50 Konfession und Dichtung sophie und Weltanschauung oder, konkreter gesprochen, eines im christ lichen Sinne religiös erfaßten Lebens ausgehende Dichter schafft immer im Widerscheine eines Ideals. Er erkennt ein Gedanklich-Objektives an. Dieser Realismus des christlichen Denkens bewahrt ihn vor einer Verflüchtigung dieser Welt zu einer bloßen Vorstellung unseres Be wußtseins, und die Begriffe des Guten, Schönen und Wahren behalten für ihn eine objektive Bedeutung. „Das Schöne, welches aus der Seele des Künstlers in die geschickten Hände übertritt, stammt von jener Schönheit, die über den Seelen ist," sagt Augustinus?) Indem sich diese ewige, höchste Schönheit auch in der Zeit offen barte und ein neues Gesetz von Harmonie, Einheit und Seelenkraft brachte, hat auch die Kunst und Dichtung einen neuen Mittelpunkt empfangen. „Die höchste Weihe der künstlerischen Kraft, der hervor bringenden freien Kunst strömt aus dem Glauben an die Erlösung, aus dem Christentum hervor. Hier ist jene Ahnung der Ähnlichkeit mit Gott, der himmlischen Abstammung und des himmlischen Berufes Gewißheit geworden und wirkt mit neuer, erhöhter Kraft im Menschen. Die Erlösung ist die zweite Schöpfung, ein abermaliges Hervorrufen der göttlichen Gestalten aus dem inane et vacuum der zerstörten und entwürdigten inneren Welt des Geistes."?) Insofern der Katholik auch in seinem poetischen Schaffen den festen Grund einer objektiv gefestigten Lebensbetrachtung nicht verläßt, wird er niemals im vollen Sinne des Wortes jenem spezifisch-modernen Geiste der Poesie verfallen, wie wir ihn heute an der Herrschaft sehen. Aber er wird auch kaum jemals jene unmittelbare und durchgreifende Wirkung auf die eigenen Zeitgenossen ausüben wie derjenige, welcher sich zum Sprecher jenes Geistes der Zeit macht, ihn aber aus tiefem Erleben von innen heraus überwindet. Gewiß wäre dies heute die Aufgabe vor allem des christlichen Dichters, aber es müßte ihm mehr von innen gegeben als von außen aufgegeben sein. Daher wird sich eine solche Forderung niemals programmatisch ver dichten und so zur allgemeinen Forderung erheben lassen. Anders, wenn nur die Parole gilt, dem subjektivistischen Geiste der Zeit auch in der Dichtung zu entfliehen. Was möchte leichter sein als dies, was aber auch mehr geeignet, das literarische Schaffen einer ganzen Gruppe 1) Konfessionen X, 33. 2) Deutinger, Das Verhältnis der Kunst zum Christentum. Programm schrift. Freising 1843, S. 12.