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möglich auf Grundlage des liberalen, des fortschrittlichen, des dekadentisti- schen oder des Reformkatholizismus?) Anzustreben ist daher eine bis ins Mark katholische Literatur, eine nachdrücklich katholisch betonte Lite ratur?) Die Behauptung einer literarischen Inferiorität der deutschen Katholiken ist eine böswillige Verleumdung, im günstigsten Fall Unkenntnis der vorhandenen Literatur?) Soweit sie wirklich besteht, tragen nicht die Autoren die Schuld, sondern das katholische Volk?) Demnach ist es aus geschlossen, „daß dichterisches Vermögen allein die katholische Literatur hochbringt"?) Hinzukommen müssen äußere Mittel, wie einflußreiche Verleger, wirksame Reklame, möglichste Beschränkung der katholischen Leser auf katholische Literatur und Zurückhaltung in der Anerkennung und Besprechung der akatholischen Literatur?) Das ist in knapper Form das „Gralprogramm". Was ist nun das Neue, das Unterscheidende daran im Vergleich mit den anderen auf dem Boden der gleichen Weltanschauung stehenden Zeitschriften? Wenn wir von den rein praktischen Fragen, einigen begrifflichen Verworrenheiten, sowie von den polemischen Ausfällen in diesem Programm absehen, so dürfen wir ruhig behaupten, daß keiner der hier aufgestellten Funda mentalsätze von irgend einer der in Betracht kommenden Zeitschriften je verworfen, bekämpft oder stillschweigend fallen gelassen worden wäre. Sie alle haben die Idee der notwendigen Einheit des Guten, Wahren und Schönen als ein unveräußerliches Postulat ihrer Ästhetik angesehen, sie alle haben die Notwendigkeit einer Weltanschauung, und zwar einer allgemein gültigen Weltanschauung für ein irgendwie ersprießliches künstlerisches Schaffen nicht nur anerkannt, sondern auch betont; sie alle haben als reinste und höchste Norm einer Weltanschauung die katholische Form des Christentums, den Katholizismus, bekannt und verkündigt; und sie alle haben, sei es stillschweigend, sei es laut das Durch drungensein des katholischen Dichters und Künstlers von dieser Welt anschauung als Voraussetzung seines Schaffens betrachtet, selbst da, wo seine Motive nicht religiöser, konfessioneller oder kirchlicher Natur sind. Der Unterschied, das Neue liegt denn auch tatsächlich nur in der herausfordernden Formulierung, wir dürfen fast sagen in der polemi schen Tonart, in der diese Ideen im „Gral" vorgetragen werden. Diese Feststellung ist hier, wo es auf eine Übersicht über die Jdeenbewegung 1) Gral I, 9, 409. — 2) ebd. I, 1, 6 und I, 6, 267. — 3) ebd. I, 4, 180, I, 5, 213,1, 10, 459 u. a. O. — 4) ebd. I, 5, 215, 240. — 5) ebd. I, 8, 378. — 6) ebd. I 6, 282 — lll, passim. 2'