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Nichtamtlicher Theil Aus der Erfahrung. III. Kolportage von (illnstrirtcn) Zeitschriften.*) Die Kolportage wirft sich vorzugsweise auf die illustrirteu Zeitschriften. Mehrere davon haben ihren Hauptabsatz auf diesem Wege und nehmen den buchhändlerischen Absatz nur als guten Nebenverdienst mit. Zn dem Zweck bieten sie der Kolportage fabel hafte Vortheile in Gratisercmplaren, Freiheiten u. s. w-, so daß einem fast schwindelt, wenn man solche Circulare liest. Es entstehen kolossale Auflagen, ob aber auch ein entsprechender Gewinn, ist eine andere Frage. Für den regulären Buchhandel sind jene enormen Vortheile freilich ideale Größen, denn sehr selten erreicht der Absatz einer ordentlichen Sortimentshandlung die nöthige Höhe, um an jenen Massenvortheilen theilzunehmen. Vielleicht liegt dem Ver leger daran nicht einmal. Denn müßte er die ganze Auflage mit dem Rabatt abgeben, den er einzelnen Colportagehandlungen be willigt: es würde verzweifelt mager mit seinem Gesammtgewinn aussehcn. So betrachtet er denn die Colportagehandlungen mit ihren großen Continuationcn als Füllsel, mit deren Hilfe er die glanzvolle, tönende Auflagenhöhe erreicht, wenn er auch blutwenig Labei verdient. Den Verdienst besorgen ihm die fleißigen Sorti menter mit ihren kleinen, soliden Continuationen und geringeren Rabattsätzen. So müssen die tönenden Kolportage-Continuationen bei denen der Sortimenter zu Tische gehen. Und wenn auch andere Verleger mehr Rücksicht auf den Sor timenter nehmen, und ihre Rabattbedingungen so einrichten, daß jener auch daran participircn kan», dennoch gelingt es dreisten und anmaßlichen Colportagehandlungen nicht selten, den Verleger durch die Aussicht auf fabelhafte Continuationen kirre und willig zu allen möglichen Leistungen zu machen. Bekannt ist die Bedingung mancher Verleger, daß bei einer gewissen Höhe der Continuation das 1., 2. und letzte Heft gratis gegeben wird. Da verlangt und erhält die Kolportage nun von Heft 1. und 2. die fabelhaftesten Quantitäten, von Heft 3. dagegen wird höchstens der dritte Theil, von 4. noch weniger verlangt, bis die Continuation schließlich zu '/h ciuschrumpft. Uns ist folgendes Beispiel bekannt. Eine große Colportage- handlung verlangte und erhielt von Heft 1 3370, Heft 2. 2550 gratis, von Heft 3. 910, Heft 4. 745 mit Berechnung, und von da ab succcssive immer weniger, bis auf schließlich 200. Es ergab sich nun, daß 6100 Hefte gratis, 5900 mit Berechnung gegeben wor den waren, welches einem Gesamintrabatt von 75 ßh gleich kommt, alsoweitunterdemHerstellungspreise. Wo blieben nun diese vielen Hefte? Denn nicht auf einmal wurden sie verlangt, sondern nach und nach, mit dringender Befür wortung und Verheißung entsprechenden Erfolgs. Wo blieben namentlich die vielen Hefte 2., bei deren Erscheinen sich doch das Resultat schon einigermaßen abgeklärt haben mußte? Es ist keine andere Antwort möglich, als: sie wurden von den Kolporteuren ge wissenlos verschleudert, um jeden Preis verschleudert, vielleicht zum Maculaturpreis. Jener Verleger wird sich nun zwar nicht zum zweiten Male so gröblich anführen lassen, aber dann finden sich wieder andere, namentlich jüngere oder auf diesem Gebiete noch unerfahrene Ver leger; und ganz entziehen kann sich diesem Schwindel keiner. Es ist darum sehr erfreulich, daß sich in der Colpvrtagc selbst eine Neaction gegen diese Ungebühr zu regen beginnt; daß die soli deren Colportagehandlungen einzusehen