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Diese letzte Aufgabe hatte ich mir gestellt. Meine Taktik ist die Taktik der ganzen fortschrittlichen katholischen Literaturrichtung geworden, soweit sie sich in „Hochland" und dem neuen Literaturorgan des p. Expe- ditus Schmidt „Über den Wassern" als Sammelpunkten ausprägt. Aber sie steht damit auch dem Geist derjenigen Männer, auf die sich die „Gralbündler" so gerne als auf Vorläufer berufen, näher als diese selbst. Friedrich Schlegel war sich keinen Augenblick darüber unklar, daß der echte Geist der Dichtung durch nichts so gefährdet ist, als durch den unter dem Luftdruck des Tages und der parteipolitischen Atmosphäre entfesselten Kampf innerhalb der literarischen Kreise über Fragen, Richtungen und Meinungen, die im Grunde mit dem Wesen der Dichtung direkt nichts zu tun haben. Als er das „Heuschreckenheer der liberalen Flug- und Zeitschriften" Deutschlands in dem nationalen Literaturleben Schaden stiften sah, da scheute er sich nicht, vor seinen österreichischen Hörern über Deutschland redend, also fortzufahren: „Viel tiefer schädlich aber würde es sein, wenn die Verteidiger der guten Sache, der legitimen Gerechtigkeit und der christlichen Wahrheit, durch den Streit und während desselben, selbst in das Absolute und in die Blen dungen einer leidenschaftlichen Übertreibung und in jenen Ton gerieten, der die Ultraschriftsteller des Auslandes bezeichnet; denn solche Ultra schriftsteller sind dem deutschen Geiste einmal nicht angemessen, wo alle unfriedliche Herbigkeit in der Meinung selbst oder in der Äußerungs form dem guten Eindruck nur schaden kann. Jede Verschiedenheit der Meinung in Deutschland, sie sei philosophisch oder politisch, berührt früher oder später unsere alte Wunde, den bei uns entstandenen und seit drei Jahrhunderten einheimisch gewordenen Glaubenszwiespalt. Wer fühlt aber nicht, daß dieser, daß das innere religiöse Gefühl eines jeden Individuums, als eine Gewissenssache und etwas Heiliges, nur mit der tiefsten Schonung berührt werden darf und behandelt sein will? Daß diese Mäßigung, die nicht aus der Halbheit, sondern aus der Gewissenhaftigkeit der Gesinnung hervorgeht, mit der größten Entschieden heit derselben vereinbar ist, wird leicht einem jeden einleuchten, ja sie wird umsomehr vorwalten, je mehr der Glaube an die Wahrheit sich selbst klar geworden und zur höchsten Gewißheit gediehen ist?) Wer, der diese Worte ruhig und aufmerksam liest, findet darin nicht eine Mahnung von höchster Gemäßheit auch für unsere Tage? 1) Sämtliche Werke, Band II, Wien 1846, S. 240 f.