VIII. Klassisch oder romantisch? (^st es geschichtlicher Zufall oder tieferer Zusammenhang, daß wir uns gewöhnt haben, romantische und christliche Dichtung als Wesenhaft zusammengehörig anzusehen? In der Frühromantik war dieser Gedanke nur keimhaft und äußer lich vorhanden. Im Heidelberger Kreis jedoch und besonders bei dem älteren Friedrich Schlegel gewinnt er immer mehr die Form einer end- güliigen Überzeugung. Aber die romantische Welt- und Kunstanschauung der eigentlichen Romantik hat damit nichts mehr zu tun. Die Idee einer romantischen Universalpoesie, die, das sollte man nie ver gessen, von der Vorstellung des Romans als einer neuen zentralen Poesie form ausging, wurde mit den verwandelten Gesinnungen der Spät romantik zu einer christlichen Universalpoesie, deren Grundgedanke die allbewegende Liebe ist. Während nun aber der katholische Schlegel und seine Anhänger bei dieser neuen Anschauung jegliche Schuldoktrin Preisgaben, während sie sogar von den meisten poetischen Hervorbrin gungen der Schule absahen, jedenfalls darin keine Erfüllung ihres neuen dichterischen Ideals und in diesem selbst keinen Gegensatz zum klas sischen erblickten, sehen wir in weiten katholischen Kreisen nach und nach die Auffassung sich einbürgern, in der Romantik seien sich Christen tum und Katholizismus zum ersten Male des christlichen Kunstideals bewußt geworden, in dem Ideal der romantischen Poesie sei das Ideal der absolut christlichen Poesie gefunden. Damit gewannen die Roman tiker und ihr Kunstschaffen für die christliche Dichtkunst eine geradezu typische Gültigkeit, die Bedeutung eines absoluten Ideals. Diese Auffassung, verbunden mit einer meist ganz falschen Vorstellung von dem, was die Romantik als Literaturbewegung und als Kun st ideal bedeutet, hat gerade in letzter Zeit wieder neue Anhänger schaft gefunden. Es sind die Gralbündler, welche hier werbend auftraten,