anfangen, daß ihr Geschäft «) II. S. Nr. b8. selbst schließlich unter diesem frechen Mißbrauch ihrer Sendlinge leidet. Es ist zwar eine mißliche Sache, Korporationen zu gemeinsamen Actione» zu Stande und viele Köpfe unter einen Hut zu bringen. Aber die Verleger werden, einmal aufmerksam geworden, jetzt schon von selbst dem Raubsystem entgegenwirken, was ja, nötigenfalls, jeder für sich allein kann. Damit wird hoffentlich dem unsoliden Theil der Kolportage ein Damm gesetzt, was indirect auch dem regu lären Sortimentshandel zu gute käme, der durch jene Wucherpflanze jetzt in der That empfindlich eingeengt und von einem nicht unwich tigen Theil der Literatur abgedrängt ist. Er kann eben wieder con- curriren. A. K. Miöceüen. Ein Kondolenzbrief an den Redacteur des Börsen blattes. — Lieber Freund! Ich bin überzeugt, daß ich nicht der Einzige bin, der Ihnen seine aufrichtige Theilnahme ausspricht an der Ihnen durch die Bekanntmachung des Börsenvorstandes in Nr. 59 des Börsenbl. widerfahrenen Kränkung. Ist es schon schwer begreiflich, wie Herr Weidling in dem trefflichen, durchaus humori stischen Artikel,,Saling's Börsenpapiere", der ein Stückchen Buchhändlerleben so treu abspicgelt, eine Beleidigung seiner Firma hat finden können, so ist es wirklich unerhört, wie der Börsenvor stand, anstatt diese Angelegenheit zuvörderst den Betheiligten zu überlassen, ohne Weiteres zu einer für einen Mann von Ehre und redlicher Pflichterfüllung geradezu rücksichtslosen Bloßstellung schreiten konnte, die um so unerklärlicher bleibt, als der Vorstand in jener Rüge selbst Ihren Tact und Ihre Sorgfalt in Führung Ihres Amtes anerkennt, und als sich derselbe sagen mußte, daß er durch solche Maßregelung die unbedingt nothwendige Unabhängigkeit eines Nedacteurs schwer und auf die Dauer schädigt. Hoffentlich werden sich bedeutendere Stimmen als die mcinige in dieser prinzipiell wichtigen Angelegenheit öffentlich für Sic und gegen den Börsen vorstand erheben. — Indem ich Ihnen anheimgebe, jeden Ihnen paffend scheinenden Gebrauch von diesen Zeilen, mit oder ohne meine Unterschrift zu machen, verbleibe ich nach wie vor mit der aufrichtigsten Wertschätzung Ihr ergebenster A. Plötz, Bevollmächtigter der Firmen Ernst L Korn u. Gropius'sche Buchhdlg. in Berlin. Amerikanische Buchhändler über internationales Verlagsrecht. —Im amerikanischen Buchhandel wird fortdauernd mit großem Eifer über die Zweckmäßigkeit von internationalen Ver trägen über das Verlags- und das geistige Eigenthumsrecht discu- tirt. Die Buchhändler von New-Aork hielten in der zweiten Woche des Februar eine vielbesuchte Versammlung, in welcher über einen vom Buchhändler Appleton verfaßten Gesetzentwurf verhandelt wurde, der dem Kongreß der Vereinigten Staaten in dieser Bezie hung vorgelegt werden soll. Die Meinungen gingen noch sehr aus einander, indem mehrere Buchhändler an der Ucberzeugung festhiclten, der Preis der Bücher würde durch internationale Verträge nur vcr- theuert werden, während Andere die Ansicht aussprachen, man möge den Nachdruck völlig freigeben, aber den Nachdruckern die Verpflich tung auserlegcn, den betreffenden Autoren einen gewissen Procentsatz des Preises als Honorar zu zahlen. Das amerikanische Drsäs Oireular, welches diese Verhandlungen bespricht, fügt diesem Artikel auch eine Uebersetzung des von dem deutschen Börsenverein entworfenen neuen internationalen Vertrages zum gegenseitigen Schutze des Urheberrechts rc. bei. (Mag. f. d. Lit. d. Ausl.)