameri kanische Zähler auf 40 Millionen gebildetere Leser, da ja z. B. die Lesermassen der Tageszeitungen nicht berücksichtigt worden sind. — Auf diese Zahlen anspielend, wird in einem Aufsatz in ?ubIli8Ü6r8' die Anzahl der bei den Verlegern und Zeitungen eingereichten Manuskripte berechnet. Bisher war man auch hier nur auf Schätzungen angewiesen, und es galt die oft gehörte Behauptung, daß auf ein verlegtes Buch 100 eingereichte Handschriften kämen. Genaue Zahlen werden von einem Nkr. Cozzens angeführt, der Handschriften zu prüfen hat. Er hat im Jahre 1930 033 Handschriften geprüft, 15 da von sind zur Veröffentlichung angenommen worden. Die zurück gebliebenen 618 Handschriften werden wie folgt gekennzeichnet: 301 hatten Frauen zu Verfassern, 129 der angebotenen Bücher waren Aon-IHtious (Nicht-Belletristik), 10 enthielten Verse, 4 Theaterstücke, 27 waren für die Jugend geschrieben, 448- gehörten zur Schönen Literatur. Von den llon-f'ietiov-Büchern behandelten u. a. 17 Reisen nach Europa und 9 nach anderen Erdteilen. Viele Erzählungen waren bekannten Schriftstellern nachempfunden, einige waren völlige Nach ahmungen von ihnen. — Die Union Company eröfsnete im neuen Wolkenkratzer, dem »Empire 8tat« Kniicking-«, einen Buch- laöen, den man ftir den besterleuchteten Laden in New Dort hält. Im ganzen Laden soll es keine schattige Ecke geben, der Raum ist vorzüglich ausgenutzt, besonders durch den Bau der großen Schau fenster. — Ein Schüler der Columbia-Buchhandelsschule schreibt aus seinem Ort im mittleren Westen über 'seine Erfahrungen seit dem Verlassen des Unterrichts. Dieser Buchhändler hat mit einem seiner Gehilfen den dreiwöchigen Lehrgang im vorigen Jahr mitgcmacht, ohne sich eigentlich viel davon zu versprechen. Während des Unter richts und auf seiner Reise nach New Aork hätte er aber so viele Anregungen erfahren, daß er sofort nach seiner Heimkehr das ganze Geschäft umgestellt habe, wodurch er große Erfolg« erzielte. — Von der ^morieav Civil Inbertios Union ist jetzt in New Port eine Organisation gegründet worden, die sich der Bekämpfung der Zensur auf dem Gebiete der Bühne, des Films, des Buch- und Zeitungswesens und des Radios widmen wird. Zum Vorsitzenden des Ausschusses, dem auch eine große Zahl namhafter Wissenschaftler, Künstler und Kritiker angehören, ist Professor Hatcher Hughes von der Columbia-Universität gewählt worden. Während des Weltkrieges mußten sämtliche im Staate Indiana erscheinenden Zeitungen ihr Erscheinen einstellen. Kürzlich ist es aber wieder gelungen, dort ein neues deutsches Blatt ins Leben zu rufen, den »Indiana Staats Herold«, der in Hammond, Indiana, am 19. Juli 1931 zum ersten Male erschienen ist. Die Zeitung ist politisch unabhängig, sie will sich für den persönlichen Schutz und die Freiheit der Interessen der Amerikaner deutscher Abstammung einsetzen. Das Blatt erscheint zunächst in einer Auflage von 20000, die man bis zum nächsten Jahre auf 50 000 zu steigern hofft. Die Kongreß-Bibliothek in Washington veranstaltete eine Aus stellung aus Beständen der durch den amerikanischen Staat angekauf ten vr. Vollbehr'schen Jnkunabelsammlung (vgl. auch Bbl. 1930, Nr. 133 u. 201). Ju dem dazu herausgegebenem Verzeichnis weist Generaldirektor Putnam im Vorwort nochmals auf die Bedeutung dieser Literatur des 15. Jahrhunderts hin, die nicht nur Material für das Studium der Entwicklung von Druck und Buchschmuck, sondern auch für das der Humaniora, der Philosophie, Theologie, Geschichte, Geographie, des Rechtswesens, der Naturwissenschaften, der Musik und Erziehungskunde bietet. Die 1700 von insgesamt rund 3000 Stücken der Sammlung sind um die 42zeilige Gutenbergbibel auf Pergament nach Wissenschaften gruppiert; dieser Anordnung folgt auch das Verzeichnis, das Autor, kurzen Titel, Druckvermerk, Hain-Copin- ger-Nummer oder sonstigen bibliographischen Hinweis bringt. Um auch dem Laienbesucher das Wesen der ausgestellten Frühdrucke besser verständlich zu machen, sind in den Vitrinen Übersetzungen der Titel und erläuternde Vermerke ausgelegt worden. VerkebrSnackrickten. Wieder Postanweisungen nach dem Ausland. — Nachdem die Postscheckämter vor einigen Tagen den Überweisungsverkehr nach dem Ausland in dem durch die Devisenverorünungen gezogenen Nahmen wieder ausgenommen haben, können jetzt auch Postanweisungen nach dem Ausland in beschränktem Umfang wieder aufgeliefcrt werden. Ein Absender darf an einem Tage nur den für Postanweisungen fest gesetzten Höchstbetrag ins Ausland versenden. Selbstverständlich gelten die durch die Devisenverordnungen gegebenen Einschränkungen auch für die Einzahlungen auf Postanweisungen nach dem Ausland. ?ersonalnackrrickterr. Gestorben: wie wir leider erst jetzt erfahren am 30. Juli der Verlagsbuch- hänöler Herr KurtSchultze, Inhaber von August Schultzes Verlag in Berlin im vollendeten 42. Lebensjahre auf der Heimfahrt von einer Erholungsreise, infolge Herzschlages nach längerem Leiden. Der im besten Mannesalter Dahingeschiedene hat das bekannte, von seinem Vater gegründete Verlagsunternehmen erfolgreich weiter geführt. Seine Freunde im Buchhandel werden dem liebenswürdi gen Berufskollegen ein herzliches Gedenken bewahren. Frau Aenne Schultze führt das Verlagsgeschäft in seinem und im Sinne des Gründers weiter. 751