Volltext Seite (XML)
14 Literarische Kämpfe wollen. Dazu reichte weder die Aufnahmewilligkeit, noch die Verdau ungskraft der katholischen Leserschaft aus. Die nächste Zukunft hat es auch gezeigt, daß ein rein literatur-kritisches Organ vorerst noch keinen Boden findet und daß ein Erfolg ihm erst sicher ist, wenn daneben andere Tendenzen einhergehen, die zum mindesten gleichzeitig mit der Literatur, ja sogar durch die Literatur gefördert werden. In zweiter Linie aber fehlte der „Literarischen Warte" ein klarer und fester literarisch-ästhetischer Standpunkt, von dem aus die mannigfal tigen Ausstrahlungen des modernen Literaturlebens wirkungsvoll und für die Masse einleuchtend betrachtet werden konnten. Eine solche objek tive Grundlage der Beurteilung mag bisweilen hinderlich sein, einem neuen Großen und Unwägbaren den Zukunftspaß richtig zu prüfen, aber fie war unerläßlich, wo wie hier die Arbeiter mit ihrer Aufgabe zu wachsen gezwungen waren, und des Unfertigen mehr als des Ausgereiften zu bieten hatten. So kam es, daß sich in diesem Organ Kräfte zu sammenfanden, die zwar durch den gleichen guten und ehrlichen Willen beseelt waren, ihr Bestes zu geben, aber weder in bezug auf die Sicher heit ihres literarischen Instinkts und die Reife ihrer Lebenserfahrung, noch hinsichtlich des Kreises ihrer Sonderinteressen eine geistige Einheit fühlen ließen. In der Tat machten sich schon bald Literateninter- essen ungebührlich darin breit. Das aber wird immer so sein, wo sich um ein solches Unternehmen Leute gruppieren, die ihre Aufgabe viel mehr im Hervorbringen einer Literatur sehen als darin, nur die Bedingungen zu schaffen, unter denen künstlerische Werke abseits von dem lauten Kampfgeschrei des Tages entstehen und verständnisvolle Aufnahme finden können. Die „Warte"-Literaten hatten den Ehrgeiz, die vermißte Literatur selber hervorzubringen, — das war der Fehler. Viel wichtiger wäre es gewesen, in langsamer, ruhiger, sachlicher Arbeit die Geister zu stimmen, den Boden zu bereiten und zu erweitern für eine zukunftverheißende Aussaat. Man konnte überhaupt von Anfang an zweifelhaft sein, ob die Förderung der Literatur durch die Agitation einer Zeitschrift, die sich auf Fragen der Literatur beschränkte, die dringendste Aufgabe der Zeit gewesen war. Heute wissen wir, daß sie es nicht war. Die Literatur ist von dem übrigen Geistesleben nicht getrennt zu denken: ist sie doch erst dessen lebendigster und konkretester Ausdruck. Die Dichter geben ihrer Zeit verstärkt, verfeinert und gestaltet zurück, was sie von ihr empfangen. Wenn die katholischen Dichter ihren Glaubens-